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Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)

Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)

Titel: Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mats Strandberg
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hinter dem Grabstein. Anna-Karin wünschte, sie könnte sich auch verstecken.
    Nicolaus kommt über den Friedhof. Linnéa rennt ihm nach.
    Niemand sagt etwas. Es gibt nichts zu sagen. Sie haben Nicolaus hintergangen. Ihn belogen. Ihn, der sie nie im Stich gelassen hat.
    Er tritt an das klaffende Loch. Steht da wie festgefroren und starrt.
    »Es tut uns leid«, sagt Anna-Karin.
    »Wir hatten wirklich keine Wahl«, sagt Linnéa außer Atem.
    Nicolaus schaut auf und erwidert Anna-Karins Blick. Er sieht nicht wütend aus, eher erschöpft.
    »Ich kann euch keinen Vorwurf machen«, sagt er. »Und ich hätte nicht versuchen sollen, euch daran zu hindern. Der Mut verließ mich. Aber nicht ohne Grund. Ich weiß nicht, was sich in diesem Sarg befindet, aber es ängstigt mich zutiefst.« Er seufzt schwer. »Aber was es auch ist, so will es doch deutlich, dass ich es finde. Ich kann nicht entkommen.«
    Die Katze unterbricht ihn mit einem lang gezogenen Miauen. Sie taucht hinter dem Grabstein auf und spaziert auf Nicolaus zu, setzt sich direkt vor das Grab und schaut ihn an. Ihr Schwanz schlägt hin und her. Nicolaus sinkt auf die Knie.
    Es ist, als würde sich die Stille um sie herum verdichten. Nicolaus streckt die Hand aus und die Katze reibt ihren Kopf dagegen. Anna-Karin glaubt beinahe, das magische Band zwischen ihnen sehen zu können.
    »Nein«, murmelt Nicolaus und legt seine Hand an den Hals, als bekäme er mit einem Mal schlecht Luft. »Nein, nein, ich kann nicht …«
    Die Katze miaut wieder und Tränen rinnen aus Nicolaus’ Augen.
    »Nein«, flüstert er. »Ich kann nicht …«
    »Was ist denn los?«, fragt Ida ungeduldig.
    Nicolaus hebt den Kopf, und sein Blick flackert, als würde er sich schämen.
    »Ihr müsst gehen. Bitte. Ich flehe euch an.«
    Anna-Karin überläuft ein eisiger Schauer. Sie will nicht gehen. Sie will
rennen
. Irgendetwas stimmt nicht.
    »Wir gehen nirgendwohin«, sagt Linnéa.
    Die Katze streicht um Nicolaus’ Knie und fängt an, sanft zu schnurren.
    Nicolaus schließt die Augen und senkt den Kopf. Dann hebt er die Katze hoch und hält sie im Arm, als wäre sie ein Baby. Sie schnurrt noch lauter.
    »Verzeih mir, verzeih mir, verzeih mir …«, flüstert Nicolaus wieder und wieder, den Mund dicht ans Ohr der Katze gedrückt.
    Er legt die Hand über das Auge der Katze.
    Die Katze miaut gequält. Ein paarmal zucken ihre Pfoten. Dann wird ihr Körper schlaff und der Kopf fällt zur Seite. Das Band zwischen der Katze und Nicolaus ist für immer zerrissen.
    Anna-Karins Augen füllen sich mit Tränen, als Nicolaus den leblosen Körper vor das Grab legt. Das Auge der Katze ist noch immer weit geöffnet.
    »Memento mori«, flüstert Nicolaus.
    In der Grube knackt es. Und dann noch einmal. Und noch einmal. Es klingt wie Hagel, der auf ein Dach prasselt.
    Anna-Karin macht einen Schritt auf das offene Grab zu. Die anderen folgen ihr.
    Der Sargdeckel bricht und zerfällt. Morsche Stücke werden zu Splittern, die zu Spänen werden und sich in Luft auflösen. Anna-Karin spürt, wie die Magie aus dem Grab strömt. Etwas Schimmerndes wirbelt durch die Luft, umschließt Nicolaus wie ein Funkenschwarm, der schließlich verlischt.
    Anna-Karin beugt sich wieder über das Loch in der Erde.
    Im Sarg sind zersplitterte Knochenstücke, schwarz und brüchig. Und im nächsten Augenblick zerfallen auch sie zu einem feinen Pulver. Instinktiv hält sich Anna-Karin die Hände vor Mund und Nase, um nicht Staub und Tod einatmen zu müssen.
    Sie schielt zu Nicolaus, der auf dem Boden kauert und in das leere Grab starrt.
    »Nicolaus?«, fragt Anna-Karin. »Was ist passiert?«
    Nicolaus schweigt lange.
    »Ich erinnere mich«, sagt er schließlich.
    »Woran?«
    Er hebt langsam den Kopf und sieht sie an.
    Er ist Nicolaus und doch ist er es nicht. Der verwirrte Funke ist fort. Geblieben ist nur ein unendlicher Schmerz.
    »An alles«, sagt er.

13. Kapitel
    M
inoo sieht zu, wie Nicolaus aufsteht. Er fährt sich mit der Hand durch die Haare. Eine Geste, die so typisch ist für ihn. Und doch ist er nicht mehr er selbst.
    »Mein ganzes Leben«, sagt er. »Alles ist zurück.«
    Er verstummt. Schwankt.
    »Es ist zu viel …«
    »Bleib ganz ruhig«, sagt Anna-Karin.
    Nicolaus lacht auf. Es klingt fremd.
    Minoo betrachtet ihn besorgt. Wer, wenn nicht sie, kennt die Macht der Erinnerung? Auf einen Schlag ein ganzes Leben zurückbekommen … Vielleicht ist Nicolaus’ Hirn total überlastet?
    »Ihr sollt alles erfahren«, sagt er. »Aber

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