Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt
Navarra, in Katalonien, Valencia, auf den Balearen und in Galicien gibt es in Schulen und Kindergärten verschiedene Modelle, die Eltern den Unterricht ihrer Kinder in der Regionalsprache ermöglichen.
Festzuhalten bleibt: Für Millionen Staatsbürger Spaniens sind Katalanisch, Baskisch und Galicisch ihre Muttersprachen, an denen sie ihre kulturelle Identität festmachen. Alle Unterdrückungsversuche sind gescheitert, die Regionalsprachen haben alle feindlichen Tendenzen überlebt. Mittlerweile hat sich Toleranz und Förderung der Regionalsprachen als einzig sinnvoller Ansatz erwiesen. Ob man das Valencianische dazuzählt, ist Glaubenssache oder politisches Kalkül, je nachdem.
Dass die große Mehrzahl der über 55 Millionen Spanientouristen – das sind übrigens mehr als die aktuelle spanische Bevölkerungszahl von 47 Millionen – wenn überhaupt, dann ein paar Brocken español oder castellano (Kastilisch) lernt, mag für die Regionalisten bitter sein, wird aber wohl in absehbarer Zeit so bleiben. Denn castellano ist tatsächlich eine Weltsprache, mit mittlerweile fast 500 Millionen Sprechern, vor allem in Lateinamerika und in den USA. Nach dem Chinesischen und noch vor dem Englischen ist Spanisch die zweitgrößte Muttersprache der Welt. Internet habla español – auch das Internet spricht spanisch: Die Sprache von Cervantes liegt hinter Englisch und Chinesisch bereits an dritter Stelle im world wide web .
»Ja, und da sind wir auch schon«, sagt Lena. In diesem Haus wohne ich.«
Lenas WG-Mitbewohnerinnen sind alle übers Wochenende ausgeflogen und rocken bei einem Musikfestival in Barcelona ab. Die helle Wohnung gefällt Lore und Heinrich gut, nur die Steinböden finden Sie gar nicht gemütlich. »Ist des ned kalt?«, fragt Lore.
»Im Sommer ist das sehr angenehm«, sagt Lena, »und selbst im Winter wird es hier ja nicht sehr kalt.«
»Sonst würdst du auch frieren, mit dem kleinen Elektroheizkörper in deinem Zimmer.«
»Das ist Luxus, Mutti. Hier haben nicht alle Wohnungen eine Heizung. Aber in Alicante hat es auch im Winter oft um die 20, 25 Grad tagsüber.«
»Ach, des tät mir aber auch gfallen! Und was des Heizkosten sparen tät!«
Lena weiß, dass ihre Eltern am liebsten zwischen 18 und 19 Uhr zu Abend essen, einer Uhrzeit, zu der in Alicante die Restaurants noch gar nicht geöffnet haben. Sie bereitet also das Abendessen lieber zu Hause zu. Danach macht sie mit den Eltern noch einen Spaziergang durchs Viertel. Nach einem letzten Gläschen Wein in einer Bar meint Lenas Mutter: »So Mädle, ich glaub, ich werd grade müde. Is ja auch schon fast zehn und es war ein anstrengender Tag für uns.«
»Gut«, sagt Lena, »dann machen wir uns eben auf den Heimweg. Obwohl ich finde, dass es jetzt mit der lauen Luft erst so richtig schön wird.«
»Guck mal, Lore, was da überall noch los ist.« Heinrich und Lore wundern sich, denn jetzt werden die Bars und Restaurants langsam voll, das abendliche Flanieren und Kneipenbummeln beginnt. Die Spanier grüßen noch mit buenas tardes , guten Abend, die Valencianer mit bona vesprada – die Nacht ( la noche/la nit ) hat noch nicht einmal angefangen.
Mini-Sprachkurs Valencià : bon dia – guten Tag, bona vesprada – guten Tag/Abend, bona nit – gute Nacht, hola – hallo, adéu – auf Wiedersehen, fins després – bis später, gràcies – danke, de res – bitte sehr. Sprechen Sie alles so aus, wie es geschrieben wird.
Auf den Straßen geht es zu wie bei uns zur Rushhour. Busse, weiße Taxis mit grünem oder rotem Lichtsignal auf dem Dach, PKWs, Mopeds, Motorräder: Die halbe Stadt scheint gerade das Zentrum von Alicante befahren zu müssen. Ein ganz normaler Freitagabend, versichert Lena ihren Eltern, gar nichts Besonderes. Natürlich sitzen auch die Kinder, die ganz kleinen genauso wie die größeren, noch mit in den Lokalen und auf den Terrassen. Alles ganz normal.
Zu Hause richtet Lena die Betten für ihre Eltern her. Sie sind müde nach der Reise und voll von neuen Eindrücken. Sie wollen sich gleich schlafen legen.
Lena setzt sich in Abis Zimmer an ihren Laptop, chattet noch ein bisschen mit ihren Freunden daheim in Deutschland und schreibt noch einen Eintrag in ihren Spanien-Blog im Internet. Titel: »In Spanien gehen die Uhren anders«. Sie will gerade noch ein Foto einstellen, das sie eben auf dem Heimweg gemacht hat, Untertitel »Verkehr um 22:30 Uhr in Alicante«, als sie Lärm aus ihrem Zimmer hört. Hm? Was ist das denn? Lena horcht.
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