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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sah. Ohne dass es irgendeinen Grund dafür gegeben hätte, hatte er plötzlich das ungute Gefühl, dass sie es tatsächlich konnte.
    »Also gut«, sagte Duffy schließlich. »Ich vertraue dir. Aber mach keinen Fehler.«
    »Bestimmt nicht«, versprach er. »Welche Konfektionsgröße hast du?«
    »Keine Ahnung«, antwortete Duffy. »Warum?«
    »Weil Keine Ahnung zufällig nicht meine Größe ist«, antwortete Will, »und sich in meinem Kleiderschrank nichts Passendes für dich finden wird. Es sei denn, du möchtest meine Anzüge tragen und dir einbilden, darin nicht aufzufallen.« Er machte eine Kopfbewegung zur Tür hin. »Zwei Straßen weiter ist ein Secondhand-Laden. Ich denke, da wird sich was für dich finden. Hast du irgendwelche Vorlieben – außer für rosafarbene Nachthemden?«

Kapitel 6
    Der Secondhand-Laden war nur eine Straße entfernt, nicht zwei, wie er behauptet hatte, was ihm an diesem Morgen besonders übel aufstieß, denn schon bei den ersten Schritten in Richtung der Einkaufsstraße hatte die Stelle oberhalb seines Knöchels zu pochen begonnen, die sich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gerührt hatte, und dann war aus dem unangenehmen ein schmerzhaftes Gefühl geworden, das ihm immer mehr zu schaffen gemacht hatte, bis er wieder wie in schlimmen alten Zeiten zu humpeln begonnen hatte. Zudem erwies sich auch noch der Secondhand-Laden als durchaus dieses verkorksten Tages würdig. Will hatte ihn nie betreten und ihm bisher auch stets nur im Vorbeigehen einen allerhöchstens flüchtigen Blick zugeworfen, und er musste auch diesmal nicht hineingehen, um zu begreifen, dass er dort nicht fündig werden würde. Es war zwar ein Secondhand-Laden, der sich aber ganz offensichtlich auf Kleinkinder spezialisiert hatte und vom Strampler bis zum Buggy alles bot, was das Herz einer jungen (und finanzschwachen) Mutter höher schlagen ließ, in dem sich aber kaum etwas für eine Duffy finden würde. Nur fünf Minuten zu Fuß entfernt, gab es jedoch ein Kaufhaus, in dem er sicher etwas Passendes auftreiben würde. Er würde deutlich länger brauchen, als er Duffy versprochen hatte, aber er baute darauf, dass ihm schon eine passende Ausrede einfallen würde.
    Als Will diesen Gedanken zu Ende gedacht hatte, blieb er mitten im Schritt stehen und hätte sich am liebsten mit der flachen Hand vor die Stirn geschlagen. War er eigentlich verrückt, sich ernsthafte Gedanken darüber zu machen, wie er sich vor einem Kind rechtfertigen sollte? Das Einzige, worüber er sich dringend Gedanken machen musste, war er selbst. Irgendwie hatte er seit dem vergangenen Abend keinen vernünftigen Gedanken mehr zustande gebracht, und die Zeit heilte in diesem speziellen Fall nicht alle Wunden, denn es wurde eher schlimmer statt besser. Gut, er war in einer ziemlich unangenehmen Situation, aber sie war nur unangenehm, nicht verzweifelt, und wenn er sich nur dazu bringen konnte, länger als fünf Sekunden logisch nachzudenken, würde ihm schon eine Lösung einfallen. Im Grunde lag die Lösung sogar klar auf der Hand; er hatte nur noch nicht den Mut gehabt, sie zu sehen. Reimann und Falkenberg waren ihm so oder so schon auf der Spur, und so bitter die Erkenntnis auch war: Sein eigener dummer Fehler gestern Abend hatte dafür gesorgt, dass sie ihn über kurz oder lang mit einem Wagen in Verbindung bringen würden, der ihm nicht gehörte. Und mit ziemlicher Sicherheit würden sie auch den Rest herausbekommen. Je länger er zögerte, Reimann anzurufen und ihm seinen ungebetenen Logierbesuch zu präsentieren, desto schlimmer würde er es nur machen.
    Aber von dem Begreifen einer Lösung zu deren Umsetzung in die Tat war es ein weiter Weg. Und vor allem ein Weg, der verdammt viel Mut erforderte. Er würde sich dieser Entscheidung stellen, aber noch nicht jetzt. Später, wenn er seine Einkäufe erledigt hatte und sich auf dem Rückweg befand, war immer noch Zeit dazu.
    Das Kaufhaus hatte noch geschlossen, aber hinter den großen Glastüren brannte bereits Licht, und er konnte hier und da Bewegung ausmachen. Ein Messingschildchen neben der Tür informierte ihn darüber, dass er sich nur noch gute zehn Minuten gedulden musste – deutlich weniger als die Zeit, die er für den Hin- und Rückweg zu seiner Wohnung brauchen würde, ganz davon abgesehen, dass er den Weg dann zweimal zurücklegen müsste. Will hasste es, zu Fuß zu gehen. So geduldete er sich, auch wenn er sich reichlich albern dabei vorkam, wie eine Hausfrau bei Beginn des

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