Feuer fuer den Grossen Drachen
wirklich kam), denn es war anzunehmen, daß Mallwitz nachher noch mit der Dogge ums Karree ging. Wenn nicht, dann blieb immer noch der Kofferraum, bis Mallwitz morgen vormittag wieder in die Stadt fuhr. Oder, dritte Möglichkeit, er rannte, wenn er wirklich was Dramatisches erfahren hatte, die Treppen hinauf, verbarrikadierte sich oben im Haus und rief die Polizei. Da waren ihm dann die Schlagzeilen auf den ersten Zeitungsseiten sicher.
Sein Rückzug erschien ihm also relativ problemlos, aber erst einmal mußte er ja seinen Auftritt haben.
Eine Stunde noch, eine halbe… Es war ein Leiden und Genießen gleichermaßen. Das war Leben, das war es, was er brauchte. Einer Sekunde entgegenfiebern, und wenn’s die Sekunde des eigenen Todes war.
21 Uhr 12, jetzt mußte Hock, superpünktlich, wie er war, gekommen sein, und die beiden durften, nach dem ersten warming up, langsam zur Sache kommen.
Ende des Countdowns.
Verstärkter Adrenalinausstoß, schmerzhafter Herzschlag, ein letztes Abwischen der feuchten Handflächen – und los!
Millimeter für Millimeter drückte er die Klinke nach unten. Ein leises Quietschen…Wenn die Tür zwischen Garage und Souterrain verschlossen war, konnte er gleich aufgeben.
Doch sie war offen, und er schaffte es, sie so behutsam aufzudrücken, daß es garantiert niemand hören konnte. Er spähte in einen endlos langen Flur hinaus, mit dem ersten Atemzug von einem starken Hustenreiz gepackt: frische Farbe, abgebrannte Farbe, Gips und Kleister – hier wurde gerade renoviert. Lampen brannten keine; offenbar war man gerade dabei, alle Leitungen neu zu verlegen. Hinten rechts, wo er Mallwitz’ Arbeitszimmer vermutete, stand eine Tür ein wenig offen, und der spaltbreit herausfallende Lichtstrahl ließ ihn erkennen, daß der Flur in ganzer Länge, um den Teppichboden zu schonen, mit Packpapier ausgelegt war. Scheiße! Eine unbedachte Bewegung des vorantastenden Fußes und es hörte sich an, als latschte er durch trockenes Laub. Und er mußte sich mindestens fünf, sechs Meter nach vorn wagen, wenn er hören wollte, was die beiden sprachen; bis hier hinten drang nur undeutliches Gemurmel. Aber es waren die Stimmen von Mallwitz und Hock, soviel war sicher.
Leere Farbtöpfe standen herum; Spachtel, Moltofilltüten und Bierflaschen waren über den gesamten Flur verteilt. Eine Wanderung wie durch ein Minenfeld.
Aber Kochale schaffte es, so nahe heranzukommen, daß er ihrer Unterhaltung weithin folgen konnte.
Mallwitz gab den Ton an, war der Agierende, Hock der Reagierende, ständig in die Defensive gedrängt und längst nicht so zackig wie beim MFC.
Mallwitz: Das mit den Bränden hat ja bisher prima geklappt.
Hock: Ich hab dir ja auch die besten Jungs rausgesucht. Schade, daß der Django nun…
Mallwitz: Bleiben wir mal bei der Sache: Das ist ja alles schön und gut mit den brennenden Häusern, aber die Kanaken hauen ja noch immer nicht ab. Ich glaube, wir müssen langsam mal zu schärferen Mitteln greifen – das politische Klima ist ja auch so günstig wie lange nicht… Weißt du, was in dieser Konservendose hier drin ist…?
Hock: Nee – grüne Bohnen?
Mallwitz: Das auch. Aber neben den grünen Bohnen noch eine anständige Ladung Clostridium botulinum, und zwar vom neuen Typ G.
Hock: Clos… was, bitte?
Mallwitz:… ‘n Toxin, das den Botulismus hervorruft, Lähmung der motorischen Hirnnerven, Seh-, Schluck- und Atemstörungen. Bei diesem neu gebildeten Typ tritt der Tod etwa eine halbe Stunde nach der Mahlzeit ein – das geht ganz schlagartig los. Von hundert Leuten, die diese grünen Bohnen hier gegessen haben, werden nur noch maximal fünf zu retten sein.
Hock: Wo hasten das her?
Mallwitz: Der Grand Wizard hat ‘n Lebensmittelchemiker an der Hand – beziehungsweise in der Hand…
Hock: Warum gibsten mir das? Was soll ich ‘n damit?
Mallwitz: Was du damit sollst – das sollst du deinen Langstrafern nächste Woche ins Essen tun.
Hock: Ich soll… Du hastse wohl nicht mehr alle!
Mallwitz: Wenn unsere Regierung zu schwach ist, die Todesstrafe wieder einzuführen, dann tun wir’s eben! Kommen die her in unser Land, überfallen unsere Banken, rauben unsere Rentnerinnen aus, vergewaltigen unsere Frauen, fixen unsere Jugend an!… Solange sie nach’m Knast sofort abgeschoben werden – okay. Aber jetzt sollen sie ja auch noch hierbleiben und eine neue Chance bekommen. Resozialisierung – wenn ich das schon höre! Kaum sind sie wieder draußen, da haben sie doch
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