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Fettnaepfchenfuehrer Italien

Fettnaepfchenfuehrer Italien

Titel: Fettnaepfchenfuehrer Italien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandro Mattioli
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zu sein schien, jedenfalls blinkte sie nur orange. Susi sagte ihm, dass er links abbiegen müsse, zugleich stand ihm gegenüber ein Wagen, der geradeaus weiterfahren wollte. Sein Gegenüber erkannte die Situation und gab ihm eine Lichthupe. Paul Weiss wartete kurz und trat dann auf das Gaspedal. Der Wagen machte einen Satz nach vorne, und noch ehe er reagieren konnte, hörte Paul Weiss auch schon das hässliche Geräusch. Blech schrammte an Blech entlang, die Wagen kreischten, dann kam der schwere BMW zum Stehen.
    Paul Weiss sammelte sich kurz, dann öffnete er die Tür.
    »Li mortacci tua!« hörte er den Fahrer des Wagens, den er gestreift hatte, fluchen, und das ist so ziemlich die schlimmste Beleidigung, die man in Rom kennt, denn sie bezieht sich auf die Ahnen des Gegenübers. »Ich habe doch noch Lichthupe gegeben«, schimpfte der Fahrer, ein circa vierzig Jahre alter Mann.
    »Scusi« , sagte Paul Weiss leise, »scusi scusi.«
    » Scusi ist wohl alles, was Du sagen kannst«, warf der Mann Franziskas Vater entgegen.
    »Entschuldigen Sie«, mischte sich Franziska vorsichtig ein, »mein Vater ist aus Deutschland, er kann tatsächlich nicht viel mehr Italienisch.«
    »Ja, deutsche Auto gute Auto«, sagte der Mann und lachte höhnisch. »Aber nix gute Autofahrer!«
    »Sprechen Sie deutsch?« fragte Franziska ihn.
    »Ganze wenig«, antwortete der Mann, »müsse wir Polizei rufen.«
    »Ja, das wird wohl besser sein«, seufzte Paul Weiss. »Scheiße scheiße scheiße!« Er schlug mit der flachen Hand aufs Autodach.
    »Das Wort kenne ich auch«, sagte der Mann und musste sogar grinsen.
    »Aber Pa, ist doch nur Blech«, sagte Franziska.
    »Rufe mir jetzt Polizei?« fragte der Mann. »Isse Unfall. Deine Auto kaputt!« Er zeigte auf den vorderen Kotflügel, der bis auf das blanke Blech zerkratzt war.
    »Das sehe ich auch«, knurrte Paul Weiss.
    »Wege meine Wage isse nicht. Isse alt. Mache nix.« Er trat gegen die Stoßstange, die bedrohlich wackelte. »Aber wenn Du Geld von Versicherung willst, müsse Du Polizei rufe hier.«
    »Das regelt bei mir meine Firma.« Paul Weiss schien sich wieder etwas gefasst zu haben.
    »Franziska, kannst Du mal für mich übersetzen? Es ist wichtig, dass der Mann das richtig versteht.«
    »Oh Gott«, sagte Franziska, die der Schreck von kurz zuvor noch nicht losgelassen hatte. »Ich tue mein Bestes.«
    »Also: Ich sehe ein, dass ich schuldig bin. Übersetze das.«
    Franziska redete deutlich länger als dieser eine Satz. Paul Weiss dachte sich, dass sie so auf Nummer sicher geht, dass der Mann alles versteht.
    »Okay«, sagte er schließlich.
    »Wenn ihn sein Schaden tatsächlich nicht stört, dann können wir es hier auf sich bewenden lassen.«
    Franziska überlegte, wie man »auf sich bewenden lassen« richtig übersetzen würde, schließlich hatte sie eine Idee und fing an zu übersetzen.
    Der Mann nickte. »Aber ohne Dschidd kriegst Du nix Geld von die Versicherung!« sagte er zu Paul Weiss.
    »Dschidd?« fragte Franziska.
    »Eine Formular, müsse du ausfülle.«
    »Ach so, nein, das geht schon in Ordnung. Meine Firma regelt das«, sagte Paul Weiss zu ihm.
    »Dann ich jetzt gehe«, sagte der Mann. »Musse einkaufen!«
    »Wenn Sie wollen!«
    Der Fahrer ging zu seinem Auto hin, klopfte noch einmal auf die zerkratzte Fahrertür und stieg ein.
    »Wiedersehe!«
    »Auf Wiedersehen«, sagte Paul Weiss leise und stieg ebenfalls ein.
    »Komm, lass uns nach Ostia fahren«, sagte er zu Franziska.
    »Biegen Sie nach 150 Metern links ab«, verlangte Susi.

    »Aber er hat mir doch die Lichthupe gegeben«, sagte Paul Weiss nach einer Weile und schüttelte den Kopf.
    »Papa, lass es«, sagte Franziska milde. »Es bringt nichts.«
    Was ist diesmal schief gelaufen?
    Wollen Italiener jemanden zu sich winken, klappen sie ihre Hand mit der Innenseite nach unten weg und tun so, als würden sie etwas wegschaufeln mit den Fingern – Sie haben das zuvor schon erfahren. Für Deutsche wirkt das so, als wollten sie einen wegschicken, de facto bedeutet es aber das Gegenteil. Man sieht also, dass man sich nie sicher sein kann, dass Zeichen in fremden Ländern dasselbe bedeuten wie zu Hause. So ist es auch mit der Lichthupe: In Deutschland heißt sie soviel wie: »Ich habe Dich gesehen, Du kannst fahren«. In Italien dagegen meint sie: »Achtung, ich komme!« Beides zusammen kollidiert – manchmal im wahren Sinn des Wortes wie in diesem Fall.
    Was können Sie besser machen?
    Lieber einmal mehr abwarten und dafür

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