Feuer der Lust - Page, S: Feuer der Lust
der Grund gar nicht die Angst, von der drachenartigen Countess of Warren zurückgewiesen zu werden, sondern wollte Olivia schlicht und einfach nicht zurück?
Grace wurde aus ihren Gedanken gerissen, als Venetia sie energisch zum Kanapee schob.
„Jetzt setzt du dich hin, Grace“, befahl Venetia ihr. „Wenn wir einen intelligenten Plan schmieden wollen, müssen wir auch intelligent handeln.“
Dennoch setzte Grace sich nicht, sondern stand vor dem zierlichen, mit Seide bezogenen Sofa und kam sich vor wie eine Gefangene auf der Anklagebank.
„Offenbar hast du dich also in den Piraten Captain Devlin Sharpe verliebt und er sich in dich.“ Venetia hatte sich mit dem Rücken gegen den Kaminsims gelehnt und sah aus, als hätte sie Schmerzen, weil das geschnitzte Holz gegen ihr Rückgrat drückte, doch Grace wusste, dass es Venetia vor allem schmerzte, ihren Einfluss verloren zu haben. Venetias tapferes Ziel war es gewesen, auf ihre jüngere Schwester aufzupassen und sie aus Schwierigkeiten herauszuhalten, doch sie hatte versagt.
„Ich gehe davon aus, dass Mr. Sharpe dir die Unschuld genommen und dich damit ruiniert hat“, stellte Venetia fest.
„Nein. Ich lasse nicht zu, dass du Dinge kritisierst, über die du nichts Genaues weißt“, protestierte Grace.
„Und wenn du von ihm als Pirat sprichst, solltest du ihn dann nicht Captain Sharpe nennen?“, mischte sich Maryanne ein, die bis jetzt stumm geblieben war. „Wenn er allerdings als Straßenräuber unterwegs war, sollten wir ihn Mr. Sharpe nennen.“
Fast hätte Grace losgekichert, als sie den vernichtenden Blick sah, den Venetia ihrer Schwester zuwarf. Da ihre Mutter sich in Italien aufhielt, bemühte Venetia sich verzweifelt, ihre Rolle einzunehmen.
Grace konnte das nicht schweigend hinnehmen. „Warum nennen wir ihn nicht einfach Devlin?“, rief sie frustriert.
Doch nun zeigte Venetia ihr ungezügeltes Künstlernaturell. „Ein Straßenräuber und ein Pirat! Alles, was er tun müsste, um seinen skandalösen Ruf noch zu steigern, wäre, das Parlament in die Luft zu sprengen!“
„Er ist wohl kaum ein Verräter, Venetia. Die britische Flotte steht in seiner Schuld“, betonte Grace. „Außerdem hat Devlin mich nicht ruiniert.“
„Du und Mr. … Devlin habt also nicht miteinander geschlafen?“
Ihre beiden Schwestern sahen sie mit gerunzelten Brauen und zusammengekniffenen Lippen an, und in ihren Gesichtern waren deutlich ihre Zweifel zu lesen.
„Doch, das haben wir getan, aber Devlin hat mich gerettet.“
„Vor Mr. St. Clair, was sehr edel und heldenmütig war“, erklärte Venetia, „aber es geht im Moment um sein lüsternes Verhalten …“
„Nein, er hat mich schon damals gerettet. Ich wollte heiraten – vor Jahren, bevor du Marcus kennengelernt hast, Venetia. Ich hatte vor, unsere Familie zu retten, und war auf der Suche nach einem reichen Ehemann.“
„Nun, Mutter dachte stets, das würde dir gelingen“, stellte Maryanne fest. „Du warst immer sehr hübsch – die Hübscheste von uns allen.“
Venetia prustete durch die Nase und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich fand nicht, dass es die Lösung sein konnte, dich in eine Ehe zu drängen. Also fing ich an zu malen.“
„Ich weiß, was du für uns alle getan hast, Venetia. Aber ich dachte, ich sollte auch mithelfen.“
Maryanne griff nach Grace’ Hand. „Du musstest dich nicht dem nächstbesten Mann in die Arme werfen …“
Grace hob eine kleine Porzellanfigur hoch, die einen Violine spielenden Harlekin darstellte. Falls es nötig war, würde sie damit werfen. Konnten ihre Schwestern sie nicht einfach ausreden lassen? Wenn sie sich Gehör verschaffen wollte, blieb ihr als einzige Möglichkeit immer nur, eine Szene zu machen. „Ich wollte mich verheiraten und dann … dann verliebte ich mich. Jedenfalls glaubte ich, verliebt zu sein. Ich liebte Lord Wesley, den Bruder meiner Freundin Lady Prudence. Als ich zu ihrer Hausgesellschaft ging …“
„Du hast ihm deine Unschuld geschenkt?“, keuchte Venetia.
„Und was ist mit Devlin?“, fügte Maryanne hinzu.
„Du hast mit beiden Männern geschlafen?“
Angesichts der schockierten Mienen ihrer beiden Schwestern verlor sie fast den Mut, ihnen die ganze Geschichte zu erzählen. „Nicht gleichzeitig!“, schrie sie.
Doch dann fiel ihr auf … ihre beiden Schwestern waren errötet und blickten nach ihrem Kommentar höchst verlegen drein.
„Nein!“ Protestierend hob Maryanne beide Hände. „So etwas haben wir
Weitere Kostenlose Bücher