Feuer in eisblauen Augen
dass sie nichts für ihn bereitgestellt hatte. Na ja, er könnte sich ja selbst etwas kochen. Aber schneller ging es, wenn er sich eine Pizza bestellte. Gesagt, getan. Mark hatte es sich gerade auf der Couch gemütlich gemacht, biss in die saftige Pizza und trank Bier aus der Dose, als er hörte, wie sich die Tür öffnete. Prima, sie kamen ja viel früher, als sie angekündigt hatten. Der Hund schien schon jetzt einen positiven Einfluss zu haben. Innerlich gratulierte er sich zu seiner Entscheidung, Kitsu ins Haus zu nehmen.
Genussvoll biss er noch einmal in die Pizza, als Annie hereingehumpelt kam, gefolgt von Emily mit Kitsu an der Leine. Wie sah Annie nur aus? Ihr schöner Schlapphut und die Sonnenbrille waren weg. Ihre aufregend knappen roten Shorts waren mit Grasflecken übersät. Ihr hübsches enges Top hing voll mit Blättern, und lange Fäden waren herausgezogen. Ein Knie schien verletzt, denn es blutete ein wenig, und sie hatte nur noch eine Sandale am Fuß.
“Na, wie ging es denn heute?”, fragte Mark. Er war zufrieden mit sich und der Welt.
Annie ließ sich stöhnend in einen Sessel fallen und schwieg.
“Es war nicht Kitsus Schuld”, jammerte Emily.
Du liebe Güte! Ihm wurde ganz flau im Magen. Er brauchte Annie nur anzusehen, um zu ahnen, dass sie ihm die Schuld an dem, was passiert war, gab. Er schloss die Pizzaschachtel und stellte die Bierdose auf den Tisch. “Ja, was ist denn passiert?”
“Kitsu war erst ganz artig”, begann Emily. “Bis er ein Eichhörnchen entdeckte. Da drehte er total durch.”
“Habt ihr ihm denn nicht ‘Bei Fuß!’ befohlen? Auf das Kommando gehorcht er doch sofort.”
“Tausend Mal haben wir ihm das befohlen”, erzählte Emily. “Aber er gehorchte nicht.”
“Er reagierte auf kein einziges Kommando” fügte Annie hinzu. “Ich habe immer wieder alles geschrien, was ich wusste. Es nützte nichts. Er rannte wie angeschossen los. Ich hatte vorsichtshalber die Leine um mein Handgelenk geschlungen, während wir die Sachen auspackten, damit er uns nicht weglaufen konnte. Da zog er mich plötzlich so schnell hinter sich her, dass ich ihm kaum folgen konnte. Er rannte zwischen den Menschen durch, jagte über einen Spielplatz, erschreckte die Kinder und rannte wie besessen hinter einem Eichhörnchen her, das er entdeckt hatte.
Das durfte doch nicht wahr sein! Mark bekam ein ganz schlechtes Gewissen. Er hatte zu hastig reagiert und den Hund genommen, ohne sich vorher gründlich genug zu informieren. Der Hund war ja völlig nutzlos, er hatte Annie von Emily weggerissen, sodass seine Nichte allein und schutzlos zurückgeblieben war.
“Emily, würdest du bitte für einen Moment das Zimmer verlassen? Ich muss mit Annie reden.”
Emily bekam es mit der Angst zu tun. Ihr Onkel sah so ernst aus. Sie ahnte Schlimmes. “Onkel Mark, du wirst doch Kitsu nichts tun?”, fragte Emily ängstlich. “Ich füttere ihn jetzt, ist das okay?”
“Ja, tu das, Emily”, antwortete Mark. Als das Kind gegangen war, sagte Mark zu Annie: “Der Hund muss weg. Morgen früh bringe ich ihn zurück. Er ist ja völlig nutzlos.”
Annie, die damit beschäftigt war, sich die Dornen aus der Fußsohle zu ziehen, sah hoch. Sie zog es vor, auf seine Ankündigung nichts zu erwidern. Stattdessen verkündete sie: “Ich brauche dringend ein Bad.” Nach einer Pause fuhr sie fort: “Übrigens wissen wir jetzt endlich, warum Kitsu für den Polizeidienst unbrauchbar war.”
Als Emily wieder hereinkam, schaute sie ängstlich von einem zum anderen. Sie spürte die angespannte Stimmung und fürchtete Schreckliches. Nur Kitsu schien nichts davon zu merken. Er hatte einen aufregenden und abwechslungsreichen Nachmittag hinter sich. Er sah Mark mit seinen schönen intelligenten Augen an und ließ sich zufrieden zu seinen Füßen nieder. Dann legte er den Kopf auf die Pfoten und schlief auf der Stelle ein.
“Onkel Mark, was ist? Du wirst doch Kitsu nicht …”
“Emily, ich werde den Hund morgen zurückbringen. Er ist völlig nutzlos, es muss sein.”
“Nein, Onkel Mark, bitte! Du hast gesagt, wir dürfen ihn behalten. Du hast dein Wort gegeben!”, stieß Emily hervor, und die Tränen strömten über ihr Gesicht. Aufschluchzend warf sie sich Annie in die Arme.
Seine Nichte so traurig zu sehen, zerriss Mark fast das Herz. Seine Nichte war so tapfer gewesen, als seine Eltern beide gestorben waren. “Bitte versteh mich doch”, erwiderte er betroffen.
Was sollte er nur tun? Annie sah ihn über
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