Feuer der Leidenschaft
eine Gewitterwolke. Dann erkundigte sich Kenneth in einem gefährlich leisen Ton: »Wollt Ihr mir damit etwa sagen, daß Beth schwanger ist?«
Zerknirscht, aber mit fester Stimme, gab der junge Mann zur Antwort: »Wir nehmen es an.« Er hielt Ken-neths Blick stand. »Es tut mir leid, Sir. Ihr werdet jetzt vielleicht Genugtuung von mir fordern wollen, und Ihr hättet jedes Recht dazu. Es … es ist nun einmal passiert, und es geschah auch gänzlich unbeabsichtigt; aber das entschuldigt mich nicht.« Er biß sich auf die Lippen. »Ihr habt mir das Leben gerettet, und ich lohne Euch das damit, daß ich Eure Schwester verführe. Alles, was ich nun tun kann, ist, Euch zu sagen, daß ich Beth von ganzem Herzen liebe. Ich schwöre, daß sie immer von mir geliebt und versorgt werden wird, auch wenn Sutterton verkauft werden und ich mir woanders eine Stellung suchen müßte.«
Der Aufwallung von Kenneths brüderlichem Zorn folgte jetzt rasch die ironische Einsicht, daß er sich unmöglich in moralischer Hinsicht auf das hohe Roß setzen konnte, wo doch die Möglichkeit bestand, daß er selbst ein wenig überhastet .mit Rebecca die Reise zum Traualtar würde antreten müssen. Und der Himmel wußte, wie gut er verstand, daß ein Mann, der so viele Jahre in dem mörderischen Strudel des Krieges verbracht und täglich dem Tod ins Auge gesehen hatte, sich so sehr nach der heilenden Wärme von Frauenarmen sehnen konnte, daß sein Verlangen größer war als seine Vernunft.
Er holte also tief Luft und sagte: »Es ist zwar nicht so, wie ich es mir gewünscht hätte, aber ich denke, daß es wohl keinem weiter schadet. Vermutlich ist es auch eine wechselseitige Verführung gewesen. Denn so wie ich Beth kenne, hat sie in allen sie betreffenden Dingen ihren eigenen Kopf.«
Jacks schiefes Lächeln war für Kenneth der Beweis, daß er mit seiner Vermutung ins Schwarze getroffen hatte.
Offenbar gab es da zwischen Beth und Rebecca gewisse Ähnlichkeiten, wenn Kenneth auch bezweifelte, daß seine Schwester so herrlich unverblümt sein konnte wie Rebecca. Und nach einer flüchtigen, aber schwindelerregenden Erinnerung an seine Lilith, die ihre flammend roten Haare mit einer kurzen, aufreizenden Bewegung über die nackten Schultern warf, sagte er.
»Sollen wir jetzt wieder hinübergehen in den großen Salon, um den Ladies die Neuigkeit mitzuteilen?«
Enorm erleichtert aussehend, sagte Jack: »Ihr nehmt das ungewöhnlich gut auf, Sir. Viel besser, als ich es verdiene.«
»Wir beide haben ein gerütteltes Maß vom Leid und Elend dieser Welt gesehen. Ich denke, im Vergleich dazu ist die Ungestümheit der Liebe wirklich ein zu vernachlässigendes Problem.« Kenneth schickte dem jüngeren Mann nun einen strengen Blick zu. »Aber hört, um Gottes willen, endlich damit auf, mich mit >Sir< anzureden.«
Jack lächelte schüchtern. »Unter den gegebenen Um-ständen hielt ich es nicht für angebracht, Euch mit Eu-rem Vornamen anzureden. Das schien mir nach dem Schimpf, den ich Euch angetan habe, fast eine Beleidigung zu sein.«
»Da wir nun bald Schwäger sein werden, solltet Ihr jetzt besser zu der früheren Gewohnheit zurückkehren, mich mit >Kenneth< anzureden.«
Als sie zusammen zur Tür gingen, fragte er: »Was hättet Ihr denn gemacht, wenn ich Euch nicht die Erlaubnis zum Heiraten gegeben hätte?«
»Sie trotzdem geheiratet. Beth ist schließlich volljährig.«
Jack hielt Kenneth die Tür auf. »Aber wir wollten beide unser gemeinsames Leben nicht damit beginnen, daß wir uns mit Euch überwarfen.«
Ein vernünftiger und auch sehr praktischer Entschluß, dachte Kenneth, während sie über den Flur gingen, und fand jetzt, daß seine Freude über die Heirat seiner Schwester größer war als sein Verdruß über deren unpassendes Timing. Beth und Jack waren beide innerlich gefestigte Menschen und schienen sich sehr zu lieben. Er hoffte nur, daß er seiner Schwester bald die Mitgift zukommen lassen konnte, auf die sie einen Anspruch hatte. Er wollte nicht mitansehen müssen, wie das junge Paar vielleicht j ahrelang von der Hand in den Mund lebte, zumal die beiden ja auch schon Nachwuchs erwarteten.
Sie betraten nun wieder den großen Salon, und Kenneth sagte lächelnd zu seiner Schwester: »Jack hat soeben bei mir um deine Hand angehalten, und deshalb bin ich entschlossen, Euch beide möglichst rasch unter die Haube zu bringen, bevor er entdeckt, was für ein Quälgeist du sein kannst. Wie wäre es, wenn ihr beide euch mit einer
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