Feuer der Götter: Roman (German Edition)
Blütenkelche der durchscheinenden Schlingpflanze geträufelt hatte, welche den überaus geraden Stamm umschlang, war bis zur Mitte herabgesunken, was hieß, dass es Mittag war. »Und dann ist da auch noch das Fest! Die Freundschaft mit Tlepau Aq gebietet, dass ich das Opfer stelle, und es sind nur noch zwei Tage bis dahin. Mädchen, es wäre wirklich nett, wenn du mir die Plagen von den Schultern streichelst, hm?«
Naave hatte sich bereits ausgiebig ausgemalt, die Blüten der Baumuhr auszuzupfen und dem Yioscalo ins Bett zu streuen.
Vor kurzem noch hätte ich das auch tatsächlich getan, dachte sie grimmig. Inzwischen erschien ihr ein solcher Racheakt wie die Tat eines verzweifelten Kindes.
»Das tue ich nicht«, erwiderte sie kühl. Doch sie spürte, wie ihre Stimme zitterte. Er kroch näher, wie eine Katze, die es sich auf ihrem Schoß bequem machen wollte. Seine Hand langte nach ihrem Gesicht, und er richtete sich auf, um sie mit diesen scheußlichen Lippen zu küssen.
Nein, sie würde es nicht aushalten, still zu liegen, während sich dieses verschrumpelte Wesen über sie hermachte. Sie stieß ihn zurück. Sein Schmuck klirrte, während er hintenüberfiel. Die Sklavin stieß einen leisen Schrei aus.
»Dann doch lieber dein fetter Sohn als dich!«, fauchte Naave, die Arme vor der Brust verschränkt.
Qu Yioscalo wälzte sich herum und rieb sich verblüfft das Gesicht. »Na, na! Was glaubst du denn, was er mit dir täte? Schau dir das Relief in deinem Rücken an, dann weißt du es.«
Erneut kam er auf sie zugekrochen. Dieses Mal ergriff er ihre Füße, um die Beine auseinanderzuziehen. Seine Kraft war erstaunlich. Naave biss die Zähne zusammen, um nicht zu schreien. Sie hoffte, dass die Wunden an ihren Fußsohlen nicht aufrissen. Fest blickte sie dem hässlichen Mann in die Augen. Mir bleibt keine Wahl … Tique, steh mir bei, es geht nicht anders.
Tief holte sie Luft.
»Wenn du dich an mir vergreifst, solltest du eines bedenken, Qu Yioscalo.«
»Und das wäre?« Seine Augen blitzten neugierig.
»Ich bin Tlepau Aqs Tochter.«
Er tat einen krächzenden Laut. » Was willst du sein?«
»Bist du schwerhörig? Ich bin die Tochter des Hohen Priesters!«
»Du machst mich sprachlos, und das gelingt wenigen. Wieso sollte ich das glauben?«
»Er meint, ich ähnele ihm.«
Sein Blick wanderte an ihr herauf und wieder hinab. »Ich denke nicht«, erwiderte er lächelnd. »Aber ich fände die Vorstellung ganz nett, es mit seinem Töchterlein zu treiben. Machen wir also weiter …«
»Ich bin es wirklich!«, zischte sie und warf sich herum. Sie kam nicht umhin, ihr Hinterteil zu entblößen – bei allen Göttern, wenn er es wagte, sie jetzt anzufassen, würde sie sich in eine Cijac verwandeln. »Siehst du das Mal? Den eingebrannten Ring? Was glaubst du, wer das getan hat? Er war es! Frag ihn, wenn du mir nicht glaubst!«
Als sie sich wieder umwandte, sah sie ihn in sich versunken in den Laken hocken. Grübelnd spielten seine Finger mit den Silberscheiben in seinen Ohren.
17.
S eht nur, diese … diese Male in seinem Gesicht, sie verändern sich! Was mag er wohl sein?«
»Ein Feuerdämon?«, schlug jemand vor, und andere lachten unsicher.
»Dann hätte er irgendwo ein Feuermal. Das da in seinem Gesicht sieht nicht danach aus.«
Ein Schatten baute sich vor Royias geschlossenen Lidern auf. Als er sie mühsam einen Spaltbreit öffnete, sah er eine alte Frau über sich stehen, die mit dürren Fingern und grässlich langen Nägeln nach ihm griff. Beinahe sanft wischte sie ihm einige schweißnasse Strähnen aus der Stirn. »Der hockt doch nur auf der Straße, weil er betrunken ist, und wahrscheinlich hat ihm einer ins Gesicht geschlagen. Dass aber auch jeder an allen Ecken und Enden einen Feuerdämon gesehen haben will! Ich sah einmal einen, ja! Das war ein riesiges Ungeheuer, doppelt so groß wie der da. Der ist ein Mensch, glaubt mir das. Allerdings ein Waldmensch, ganz eindeutig.«
Dankbar bemerkte er, dass sie sich wieder aufrichtete, denn aus ihrem zahnlosen Mund kam ein Geruch, der an einen nassen Naqasfuchs denken ließ. In seinem benommenen Kopf wunderte er sich, weshalb er Aufsehen erregte, nur weil er unsicheren Schrittes durch die Straßen gelaufen und dann, überwältigt von der Müdigkeit, an der nächstbesten Hauswand niedergesunken war. Verhielten sich während des Fests nicht alle Städter so? Was war an ihm anders, da doch die Wirkung der goldenen Sonnenpalmnuss noch anhielt? Er wunderte
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