Feuer in eisblauen Augen
Eichhörnchen schimpfte laut und schrill und begann, Nüsse und Tannenzapfen hinunterzuwerfen. Auch Annie bekam davon einen Teil ab.
“Das fehlt noch, du undankbares Geschöpf. Erst rette ich dir das Leben, und zum Dank bewirfst du mich mit Nüssen und Zapfen”, schimpfte sie.
Sie war das Theater leid und ließ die Hundeleine einfach los. Kitsu war inzwischen völlig außer sich und rannte immerzu im Kreis um den Baum herum und wickelte dabei seine Leine auf. Er erwürgte sich fast, wenn er hochsprang, hörte aber nicht auf, sich so abartig zu benehmen. So, jetzt ist Schluss. Ich gehe, entschied Annie. Sollte Mark doch seinen verrückten Hund selbst wieder einfangen. Sie drehte sich um, als sie Emily sah. Sie kam mit wehenden Haaren angerannt. Trotz ihrer Schmerzen musste Annie lächeln. Die Kleine war wirklich mutig.
Emily atmete heftig, als sie bei Annie angekommen war, und ließ sich völlig erschöpft in deren Arme fallen. Erschrocken sah sie, wie verrückt Kitsu sich benahm. “Was ist denn nur mit dem Hund los?”, fragte sie Annie entsetzt.
“Ich weiß es auch nicht. Komm, lass uns gehen. Das Tier ist hoffnungslos verrückt. Wir rufen Mark an, der soll es holen kommen.”
“Wir können Kitsu doch nicht einfach zurücklassen, es könnte ihm doch etwas zustoßen”, jammerte Emily. “Er wird ganz bestimmt bald müde werden. Lass uns doch ein wenig hinsetzen und abwarten. Bitte sag Ja, Annie.”
“Na, meinetwegen, einen Versuch ist es ja wert. Übrigens kann ich eine Pause jetzt auch sehr gut gebrauchen.” Annie ließ sich erschöpft auf die Wiese sinken.
Emily hielt die Tüte Bonbons in der Hand, damit war sie losgerannt. “Möchtest du ein Bonbon, Annie?”
“Ja, gern.” Annie begann ihr Bonbon langsam auszuwickeln. Als der Hund das Knistern des Papiers hörte, stellte er die Ohren auf, unterbrach sein heftiges Bellen und sah Emily erwartungsvoll an.
“Annie, sieh doch mal! Meinst du, der Hund mag Schokobonbons?”
“Du kannst es ja mal versuchen”, antwortete Annie.
Emily wickelte ein Bonbon aus und gab es Kitsu, der es ihr vorsichtig aus den Fingern nahm und es mit Genuss verputzte. Dann sah er sie bittend an und wedelte mit dem Schwanz. Für einen Moment schien ihn das Eichhörnchen nicht mehr so sehr zu interessieren. “Annie, können Bonbons dem Hund schaden?”, fragte Emily besorgt.
“Mädchen, ich würde ihm ohne Bedenken Arsen zu fressen geben”, antwortete Annie, die immer noch wütend war.
Sie sah aber aufmerksam zu, wie Emily den Hund mit Bonbons weiter vom Baum weglockte. Vielleicht war das eine Chance, den wild gewordenen Hund wieder mitzunehmen. Annie stand auf und ging jetzt ihrerseits im Kreis um den Baum, um die Hundeleine wieder abzuwickeln. Dann folgte sie Emily und dem Hund, der sich schwanzwedelnd über die Bonbons hermachte, die Emily hinter sich fallen ließ. So erreichten sie tatsächlich ihren Platz mit einem gehorsamen Hund im Schlepptau. Zu Annies Erleichterung waren alle ihre Sachen noch auf der Wolldecke.
Annie hatte für heute genug vom Picknick auf der Wiese. Sie begann, alles wieder einzupacken. Sie fürchtete auch das Auftauchen weiterer Eichhörnchen. Zu ihrer Überraschung fügte Emily sich auch widerspruchslos.
“Reich mir doch mal eine Tüte Orangensaft”, sagte Annie zu Emily, als sie beide sicher angeschnallt im Wagen saßen.
“Onkel Mark erlaubt mir nicht, in seinem neuen Wagen zu essen”, warnte Emily.
“Das ist mir völlig schnuppe. Ich muss sowieso gleich mit ihm reden. Ich werde sogar noch einen Hühnerschenkel in seinem neuen Wagen vertilgen. Bitte reich mir einen. Nimm du dir selbst auch zu essen, Emily.”
Annie verzierte das Lenkrad nicht gerade absichtlich mit Fett, aber sie verhinderte es auch nicht. Sie war wirklich wütend. Ihre Sandale war weg, das hieß, dass sie das Bremspedal barfuß bedienen musste. Normalerweise machte ihr das nichts aus, aber die Fußsohle tat ihr weh, anscheinend hatte sie sich bei der wilden Jagd Splitter in den Fuß getreten.
Mark empfand die Stille im Haus fast als unangenehm. Tatsächlich fühlte er sich ein wenig einsam. Dabei war es für ihn anfangs gar nicht leicht gewesen, sich an Emilys Anwesenheit zu gewöhnen. Aber seit Annie hier eingezogen war, kam er sich manchmal vor wie mitten im Zirkus. Kein Wunder, dass es ihm heute zu still war.
Annie war ja ganz schön ärgerlich auf ihn gewesen. Das hatte er auch gemerkt, als er mittags hungrig den Kühlschrank öffnete und feststellte,
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