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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Hintern hochstreckt, dass es fast wie eine Schildkröte aussieht, die den Rückwärtsgang eingelegt hat. Er hatte gerade den Boden des Grabens erreicht und sich so hingekauert, dass seine Schuhe mit den Fersen über dem Wasser schwebten, als das Scheinwerferlicht über den Graben strich. So weit wie möglich, dass er nicht das Gleichgewicht verlor, zog er den Kopf ein, und doch fraß sich im letzten Moment noch der blendende Strahl des Autoscheinwerfers in seine Augen.
    Es war Feuerschein, den ich sah, aber nicht der Schein, den ich erwartet hatte; es war so hell, dass ich einen Herzschlag lang nur wirr tanzende Farbflecken vor meinen Augen sah, ein bösartiges, schon im Ersticken begriffenes Aufflackern, ein verzehrendes, verschlingendes Wüten, das die Gebäude im Tal ergriffen hatte, das lang gestreckte, fensterlose Haus, in dem die Sippe wohnte, die Gebäude, die wir im Sommer für die fertig gestellt hatten, die der Ruf des machtvollen Schmiedeordens angelockt hatte; es war vielleicht sogar die Schmiede selbst.
    Der Scheinwerferstrahl des Wagens strich weiter, und Wills Blick klärte sich wieder.
    Georg konnte mit ihm zufrieden sein. Er war zwar halb erfroren und so verwirrt, dass er zitternd und bebend in einem stinkenden Graben hockend von den Visionen eines verschneiten und von einer Brandkatastrophe heimgesuchten Tals geplagt wurde, aber er hatte die Begegnung mit einem Autofahrer vermieden, der wahrscheinlich sowieso nur den Rückwärtsgang eingelegt und mit aufheulendem Motor zur Autobahn zurückgesetzt hätte, wenn er die halbnackte Gestalt in dieser ansonsten menschenleeren Gegend vor sich hätte auftauchen sehen. Zumindest glaubte er das, als er das Motorengeräusch näher kommen hörte – seiner Einschätzung nach ein schmalbrüstiger Polo, der wahrscheinlich nicht älter als zehn, sondern eher zwanzig Jahre war –, und das Licht war nicht mehr auf den Graben gerichtet, sondern auf die gerade Strecke, die sich hinter der Kurve auftat. Als der Wagen schon fast heran war, hörte er, wie Gas weggenommen wurde, und dann quietschte es schrill und laut, abgefahrene Bremsbeläge auf rostigen Bremstrommeln.
    Will zuckte zusammen. Das Funkgerät! Er hatte es auf den Straßengraben gelegt, natürlich nicht auf die gerissenen Betonplatten selbst. Aber vielleicht hatte der Autofahrer es ja gesehen und hielt es wie Will im ersten Moment für ein Handy; und wenn er Pech hatte, dann wollte er sich das Gerät einmal näher ansehen in der Hoffnung, dass es sich noch gebrauchen ließ. Der Wagen kam direkt neben ihm zum Stillstand. Die Türscharniere quietschten fast noch schlimmer als die Bremsen, und dann hörte er, wie die Handbremse angezogen wurde, ein recht lautes Raaaatsch – und dann gar nichts mehr.
    Will schob sich langsam und vorsichtig nach oben. Das Funkgerät war seine einzige Verbindung zu Georg, und so etwas wie die Nabelschnur, die ihn mit Duffy verband. Wie hatte er nur so blöd sein können, das Gerät oben liegen zu lassen?
    Seine rechte Hand fuhr zur Hosentasche, in die er den Elektroschocker hineingedrückt hatte. Er bekam kaum die Finger in die Tasche, sie waren steif und gefühllos vor Kälte und der Griff der Waffe so klobig, dass er ihn kaum umfassen konnte. Seine Fingerkuppen glitten über den angerauten Kunststoff, doch er konnte nicht kräftig genug zupacken.
    Das Schwert in meiner Hand zitterte, so geschwächt war ich von dem Gewaltmarsch, der mich wieder zurück ins Tal gebracht hatte, und ich musste fürchten, dass es mir entglitt, noch bevor ich den schmalen Pfad hinab ins Dorf hetzte. In mir war kein klarer Gedanke mehr. Das Feuer dort unter mir hatte nichts Anheimelndes, Wärmespendendes; es war kalt, fast bläulich, es war losgelassener, atemraubender Zorn, entfesselte Wut eines tobendes Gottes, und ich musste fürchten, dass es mich verschlingen würde, wenn ich es tatsächlich wagte, dort hinabzueilen. Und doch gab es kein Zögern, kein Zaudern in mir; ich musste wissen, was mit meinen Gesellen, mit den Dorfbewohnern, den Pilgern geschehen war – und mit meiner geliebten Ida.
    Wieder quietschte etwas, leiser diesmal, und dann hörte er laut und deutlich, wie ein Fuß auf den rissigen Betonbelag gesetzt wurde. Es war zum Verrücktwerden. Ohne das Funkgerät hatte er keine Chance mehr, Kontakt mit Duffy aufzunehmen. Georg hatte ihm zwar ein Lebenszeichen versprochen, aber wenn der Funkkontakt abriss, nur weil irgendein Idiot das Funkgerät mitgehen ließ, würde er sein Versprechen

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