Feuer der Lust - Page, S: Feuer der Lust
Wesley.
„Was soll das hier werden, Wes?“ Devlins Stimme durchschnitt die Nacht, eine Nacht erfüllt von unheimlichem Heulen und Schreien, von geheimnisvollem Knarren und Klagen, während Zweige sich im Wind bewegten und die Pferde nervös im Straßenstaub scharrten. „Geht es um die Tracht Prügel?“
„Verdammter Mistkerl!“
Grace zuckte zusammen. Ihre Kehle war so trocken, dass sie kaum atmen konnte.
Warum, um alles in der Welt, musste Devlin seinen Bruder reizen, während der mit einer geladenen Pistole herumfuchtelte? Der Wind schob Wesleys hohen Kastorhut nach vorn, sodass sein Gesicht im Schatten lag und sie die Wut darin nicht mehr erkennen konnte. In der heftigen Brise kräuselte sich sein stumpfes blondes Haar, während der Wind Devlins goldenes Haar nach hinten wehte.
Grace schaute so rasch zwischen den beiden Männern hin und her, dass ihr davon ganz schwindelig wurde. Devlins Miene war völlig ausdruckslos, wie die eines Mannes beim Kartenspiel. Wesley schaute sie an und grinste anzüglich; sein Blick fühlte sich an, als würden Spinnen über ihre Haut kriechen. Und sie wusste, dass er ihr Unbehagen absichtlich heraufbeschwor.
Wesley wollte Devlin wütend machen. Wollte ihn dazu bringen, ihn anzugreifen, damit er einen Grund hatte, auf ihn zu schießen.
Aber Devlin senkte kühn seine rechte Hand und umschloss ihre Finger auf eine Art, die sie nicht verstand. Versuchte er ihr Mut zu machen, oder wollte er seinen Halbbruder irritieren?
„Du hast einer jungen Dame die Unschuld genommen, Wes“, bemerkte Devlin, „und ich beabsichtige, dich meinen Stiefel spüren zu lassen und dir einen kräftigen Tritt in den Hintern zu verpassen.“
„Devlin!“ Sie schrie leise auf, und er drückte ihre Hand. In seinen dunkelblauen Augen spiegelte sich das Mondlicht, als er ihr einen beruhigenden Blick zuwarf.
Bluffte er? Bluffte, während ein geladenes Gewehr auf sein Herz gerichtet war? Warum – warum war er bereit, sein Leben zu riskieren, nur um seinen bösartigen Halbbruder aus dem Konzept zu bringen?
Um sie zu beschützen? Sie schluckte krampfhaft.
Wesley streckte den Arm vor, wie Rogan St. Clair es getan hatte, als er drohte zu schießen, und Grace hatte das Gefühl, als würde die Welt um sie herum vor ihren Augen verschwimmen und zur Seite wegkippen. Verzweifelt kämpfte sie gegen eine Ohnmacht und aufsteigende Panik an.
„Ich sollte dich erschießen“, knurrte Wesley seinen Bruder an. „Es wäre so leicht zu behaupten, dass du mich ausrauben wolltest und ich geschossen habe, um mich zu verteidigen, du verdammter Verbrecher.“
Grace trat dichter an Devlin heran, um ihn zu beschützen, und seine Hand ruhte auf ihrer Taille, stark und sicher, aber auch kontrollierend. Als sie versuchte, sich ihm zu sehr zu nähern, schob er sie weg.
„Und warum willst du mich tot sehen, Bruder?“, erkundigte sich Devlin. „Bist du wirklich der Meinung, dass unser Vater mich dir vorgezogen hat?“
Wesleys Gesicht erbleichte, und Grace hörte, wie ihr ein leiser, gepresster Ton entfuhr. Er riss den Kopf herum, um sie anzusehen, und seine Augen funkelten in der Dunkelheit. „Komm hier herüber, Grace, oder ich schieße deinem Geliebten ein Loch ins Herz.“
Devlin, dessen Hand warm auf ihrem Rücken lag, schüttelte den Kopf. „Es ist alles in Ordnung, Liebste. Bleib hier bei mir.“
Wesley machte einen drohenden Schritt vorwärts. „Dann wirst du sterben, Sharpe. Komm hierher, Grace!“
Wieder fasste Devlin nach ihrer Hand und umschloss sie mit seiner. Sie versuchte, sich seinem festen Griff zu entziehen – mit dem er jetzt fast die Knochen ihrer Hand brach –, indem sie einen zittrigen Schritt auf Wesley zu machte.
„Bleib hier, Süße!“, bellte Devlin.
Sie wünschte inständig, das tun zu können. Doch wenn sie zu Wesley ging, konnten sie dadurch vielleicht Zeit gewinnen. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals, da sie wusste, dass Wesley sie nur benutzen wollte, um Devlin zu quälen. Er hatte sie schon einmal herzlos benutzt, und sie hatte keine andere Wahl, als es ihn noch einmal tun zu lassen. Sie musste Devlin dazu bringen, das zu verstehen.
All das hatte sie durch ihr liederliches Verhalten heraufbeschworen. Es war ihre Schuld, und sie konnte es nicht ertragen, dass Devlin den Preis dafür zahlte.
„Nein“, flüsterte sie Devlin warnend zu. „Ich kann nicht. Was, wenn er dich erschießt? Er ist der Sohn eines Marquess. Er kann tun, was immer er will, auch dich töten, und er würde
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