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Feuer um Mitternacht

Feuer um Mitternacht

Titel: Feuer um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boy Lornsen
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schreckhaft in dieser langen Nacht. Der Alte wühlte seinen Kopf in meine Armbeuge hinein und begann kläglich vor sich hin zu miauen. Ich rutschte etwas die Wallschräge hinab, tippte ihm sanft auf die Nase. Still! Um den Kater tat es mir leid. Er hatte sein warmes Zuhause verloren. Ob ich ihn mitnahm, zu mir nahm? Nein, besser nicht. Katzen gewöhnen sich nicht an ein anderes Haus, sagt man. Sie werden unglücklich, tückisch und falsch, streunen herum, bis man sie eines Tages kalt und steif in einem Winkel findet.
    Tut mir leid, dachte ich, du mußt sehen, wie du zurechtkommst, Alter.
    Peter Sönderup war noch nicht aufgetaucht. Ich wollte nicht länger auf ihn warten.

    Er erwischte mich, als ich gerade Hageldorns Nordpforte hinter mir zurückschwingen ließ. Eine schwere Baggerschaufel legte sich auf meine Schulter, hielt mich an.
    „ Stop , Markus“, sagte Jumbo leise.
    Es war mein Versehen. Ich hätte vorsichtiger sein müssen. Ich hätte mich umschauen und absichern müssen, wie sonst immer.
    „Warum treibst du dich noch hier herum?“
    „Hier treiben sich mehr Zuschauer herum“, antwortete ich patzig.
    „Ja, aber die sind erwachsen“, sagte Jumbo ruhig. „Ab nach Hause.“ Und nach einer kleinen Pause: „Ich komme mit. Ich möchte noch mit dir reden, Markus.“
    Dagegen konnte ich nichts einwenden; er hatte mich erwischt. War er auf mich aufmerksam geworden, als ich ganz nach vorn kroch oder später, als der Kater zu mir kam?
    Aber Jumbo redete nicht mit mir, jedenfalls nicht sofort. Er schaute sich nach hinten um und schob mich dann am dunklen Steinwall entlang, wobei er mich mit seinem breiten Rücken verdeckte. Am Ende des Museumswalles bogen wir nach rechts ab: Er steuerte auf das Kliff zu.
    Er legte den Arm um mich, ganz freundschaftlich. Aber der leichte Druck seiner Hand auf meiner rechten Schulter sollte mich bestimmt erinnern: Nicht auskneifen, Freundchen! So stapften wir wortlos am Kliffabhang entlang. Niemand begegnete uns. Hatte er darum den Kliffweg gewählt?
    Jumbo setzte ein paarmal zum Sprechen an, doch es blieb bei einem Räuspern. Konnte er nicht den rechten Anfang finden? Was Sylvie wohl sagen würde, wenn sie uns beide jetzt sehen könnte!
    Was hatte er vor? Wollte er mich wie ein Postpaket bei meiner Mutter abgeben? Nach Mitternacht? Mutter schlief und war nicht so leicht wachzukriegen. Bei Tante Lene durfte er mich gern abgeben. Ich konnte mir vorstellen, daß sie hinter dem verdunkelten Fenster nach mir Ausschau hielt. Tante Lene würde keine Miene verziehen, wenn ich mit einer Polizeieskorte auftauchte. Sie würde auch keine
    Fragen stellen, sondern mich in das Gästezimmer stecken, das immer aufgebettet bereitstand. Und Jumbo bekäme einen Schnaps...
    Kurz bevor wir bei Bäcker Franzen um die Ecke biegen mußten, hielt er an und drehte mich wie auf einem Zapfen zu sich herum. Massig und hoch wie unser Kirchturm stand er vor mir.
    „Markus“, sagte Jumbo. „Markus, dieser Sönderup -Brand ist eine fürchterliche Katastrophe. Ich hoffe nur, daß nicht Brandstiftung die Ursache war. Man wird einen Kriminalbeamten ins Dorf schicken, der einen Schuldigen suchen muß. Er wird ganz Tarrafal umkrempeln und nicht ruhen, bis er ihn gefunden hat. Und ich, verflucht, ich muß ihm dabei helfen. Mich wird er befragen und dich auch, Markus.“
    Ich sagte nichts. Wollte Jumbo hintenherum andeuten, daß er mich — daß ich dieser Brandstifter war? Jumbo Tackert war trotz allem gut auf mich zu sprechen — seit etwas über einem Jahr war er mir sogar besonders gewogen. Das war vielen Leuten in Tarrafal bekannt.
    Er bewegte das Kinn, als kaute er auf etwas herum. Was wollte er noch von mir? Ich war müde, sehnte mich nach dem Bett.
    Jumbo schaute auf mich herab, und als er den Mund öffnete, tropften die Worte langsam von oben.
    „Es ist noch ein Unglück dazugekommen. Weißt du davon?
    „Ich weiß gar nichts“, sagte ich.
    „Peter Sönderup ist tot. Er hat sich nicht rechtzeitig retten können.“
    „Tot...?“ Ich würgte dieses eine Wort, diese drei Buchstaben mühsam wie einen Pfropfen heraus. Er konnte sich nicht retten... Aber ich hatte doch den Stein durch das Fenster geworfen, hatte noch gesehen, wie in Sönderups Schlafstube das Licht anging!
    „Ja, tot“, wiederholte Jumbo Tackert leise.
    Ich drehte mich um. Ich wollte nach Hause, schnell. In mein Zimmer. Nein, zu Tante Lene. Peter Sönderup war tot... Jumbo hielt mich noch einmal zurück.
    „Markus, wenn du etwas

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