Fettnaepfchenfuehrer Italien
gemeint sein
Jacopo Trombetta hatte, kaum dass er den letzten Bissen hinuntergeschluckt hatte, sein Telefon herausgezogen, seinen Fahrer Nino angerufen und ihn für eine halbe Stunde später vor das Lokal bestellt.
Viele italienische Unternehmer haben Fahrer, selbst wenn es sich um einen nicht allzu großen Betrieb handelt. Oft sind es verdiente frühere Mitarbeiter, die sich noch ein Zubrot verdienen und in einer Mischung von Freundschafts- und Geschäftsverhältnis zu ihrem früheren Chef stehen.
Tatsächlich hupte es dreißig Minuten später, woraufhin Trombetta sich von Lo Mele und Weiss verabschiedete und nach draußen eilte, nachdem er am Tresen die Rechnung bezahlt hatte.
»Jetzt haben wir ja Geld gespart«, scherzte Paul Weiss und fragte Stefano Lo Mele: »Sollen wir noch etwas trinken gehen?«
»Ich wollte zwar eigentlich nach dem Essen nach Hause gehen, aber wir können gerne noch ein Glas Wein trinken. Ich kenne eine Bar hier um die Ecke, die sehr schön ist.«
»Dann gehen wir doch dahin. Ich kenne hier außer diesem Lokal nichts.«
Die Bar lag unweit des Sancta Sanctorum, dem laut der Inschrift über dem Eingang heiligsten Ort auf der Erde. Paul Weiss wusste, dass zu dieser Kapelle die heilige Treppe führte, die einst auch Jesus beschritten haben soll, damals, als sie noch im Palast von Pontius Pilatus eingebaut war. Paul Weiss erinnerte sich auch noch, dass hier einst die Köpfe der Heiligen Petrus und Paulus aufbewahrt wurden, bevor sie in die benachbarte Lateranbasilika gebracht wurden. Und er erinnerte sich noch an das Fresko, das die Heilige Agnes zeigte, die so rein, so heilig wirkte, dass es ihn faszinierte.
Stefano Lo Mele hatte einen guten Geschmack, die Bar gefiel Paul Weiss. Sie erstreckte sich über zwei Stockwerke, wobei beide Etagen über ein Zwischengeschoss gut miteinander verbunden waren. Das Licht darin schuf eine gemütliche Stimmung, dazu standen dicke Kerzen auf den massiven und schweren Tischen. Hinter dem Tresen hing eine große Schiefertafel, auf der mit Kreide die Weinsorten und Cocktails geschrieben waren und die Preise dazu. Paul Weiss studierte die Karte ausführlich, die meisten Weinsorten kannte er, einige wenige aber nicht.
» Signor Lo Mele, was ist denn vom Primo Quarto zu halten? Diese Weinsorte habe ich noch nie gehört!«
»Oh, der ist gut«, sagte Stefano Lo Mele. »Der wird aus Sangiovesetrauben und Nero D‘Avola gemacht. Den würde ich Ihnen empfehlen. Oder sie probieren einen Rosso di Montalcino . Der ist etwas teurer, aber auch sehr lecker. Wenn ich es richtig weiß, wird er nur aus Sangiovese-Trauben gekeltert.«
»Ich nehme den Primo Quarto , der Name gefällt mir«, sagte Paul Weiss und lachte. »Und Sie?«
Stefano Lo Mele überlegte noch, er schaute auf die Tafel hoch. Als er seinen Blick wieder Paul Weiss zugewendet hatte, sagte Weiss: »Eigentlich können wir uns doch auch duzen, oder? Wir werden in den kommenden Wochen viel mitei-nander zu tun haben, da finde ich das leichter.«
»Ja, das sehe ich genauso. Ich bin Stefano. Und ich nehme einen Chianti Classico .«
»Paul.« Er hielt ihm die Hand hin.
Stefano Lo Mele schlug ein.
Paul Weiss spürte, dass er zu Stefano Vertrauen haben könnte. Er würde ihn gerne nach seiner Meinung zu Jacopo Trombetta fragen. Doch zum einen wollte er ihn nicht in eine blöde Situation bringen, und zum anderen wäre ihm die Gegenfrage sicher unangenehm. Doch Trombetta war ein derart uneindeutiger Mensch, dass er Bedarf verspürte, mit jemandem darüber zu reden.
Die Kellnerin brachte die zwei Weingläser und kassierte gleich ab. Stefano Lo Mele schaute ihr dabei tief in den Ausschnitt.
»Die italienischen Frauen können Dich um den Verstand bringen«, sagte Stefano. »Ziehen sich super an, aber halten Dich stets auf Distanz.«
»Mit ›super anziehen‹ meinst Du den Ausschnitt, oder?« scherzte Paul Weiss.
Stefano nickte.
»Hast Recht.«
»Wie ist das denn in der Firma, arbeiten da viele Frauen?« fragte Paul Weiss.
»Nein, aber der Dicke möchte gerne mehr Frauen einstellen.«
»Trombetta?« fragte Paul Weiss ungläubig.
»Ja, der.«
»Du nennst ihn Dicker?«
»Alle nennen ihn so, manchmal er selbst auch.«
»Das hätte ich ihm gar nicht zugetraut«, sagte Paul Weiss.
»Was, dass er Frauen einstellen will oder sich so nennt?«
»Beides eigentlich.«
Stefano Lo Mele musste lachen. »Warte!« sagte er. Und lachte dann etwa zwei Oktaven höher und äffte Trombetta nach.
»Aber im Grunde ist er
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