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Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Titel: Feuer der Götter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Simon
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erschrak. »Er ist ein Ungeheuer! Er muss vernichtet werden! Wenn du weißt, wo er ist, sag es mir. Er ist eine Bedrohung für die Welt!«
    Royia eine Bedrohung für die Welt? Was, bei Tique, meinte er nur? So gerne hätte sie ihm gesagt, dass er sich täuschte. Dass der Feuerdämon auf eine Art, seine eigene ganz besondere Art, auch ein menschliches Wesen war. Er war es wert, geliebt zu werden wie jeder Mensch. Sie dachte daran zurück, wie hochmütig Royia sein konnte, spöttisch lächelnd, und dann wieder fürsorglich oder zutiefst zornig. Ganz Mensch.
    Tlepau Aq schien seinen Ausbruch zu bereuen; er rieb sich die Nasenwurzel und schüttelte den Kopf.
    »Du wirst bald Novizin sein. Alles, was dir geschehen ist, musst du vergessen, und du darfst es auch nicht beurteilen! Du verstehst von alldem viel zu wenig, und es wird Jahre dauern …« Seine Hand drückte ihren Arm. Sie musste sich zwingen, stillzuhalten. »Leider habe ich in den nächsten Tagen wenig Zeit für dich. Aber danach beschäftigen wir uns ausgiebig mit den vierzehn Göttern, dem Gott-Einen und seinem unabänderlichen Willen. Und was die Pflichten einer Priesterin sind. Ich teile dich dem Turm des Tique zu; wie gefällt dir das?«
    Sie rang sich ein Lächeln ab. Von seinem Gerede fühlte sie sich schier erschlagen.
    »Gut«, er tätschelte sie unbeholfen. »Bis dahin wirst du dich in deine Kammer zurückziehen und lesen. Du sagtest, du bist des Lesens mächtig? Ich gebe dir ein paar einfache Unterrichtsbücher. Nichts Anstrengendes. Du schaust sie dir an und genießt derweil deine hübsche Kammer, ja?«
    »Aber ich muss erst Tante Nanxi helfen. Sie ist im Graben, und …«
    Als hätte er Schmerzen, presste er die Augen zusammen und senkte den Kopf. Eine kalte Hand schien sich um ihr Herz zu legen.
    Sag das jetzt nicht.
    »Man sagte mir, sie sei tot …«
    Naave sprang aus der Sänfte. Ihr knickten die Beine weg, da der Schmerz an den Fußsohlen noch einmal aufflackerte, doch sie fing sich und rannte an Tlepau Aq vorbei auf die Terrasse. Hatte sie das wegen einer seiner ungeheuren Behauptungen nicht schon einmal getan? Diesmal jedoch hielt sie nicht nach einem Mann Ausschau, der auf seinem Karren ihre Belohnung fortschaffte, sondern nach einer dürren Gestalt in einem dunkelgrauen Kleid, die langen Haare von Silbersträhnen durchzogen und wirr. Natürlich bevölkerten die verschiedensten Gestalten den Platz vor dem Tempel, doch Nanxi war nicht unter ihnen.
    »Ich verstehe ja, dass es schmerzlich für dich ist«, hörte sie ihren Vater in ihrem Rücken. Sie ballte die Fäuste. In ihrer Brust brodelte altbekannte, wohltuende Wut.
    »Was ist geschehen?« Sie fuhr zu ihm herum. Dieses unschuldige Altmännergesicht machte sie rasend!
    »Die Tempelwächter fanden sie in einem Hurenhaus im Graben «, erklärte er tonlos. »Da lebte sie wohl noch. Aber dann …«
    »Dann haben diese Bestien sie erschlagen!«
    »Ich weiß nicht, was passiert ist, liebe Tochter. Man sagte mir, sie sei eine Treppe hinuntergefallen und habe sich den Kopf aufgeschlagen.«
    Oh, sie konnte sich lebhaft vorstellen, was da vorgegangen war! Diese brutalen Männer, womöglich dieselben, die Nanxi damals so entsetzlich gequält hatten, waren in das Hurenhaus gedrungen, weil sie sie, Naave, dort vermuteten. Nanxi musste fürchterliche Angst gehabt haben, hatte vielleicht versucht, hinauszulaufen. Vielleicht hatte sie auch nur geschrien, und diese rohen Kerle hatten sie zum Schweigen gebracht …
    »Wann war das?«, schrie Naave. »Ich will Nanxi sehen!«
    »Sie ist in den östlichen Totensümpfen beerdigt worden. Mit einer feinen Silbermaske aus meiner eigenen Schatulle.«
    »Das passt zu dir«, stieß sie voller Verachtung hervor. Fast hätte sie ausgespuckt, und es hätte sie nicht gereut, es zu tun. »In ihrem Tod stattest du sie mit Schmuck aus und meinst, damit ist die Sache aus deiner Welt, ja?«
    »Was soll ich denn noch tun? Es tut mir wirklich leid, Naave.«
    Sie schlug die Hände vor das Gesicht und schluchzte auf. Zu unfasslich war ihr das alles.
    Als sie spürte, dass er ihre Hände herunterzog, ließ sie es geschehen.
    »Naave …«
    »Ich möchte in mein Zimmer«, unterbrach sie ihn.
    Er nickte betrübt. »Wie du willst.«

    Es war klein, besaß nur ein Fenster, und die Wandmalereien waren schlicht. Eine Truhe stand an einer Wand, dazu ein leerer Schrein. Dafür sah das Bett mit seinen seidenen Laken und wolkenartigen Decken einladend aus. Ein Mädchen war soeben

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