Fettnaepfchenfuehrer Frankreich
antworten. Los, Paula, das schaffst du, forderte eine innere Stimme sie heraus. Ganz langsam und nicht so viel auf einmal. Der erste Bissen war der schlimmste, Paula fürchtete, sie würde gleich im hohen Bogen den Tisch bespucken. Aber nichts dergleichen geschah, sie würgte von einem Froschschenkel zum nächsten und schwor sich, nie wieder irgendwelche Spezialitäten der französischen Küche zu probieren.
Was ist diesmal schiefgelaufen?
Es ist gewissermaßen eine Ehre, dass Paula mit zum Bruder ihrer Gastmutter eingeladen wird. Denn die Familie ist in Frankreich geradezu heilig und ein Universum für sich. Da muss Paula neben den ganzen Fettnäpfchentritten also auch das eine oder andere richtig gemacht haben.
Als eines der Kinder nicht pariert, wird es in die Ecke gestellt, um dort über die »falsche« Handlung nachzudenken. Das ist ein in Frankreich weit verbreitetes Erziehungsmittel, über das Paula verständlicherweise erstaunt war und daher naiv fragte, was das für ein Spiel sei. Damit hat sie sich, ohne es zu wissen, ein wenig zu weit hinausgelehnt und zunächst unangenehmes Schweigen hervorgerufen. Denn auf ihre Erziehungsmethoden lassen die Franzosen nichts kommen. Die sind zwar manchmal streng, aber notwendig, denn sie führen zu guten Ergebnissen. Auch, wenn das andere anders sehen. Hier ist Paula also in ein Fettnäpfchen getreten, das aber durch Claudines Vortrag wieder versachlicht wurde.
Sowohl Schnecken als auch Froschschenkel sind für Paula Neuland, sodass ihre – berechtigte – Unsicherheit zu spüren war. Sie hat sich tapfer geschlagen, indem sie beides probiert und nicht gleich verweigert hat. Dass die Gastgeber ihr damit tatsächlich eine Freude machen wollten, lässt sich daran ablesen, dass alle anderen mit großem Genuss gespeist haben. Ganz nach der Maxime: Man bietet seinen Gästen an, was man selbst am liebsten isst. Und ein klein wenig »erzieherischer« Wille gesellte sich vielleicht auch noch dazu – Franzosen überzeugen ihr Gegenüber einfach zu gern.
Was können Sie besser machen?
Hätte Paula nicht nach einem »Spiel« gefragt, sondern sich ernsthaft erkundigt, warum der kleine Sébastien auf einmal in die Ecke musste, wäre das Schweigen vermutlich noch schneller in eine sachliche Erklärung übergegangen. Mit ihrer Frage aber hat Paula die Eigenwilligkeit dieser Maßnahme mehr als deutlich gemacht und das hat die gesamte Familie als Angriff empfunden. Hier hätte Paula etwas respektvoller auf die konkrete Situation eingehen können. Denn dass es sich nicht um ein Spiel handelt, wurde ziemlich schnell klar. Letztendlich wollte Paula natürlich auch ihr Unverständnis zum Ausdruck bringen. Denn diese Form der Erziehung hat sie selbst nie erfahren, und sie ist in Deutschland auch keineswegs üblich. Das Fünkchen Provokation hätte sie sich, zumal als Gast innerhalb der Familie, allerdings verkneifen können.
Wer partout keine Schnecken oder Froschschenkel essen möchte, kann seinem Gastgeber höflich und freundlich zu verstehen geben, dass diese französischen Spezialitäten einfach zu speziell sind, und dafür umso mehr den guten Rotwein und den herrlichen Nachtisch loben.
Im Land der »Frogs« –Froschschenkel und Schnecken
Franzosen haben den Ruf, begeisterte Schnecken- und Froschschenkelesser zu sein und werden deshalb auch gern von den Angelsachsen als »Frogs« oder »Froggies« bezeichnet. Zwar stehen Schnecken und Froschschenkel nicht auf jeder Speisekarte und auch die Geschmäcker der Franzosen gehen an dieser Stelle tatsächlich auseinander, aber sie zählen nach wie vor zu den beliebtesten landestypischen Delikatessen. Frankreich ist mit rund 150 Millionen konsumierten Froschschenkeln im Jahr der größte internationale Abnehmer. Geliefert werden diese liebreizenden Exemplare vor allem aus Indonesien, Indien und Bangladesch. Im Elsass gehört der Froschschenkel sogar mehr oder weniger zur Alltagsverpflegung. Das Fleisch erinnert in Geschmack und Konsistenz an das von jungem Huhn, das mit Knoblauch und Petersilie zubereitet wird.
Und auch beim Schneckenkonsum ist Frankreich – mit über 500 Millionen Schnecken pro Jahr – eines der führenden europäischen Länder. Am beliebtesten sind die Weinbergschnecken, die meist in einer Soße aus gehackter Petersilie, Kräutern, Weißwein und Knoblauch in der Pfanne gebraten und dann in speziellen Schalen mit kleinen Einbuchtungen – für jede Schnecke eine – serviert werden.
31. Deutscher Wein
Was soll
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