Fettnaepfchenfuehrer Italien
ließ das zu, fragte nichts, wollte nur Zeit mit ihr verbringen. Beide genossen es, doch so langsam drängte die Frage sich auf, ob das noch eine Freundschaft ist oder schon mehr. Wir Deutschen müssen halt immer alles klären und in Schubladen stecken, dachte sich Franziska, hatte aber keine Ahnung, ob Italiener oder andere Nationalitäten das anders handhaben. Laura ziemlich verwackelt bei ihrem neuen Hobby, dem Tangotanz. Sie war von ein paar Freunden auf einen Probetanzkurs mitgeschleppt worden und hatte dort sofort Feuer gefangen. Sie hatte auch versucht, Franziska zu überreden, doch Franziska hatte sich hartnäckig geweigert. Einmal war sie mit Laura am Tiberufer bei einer Tangodisko gewesen. Doch nach einiger Zeit war das Zuschauen langweilig geworden, das Fotografieren ebenfalls, und Franziska hatte sich daraufhin verabschiedet.
Ach, ja, es ist schon schön in Rom, seufzte Franziska, während die Fantastischen Vier vom Tag am Meer sangen.
Es klopfte an ihrer Tür. »Franziska, ich will raus. Kommst Du mit?« Es war Catarinas Stimme.
»Komm ruhig rein«, antwortete Franziska. »Wo willst Du denn hin?«
Catarina hatte einen mausgrauen Nickianzug an. An und für sich ein fürchterliches Ding, aber es stand ihr gut, zumal sie eine sehr gute Figur hatte, die der Anzug noch betonte.
»Ist mir eigentlich egal, Hauptsache raus«, sagte sie.
»Brauchst Du Ablenkung, bist Du genervt?«
»Nein, überhaupt nicht. Alles bestens. Es ist nur, weil es so schön draußen ist. Wer weiß, wie lange das noch anhält.«
»Okay, ich bin dabei. Sonst versacke ich hier noch auf meinem Bett.«
Franziska stand auf. »Ich muss mir nur noch kurz etwas anderes anziehen.«
»Ich nicht, ich habe keinen Bock drauf.« (Übrigens eine ziemlich untypische Aussage für eine italienische Studentin.)
»Wie Du willst«, sagte Franziska, der das tatsächlich völlig egal war.
Die Sonne stand schon recht tief, als die beiden Frauen die Wohnung verließen. Sie wollten einfach etwas durch die Straßen schlendern und hatten sich dafür die Via Veneto ausgesucht, da könnten sie noch etwas in der Villa Borghese spazieren gehen, dem Park, der am nächsten zum Zentrum lag, wenn sie Lust dazu verspürten.
Catarina hakte sich bei Franziska unter. Franziska war einiges größer als sie, doch nicht zu groß. »Ich habe eine Idee. Wir kaufen uns eine Flasche Rotwein.«
»Jetzt?«
»Ja.«
»Mmh.« Franziska überlegte. Sie hatte sich zwar für den Tag nichts mehr vorgenommen. Aber am frühen Mittag Wein trinken? Andererseits, warum eigentlich nicht? »Okay, machen wir. Aber wenn ich dann blau bin, musst Du mich heimschleppen.«
»Nein, Du bist größer als ich, Du musst mich tragen.«
»Dann schlafen wir unseren Rausch besser einfach draußen aus«, schlug Franziska vor.
»Wird schon werden«, sagte Catarina.
Der alte Mann in dem kleinen Gemüse-und-überhaupt-Alles-Laden in ihrer Straße schaute etwas komisch, als die beiden Frauen zu ihm in den Laden kamen und schnurstracks auf das Weinregal zugingen. »Die da nehmen wir«, sagte Catarina, und Franziska widersprach nicht.
»Können Sie die vielleicht gleich aufmachen?« fragte Franziska den Mann, der sich durch seinen grauen Bart fuhr.
»Dann braucht Ihr sicher auch noch Becher, oder?«
»Nein, wir trinken aus der Flasche«, sagte Catarina.
»Sachen gibt‘s«, sagte der Mann, öffnete gekonnt die Flasche und reichte sie den beiden Frauen über die Theke. »Dann wünsche ich mal einen schönen Nachmittag!«
»Danke!« sagte Catarina kokett, »den werden wir haben!«
»Ich würde vorschlagen, dass wir mit der Metro bis zur Piazza Barberini fahren. Vielleicht haben wir Glück, und der Verrückte ist da!« sagte Catarina.
»Den hab ich auch schon mal gesehen. Mir macht er irgendwie Angst.«
»Nein, der ist völlig harmlos. Wenn Du etwas sehen willst, was Dir Angst macht, musst Du die Kapuzinergruft in der Via Veneto besichtigen.«
»Wieso? Was gibt’s denn da zu sehen?«
»Das verrate ich nicht.«
»Toll.«
»So, jetzt nehmen wir erstmal einen Schluck!«
Catarina setzte die Flasche an, nahm einen Schluck des Nero D‘Avola und reichte die Flasche weiter.
»Mmh, der ist gut«, sagte Franziska, nachdem sie ebenfalls getrunken hatte. Der alte Mann, sah Franziska im Weggehen, stand im Türrahmen seines Ladens und hielt die Stoffkordeln, die die Fliegen abhalten sollten, zur Seite. Er schüttelte den Kopf.
»Der denkt sicher, wie verkommen die Jugend doch heute ist«, sagte
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