Feuer der Lust - Page, S: Feuer der Lust
niemals vor Gericht gestellt.“
„Genau, und deshalb will ich, dass du dich hinter mich stellst, Liebste.“
„Verdammt noch mal“, polterte Wesley. „Beweg deinen Hintern herüber zu mir, Grace.“ Er hob die Pistole, sodass sie genau auf Devlins Stirn deutete.
Wieder versuchte sie, sich aus Devlins Griff zu befreien. „Ich wage es nicht, ihm nicht zu gehorchen.“
Zum ersten Mal, seit sie aus der Kutsche gestiegen waren, sah sie anstelle von Zorn in Devlins Augen Angst und Schmerz. „Du kannst es, Liebste. Du musst nicht tun, was er dir befiehlt. Er hat hier nichts zu sagen.“
Die Augen zu gefährlichen, dunklen Schlitzen verengt, ließ er ihre Hand los. Sie zitterte, doch sie wusste, sie musste all ihren Mut zusammennehmen und zu Wesley gehen. Doch bevor sie einen Schritt machen konnte, schlenderte Devlin auf seinen betrunkenen, wütenden Halbbruder zu.
Erschrocken streckte Grace den Arm aus, doch der Stoff von Devlins Mantelärmel glitt ihr durch die Finger. Devlin hatte seine Finger in den Bund seiner Hose gehakt und trug ein spöttisches Lächeln auf den Lippen. „Du kannst mich erschießen, Bruder“, rief er mit ruhiger Stimme, „aber ich bin bereits eine Legende, nicht wahr? Ich bin der berüchtigte Pirat und Straßenräuber, unantastbar aufgrund meiner mutigen und edlen Dienste für die britische Marine. Ich werde immer berühmter sein als du …“
„Halt den Mund!“ Wesley fuchtelte mit der Pistole und machte einen Schritt auf Devlin zu. Aber Devlin blieb nicht stehen; unaufhaltsam näherte er sich seinem Bruder.
Verzweifelt sah Grace sich um, sah zum Kutscher und zum Pferdeknecht hinüber. Waren die beiden Diener nicht bewaffnet? Oder kümmerte es sie nicht, wenn Devlin erschossen wurde, weil Wesley ein Adliger war? Sie hatte zu viel Angst, um mit den beiden zu sprechen, zu viel Angst, ihr Flehen um Hilfe oder sogar nur der Klang ihrer Stimme würde Wesley dazu bringen zu schießen.
Ihre Schwester Venetia hatte sich entschlossen einem Angreifer entgegengestellt, als sie an Marcus’ Seite in Gefahr geraten war. Und Maryanne war mutig genug gewesen, sich den Weg in die Freiheit zu erkämpfen, nachdem ein Verrückter sie entführt hatte. Ihre beiden Schwestern hatten ihren Verstand eingesetzt und erreichbare Gegenstände fantasievoll als Waffen eingesetzt.
Aber ihre Schwestern waren erfindungsreich, im Gegensatz zu ihr. Sie selber war einzig und allein auf die Wirkung ihres Aussehens angewiesen.
Nein – nun war die Zeit gekommen, über sich hinauszuwachsen. Jetzt war es Zeit, etwas zu tun. Etwas Kluges.
Grace schaute sich um. Die Äste der Bäume? Etwas aus der Kutsche? Aber wie sollte sie an irgendetwas herankommen, ohne dass Wesley es bemerkte?
Ihre Brust hob und senkte sich mit ihren keuchenden Atemzügen. Sie sah an sich herab. Ihre Brüste. Wesley hatte sich nur für ihre Brüste interessiert. Was, wenn Grace sie plötzlich entblößte? Konnte sie ihn damit ablenken?
Da sie ohnehin für eine Dirne gehalten wurde, wäre ein solches Verhalten zweifellos passend.
Ihre Finger machten sich an den mit Stoff überzogenen Knöpfen ihres Umhangs zu schaffen.
„Das ist es, du Flittchen“, rief Wesley, und seine Stimme hallte in der Dunkelheit wider. „Zieh deine Kleider für mich aus. Würdest du mich hier auf dem Boden ficken, um Devlin zu retten? Würdest du dich vor mir hinknien und an mir saugen?“
Grace fuhr zurück, und ihre Finger krampften sich bewegungslos um die Knöpfe. Sie verstand nicht, warum er sie so sehr hasste. Schließlich war sie diejenige, deren Ruf ruiniert und deren Leben zerstört worden war. Es gab für sie keine Möglichkeit mehr zu heiraten und eine Familie zu gründen. Wegen dieses Mannes hatte sie alles verloren. Warum drängte es ihn so sehr danach, sie zu demütigen?
Blind vor Zorn, stürmte sie auf ihn zu. „Du dreckiges, widerliches Stück Müll“, kreischte sie. Denn genau das war er. Er war kein bisschen besser als sie. Nicht besser als ein Haufen dampfender Pferdeäpfel. „Erschieß mich, wenn du willst, du Feigling! Du Mistkerl!“ Sie stürzte sich auf ihn, entschlossen, ihm die Augen auszukratzen.
Dann, zu ihrem Entsetzen, schubste Devlin sie zurück. Sie stolperte und ruderte mit den Armen, um das Gleichgewicht zu halten. Devlin fuhr wieder zu Wesley herum und sein Arm zuckte nach vorn.
Hatte er mit etwas geworfen?
Eine Explosion dröhnte ihr in den Ohren, ließ Vögel kreischend auffliegen und die Pferde schrill
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