Feuer / Thriller
sich niemand anschleichen konnte.
Er hatte sich so gut abgesichert, wie es unter den gegebenen Umständen möglich war.
Er hielt den Atem an, obwohl sein Bauchgefühl ihm schon sagte, was geschehen würde. Die Bücherei war gut eine Meile von der Schule entfernt. Wenn Kenny um halb eins hier sein wollte, musste er die letzten zehn Minuten der Englisch-Stunde schwänzen. Und die alte McMann ließ niemanden auch nur aufs Klo gehen – niemals. Die Chancen, dass Kenny hier auftauchte, gingen also gegen null.
Ein weißer Van hielt auf dem Parkplatz, und ein Mann stieg aus und ging am Wagen seiner Mutter vorbei. Austins Blut gefror zu Eis, als er in das Gesicht des Mannes starrte, der den Wachmann erschossen und das Feuer gelegt hatte, in dem Tracey umgekommen war. Beim Gehen schob sich seine Jacke zur Seite, und Austin erkannte schimmerndes Metall. Der Kerl hatte eine Pistole. Die Pistole, mit der er den Wachmann erschossen hatte.
Der Mann sah sich um. Sein Gesicht war rot vor Wut. Wieder setzte er sich in Bewegung.
In meine Richtung. Er kommt her. O Gott. Was soll ich tun?
Hau ab!
Aber er befand sich in einer Sackgasse und hatte nur ein stumpfes Messer in der Tasche.
Beweg dich nicht. Beweg dich bloß nicht!
Plötzlich blieb der Mann stehen, stieg wieder in seinen Wagen und fuhr davon.
Austin sank gegen die Mauer. Er zitterte am ganzen Körper. Wieso war der Mann gegangen? Er musste zu den Cops. Aber er hatte Angst, sich zu bewegen. Angst zu atmen. Angst, dass der Mann an der nächsten Ecke darauf lauerte, dass er herauskam.
Mit bebenden Händen holte er sein Handy heraus und suchte die SMS von Captain Bruce Abbott.
Ich bin Austin,
tippte er.
Ich brauche Hilfe.
Dann schickte er die Nachricht ab.
Sekunden später die Antwort.
Wo bist du?
Er zögerte. Doch die Bullen würden ihn wenigstens nicht erschießen.
Bücherei in der Nähe der Schule.
In zwei Minuten ist ein Officer da. Bitte geh nicht weg.
Zwei Minuten waren lang. Der Mann würde zurückkommen, wie ihm plötzlich klarwurde. Er hatte irgendwo den Van abgestellt und kam nun zu Fuß zurück. Hastig suchte er die SMS des falschen Kenny und schrieb:
Cops sind gekommen. Musste abhauen. Verstecke mich hinter Swindoll’s.
Swindoll’s war ein italienisches Eiscafé sechs Blocks von hier.
Bitte komm schnell. Hab Angst.
Einen Moment später hatte er auch von dem Mann mit der Waffe eine Antwort.
Okay. Bleib da.
Dann rannten zwei Männer in dunklen Anzügen vorbei. Einer hielt ein Funkgerät in der Hand. Cops. Sie hatten den anderen verscheucht. Mit Beinen wie Gummi trat Austin ins helle Sonnenlicht.
»Hilfe«, rief er und hoffte, dass sie ihn verstehen würden. Die beiden Männer wirbelten herum und kamen im Laufschritt zu ihm zurück. Austin duckte sich hinter einem fremden Wagen, damit man ihn von der Straße nicht sehen konnte. »Er kommt«, gebärdete er und versuchte gleichzeitig, die Wörter auszusprechen, aber sein Herz schlug so fest, dass seine Zunge nicht richtig funktionieren wollte. »Er wird mich sehen. Weißer Van.«
Einer der Männer stob davon, der andere nickte ihm zu, bevor er den Blick hob, um die Straße zu überblicken. Sie hatten verstanden. Eine Minute später hielt ein großer dunkler Wagen neben ihnen, und man schob ihn auf den Rücksitz. Er spähte über die Lehne und sah einen Streifenwagen mit Blaulicht halten. Die Männer in den Anzügen sprachen mit den Uniformierten.
»Hey«, rief Austin und tat, als würde er schreiben. Der eine gab ihm Block und Papier.
Er war hier,
schrieb er hastig.
Hat Sie gesehen und ist verschwunden. Hab ihm gesimst, dass ich zu Swindoll’s abgehauen bin.
Er reichte dem Mann den Zettel und zeigte in die Richtung.
Der Mann im Anzug bedeutete ihm, sich wieder auf dem Rücksitz zu ducken, und sprach dann mit den anderen, bevor er sich gegen den Wagen lehnte und eine Antwort schrieb.
Warum hast du ihn hier treffen wollen?
Austin seufzte.
Er hat behauptet, er sei mein Freund Kenny,
schrieb er.
Und gesagt, dass Sie mich verhaften wollen. Wusste nicht, wem ich trauen konnte. Dachte, ich bitte ihn her, schau ihn mir an, aber es war nicht Kenny. Sondern der Typ, der den Wachmann erschossen hat.
Müde reichte er den Zettel zurück.
Der Mann im Anzug telefonierte mit dem Handy, dann sprach er etwas ins Funkgerät. Schließlich schrieb er sehr lange auf den Notizblock und gab ihn dann Austin.
Ich bin Detective Phelps. Du bist in Sicherheit. Halte den Kopf unten. Wir glauben, dass der Mann den Polizeifunk
Weitere Kostenlose Bücher