Feuer der Leidenschaft
wo wir Kenneth finden könnten?«
»Er müßte jetzt jeden Moment zurück sein. Er ist nur in die Stadt gegangen, um dort ein paar Sachen zu erledigen.«
»Er wohnt hier?«, fragte Beth überrascht.
»Ja. Er ist der Sekretär meines Vaters.« Rebecca blickte ihren Gast neugierig an. »Habt Ihr das denn nicht gewußt?«
»Er hat in seinen Briefen nie erwähnt, wo er wohnt. Wir mußten ihm die Post an eine Nachsendeadresse schicken.«
Das wurde immer kurioser. Rebecca fragte sich nun, ob diese Geheimniskrämerei vielleicht etwas mit seiner mysteriösen »Verpflichtung« zu tun haben könnte. Von einem dunklen Verlangen getrieben, sich schützend vor ihn zu stellen, sagte Rebecca: »Er hatte vermutlich Angst, daß Ihr Eure Briefe an Lord Kimball adressieren würdet.
Ich bin noch keinem Peer begegnet, der ein so geringes Gewese von seinem Titel gemacht hat wie Kenneth.
Weder ich noch mein Vater wußten etwas davon, bis seine Freunde, Lord und Lady Michael Kenyon, ihm zufällig hier im Haus begegnet sind und uns die schreckliche Wahrheit enthüllten.«
Nachdem ihre beide Gäste herzlich darüber gelacht hatten, fragte Jack: »Wißt Ihr vielleicht, ob Kenyon sich noch immer in London aufhält? Ich würde ihn gern mal besuchen. Er hat ebenfalls in meinem Regiment gedient.«
Er lächelte, sich jetzt offensichtlich hier schon viel wohler fühlend. »Wir kleinen Leutnants haben damals zu ihm und Lord Kimball aufgesehen und sie sehr bewundert.«
»Sie hatten die gleiche Wirkung auf mich«, sagte Rebecca.
Während das Gespräch leicht und munter zwischen den dreien dahinfloß, horchte Rebecca immer mit einem Ohr zur Tür hin, ob Kenneth nicht endlich von seinen Botengängen zurückkam. Ihr Korsar würde ihr jetzt nämlich ein paar Fragen beantworten müssen.
Kapitel 22
ie gewöhnlich, wenn Kenneth auf dem Weg zurück nach Seaton House war, machte er Zwischenstation in dem Laden, zu dem er sich seine Post nachschicken ließ. Dort fand er nur eine scharf formulierte Botschaft von Lord Bowden vor, die ihn davon unterrichtete, daß Bowden im Begriff stand, seinen Landsitz aufzusuchen, sich jedoch sogleich nach seiner Rückkehr mit ihm, Kenneth, treffen wolle, um sich von ihm berichten zu lassen, welche Fortschritte er mit seinen Ermittlungen gemacht habe.
Kenneth runzelte die Stirn, als er Lord Bowdens Schreiben einsteckte. Er hatte nicht damit aufgehört, sich diskret bei allen Personen umzuhören, die Kenntnis von Lady Seatons Tod gehabt hatten. Er besaß inzwischen eine umfangreiche Akte mit Notizen. Doch bisher hatte er nichts entdecken können, was ein neues Licht auf die damaligen Ereignisse hätte werfen können. Vielleicht würde er im Seenbezirk auf etwas stoßen, das ihn weiterbrachte. Aber wenn nicht, dann gab es keine anderen Spuren mehr, die er weiterverfolgen konnte, und damit wäre er am Ende seiner Ermittlungen angelangt.
Bowden würde das zwar nicht gefallen, aber er, Kenneth, mußte sich schuldbewußt eingestehen, daß er erleichtert sein würde.
Er wanderte nun im Nieselregen durch die Straßen, während er im Geiste noch einmal alles durchging, was er bisher herausgefunden hatte. Er konnte mit Fug und Recht behaupten, daß er in dieser Sache sein Möglichstes getan hatte. Und die Tatsache, daß er bisher nichts gefunden hatte, was Sir Anthony belastete, bedeutete mit einer fast an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, daß es da auch nichts zu finden gab.
Wenn das so war, würde er seine Verpflichtung, die er Bowden gegenüber eingegangen war, schon bald erfüllt haben, und zwar auf eine Weise, die es nicht erforderlich machte, Rebecca über seine Doppelrolle als Sekretär und Spion aufzuklären. Es war eine offene Frage, ob Bowden auch seinen Teil ihrer Vereinbarung einhalten würde. Es konnte durchaus sein, daß Bowden meinte, er habe nicht bekommen, was sein Geld wert gewesen wäre.
Er, Kenneth, würde natürlich arg in Verlegenheit sein, falls Bowden sich weigerte, ihm die Pfandbriefe, mit denen Sutterton belastet war, zurückzugeben. Obwohl sie beide darüber einen schriftlichen Vertrag aufgesetzt und diesen auch beide unterschrieben hatten, konnte er, Kenneth, sich nicht vorstellen, daß er Bowden wegen Vertragsbruch verklagen und damit aller Welt - also auch Rebecca und Sir Anthony - bekannt machen würde, was dieser enthielt. Und obwohl er, Kenneth, sein Bestes tat, die Umstände von Heien Seatons Tod aufzuklären, war es doch richtig, daß er diesen Auftrag immer widerwärtiger fand.
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