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Festung Zehn

Festung Zehn

Titel: Festung Zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Bunch
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vollen Höhe auf, meine Schultern waren damals in der Zeit meines Glanzes so breit in meiner Uniform, mein Brustkasten war so voll und die Haut über den Rippen so angespannt, daß es schon fast irreal zu sein schien. Ich stand da und betrachtete die örtlichen Würdenträger und wußte, daß sie einen Gott sahen. Dann –« Seinem Verstand wurde es sicher schwindelig und er taumelte fast ins Nichts, als er sich erinnerte, was er getan hatte. Obwohl es deutlich geschrieben stand, daß jeder Hauptmann einer Mannschaft Kraft seines Amtes das Recht hatte, war es doch etwas, das man nicht machen sollte. »Nachdem ich eine Weile wie ein Gott vor ihnen gestanden und das Herbstmetall besichtigt hatte, schlug ich in einem Augenblick ungehörigen Nachdenkens meine nachtschwarzen Handschuhe zusammen, ging gemächlich die Rampe hinunter, grüßte in einer Art berechnetem Zynismus und dann – und dann gab ich den seltsamen, schrecklichen Befehl!«
    Er schaute sie an und sah, daß sie jetzt völlig wach und ihre Augen vor Angst weit geöffnet waren, denn nach zwanzig Erzählungen wußten sie, wann die Geschichte endete. Er eilte zu ihnen, und er begann, sie mit seinem rot und grün gestreiften, mit Blei gefüllten Offiziersstock zu schlagen, wie sie es von ihm erwarteten, wie er es immer in seinem Zorn kurz vor dem Ende der Geschichte machte. Als er sie verprügelte, fuhren sie fort, ihn pflichtbewußt zu fragen und hofften dabei auf leichtere Schläge: »Was taten Sie – was war der seltsame, schreckliche Befehl?«
    Aber er antwortete nicht sofort; er genoß viel zu sehr die Knüppelschläge, die er auf diese zusammenzuckenden und zitternden Männer niederprasseln ließ. Nach einer Weile lag jeder von ihnen in einer dünnen Blutlache, keuchte und fühlte sich jämmerlich am Fuße irgendeiner metallenen Pflanze. Und durch die Speichelblasen auf den bebenden Lippen eines jeden Mannes hindurch war es klar ersichtlich, daß sie immer noch die richtige und pflichtgemäße Frage formten, wie sie wußten, daß sie es tun sollten, wie er es von ihnen verlangte, »Was taten Sie – was war der seltsame, schreckliche Befehl?« Dann gab er in der eisigruhigen Stille, die immer auf seine furchteinflößende Zurschaustellung des Zorns folgte, jedem gedemütigten und blutdurchtränkten Mann den stahlkalten Befehl, wieder auf die Beine zu kommen und sofort seine Stiel-und-Knospen-Pflichten wieder aufzunehmen. Und als er zu einem Tisch ging, um die erforderlichen und richtigen Formulare auszufüllen, damit jeder von ihnen nach den Dienststunden bei der Peitschenzentrale erschien, um die ihm gebührende Bestrafung zu empfangen (»für Blutflecken auf der Uniform«), beantwortete er ihre Frage, wiederholte er wie eine Litanei den Umfang und die schreckliche Tiefe seines Falls: »Ich stellte einmal die Unparteilichkeit der ÖRTLICHEN ENTSCHEIDUNG in Frage; ich gab einmal den Befehl nach GERECHTIGKEIT heraus; ich zauderte einmal vor mahlenden Männern.« Und als er, in Gedanken versunken, mit Muße, auf das richtige Formular eines jeden Mannes den Grund für die Bestrafung bei der Peitschenzentrale schrieb und zweimal fest unterstrich – »Verantwortungsloses und übertriebenes Bluten auf der Uniform ohne entsprechenden Grund« – wußte Blonk plötzlich, daß er geheilt war. Er hatte es wieder herausbekommen! Beim großen Gott MAC, wenn er nur sie da oben dazu bringen könnte, ihm zu glauben! Er war wieder obenauf und bereit für die erhabene Welt der MÄNNER!

 
Das Überlebensprogramm
     
    Noch niemals zuvor hatte sich eine Art, die von der Ausrottung bedroht war, so sorgfältig auf das Überleben vorbereitet. In der ganzen Welt kamen sie in jenem Frühling hoch, brachen durch unsere Plastikgrundstücke, verbreiteten Verwirrung um unsere Großen Wälle herum, brachen sogar im inneren unserer Festungen hervor, falls sie dort zufälligerweise gepflanzt worden waren.
    Unsere Warner draußen auf der Frühlinie waren hilflos. Sie kamen aus dem Boden hervor! Wir mußten uns bei der Warnung auf die »Ohren« unserer Festungen verlassen und das bedeutete, daß die Schachtelköpfe beim ersten Alarm manchmal nur wenige Meter entfernt waren. Die »Ohren« meiner Festung sind große samtene Kugel-Kegel, in deren Kegel Millionen von winzigen Reaktoren untergebracht sind. Diese schweben auf einer Kreisbahn – einige Dutzend – ständig über meiner Festung, und sie horchen Tag und Nacht sogar nach der geringsten Veränderung in den normalen

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