Feuer / Thriller
Sie streckte den Arm aus und nahm seine Hand. Er drückte ihre fest, und sie erkannte, dass auch er sie brauchte. Sie hatte ihn, genau wie ihre anderen Freunde, in den vergangenen Monaten immer von sich gestoßen. »Ich muss telefonieren und Bescheid geben, dass mir nichts passiert ist.«
Mittwoch, 22. September, 2.20 Uhr
David entfernte sich von den Trümmern. Er war so müde, dass er kaum noch gehen konnte. Die verschiedenen Feuerwachen hatten in Zusammenarbeit alle Leute hinausgeschafft. Hofften sie zumindest. David mochte sich nicht vorstellen, dass noch jemand in einem der Häuser war. Im Großen und Ganzen hatten sie den Brand gelöscht, aber hier und da schwelte es noch immer, und das würde die nächsten Stunden auch so bleiben.
Der Mann, den er zuerst herausgeholt hatte, war ins Krankenhaus gebracht worden, aber es hatte vier Todesfälle gegeben: Eine ältere Frau und ein Kind mit Asthma, die beide an Rauchvergiftung gestorben waren, und zwei Personen, die in einem der explodierten Häuser gewesen waren. Über das zweite explodierte Haus hatte er nichts erfahren.
Verletzte hatte es Dutzende gegeben. Von ihren Leuten hatte es Jeff am schlimmsten getroffen. David hatte noch immer nichts über den Zustand seines Partners erfahren, und er versuchte mit aller Macht, sich keine Sorgen zu machen.
Und nicht den Zorn Oberhand gewinnen zu lassen. Diese Schweine. Warum? Was versprachen sie sich davon? Wie viele Leben waren heute vernichtet worden?
Und wofür?
»Alles okay, Dave?«
Ihr Wachkoordinator schüttelte eine Flasche. In der anderen Hand hielt er eine leere Tüte Elektrolytmischung. Er reichte David die Flasche, und der nahm sie entgegen, leerte sie mit wenigen Schlucken und hielt sie dem anderen für Nachschub hin.
»Nur unendlich müde. Schon was von Zell gehört?«
»Noch nicht. Das Rote Kreuz ist da drüben. Geh rüber und ruh dich aus.«
Er nickte, stieß sich vom Truck ab und trottete auf den abgeteilten Bereich zu. Gedanken an Olivia gingen ihm durch den Kopf, und er ließ sie zu, ließ sie die Wut vertreiben, das Elend und die Vernichtung um ihn herum. Er dachte an ihren warmen, weichen Körper in seinem Bett. Vielleicht konnte er zu ihr zurückkehren, bevor sie zur Arbeit musste. Er brauchte sie, brauchte nach einer Nacht wie dieser ihre Umarmung.
Der Sex … Er sog scharf die Luft ein. War unvergesslich gewesen.
Und du hättest das schon seit zweieinhalb Jahren haben können, wenn du nicht ein solcher Idiot gewesen wärst.
Er stieß einen Seufzer aus. Er hätte so viel mehr als das haben können. Nämlich sie. Ganz und gar. In seinen Armen. In seinem Haus. Jemand, der Zuhause bedeutete.
Jemand, der zu mir gehört.
Seine Füße kamen zum Stillstand, als er Barlow und Captain Casey sah, die etwas abseits standen und ins Gespräch vertieft waren. Selbst aus der Entfernung konnte er ihre Anspannung spüren. Aber da war noch mehr. Barlow wirkte, als habe er einen schlimmen Hieb einstecken müssen.
Die beiden sahen auf, entdeckten ihn und tauschten einen Blick aus. In Davids Innerem breitete sich ein ungutes Gefühl aus. »Was ist passiert?«, fragte er. »Leute, sagt es mir. Was ist mit Zell?«
Casey sah plötzlich aus, als sei er um Jahre gealtert. »Ich weiß es nicht. Wir warten noch auf Nachricht. David, es hat eine Schießerei gegeben. An der Gehörlosenschule.«
Das ungute Gefühl gefror zu Eis.
O Gott, bitte nicht. Bitte nicht sie.
»Um wen geht es?«
»Kane«, sagte Barlow ruhig. »Er ist tot.«
David spürte, wie seine Knie nachgeben wollten. »O nein. Was ist passiert?«
»Sie hatten doch die Hörhilfe in den Trümmern des Neubaus entdeckt. Olivia und Kane hatten in der Gehörlosenschule nach einem Augenzeugen gesucht. Sie waren auf einen Jungen gestoßen, der offenbar etwas wusste. Und heute Nacht hat jemand versucht, diesen Jungen zu entführen.«
»Das heißt, die Bombendrohung war nur vorgeschoben?«
Barlow nickte. »Die Polizei hat alles durchsucht, aber nichts gefunden, doch die Kinder mussten natürlich evakuiert werden. Kane kam gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie der Junge, mit dem sie gesprochen hatten, in einen Van geschubst wurde. Er hat ihn befreit, aber im anschließenden Handgemenge …« Seine Stimme verebbte. »Arme Liv.«
David kämpfte die Angst nieder. »War sie dabei?«
»Nein. Sie kam zehn Minuten später. Da war Kane bereits tot.«
Trauer überfiel ihn, obwohl die Erleichterung ihn noch schüttelte, da sie nicht in Gefahr gewesen war. Kane war
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