Feuer und Eis
für Teenager“, meinte Karin sanft. „Sie rütteln an den Grenzen, rebellieren gegen alles und jeden.“
Warum fand sie immer die richtigen Worte, durch die es ihm gleich viel besser ging? Noch nie hatte er sich einem anderen Menschen so geöffnet … und er war sich nicht sicher, ob ihm das Ergebnis gefiel.
„Was ist mit dir?“, fragte Xante. „Wie warst du als Teenager?“
„Ich weiß nicht …“ Trotz der kühlen Luft so hoch in den Bergen, war Karin warm. Sie griff nach der Wasserflasche und trank einen Schluck, auf den sie eigentlich gar keine Lust hatte. „Ruhig, würde ich sagen. Ziemlich langweilig.“
„Keine Dramen?“
Sie schüttelte knapp den Kopf. „Ich war zu beschäftigt mit der Schule, um Dramen zu produzieren.“
„Hast du studiert?“
„Nein.“ Sie spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. Zwar hatte sie die besten Schulen besucht, alle Möglichkeiten schienen ihr offen zu stehen. Und doch hatte sie es nur zu einer festen Mitarbeiterin in der Bibliothek gebracht, in der sie auch während der Ferien gejobbt hatte. „Meine Abschlusszensuren waren nicht so gut.“
„Und wenn sie es gewesen wären?“, drängte er. „Wenn du alles sein könntest, was du willst …?“
Warum trieben seine Worte ihr die Tränen in die Augen? Weil sie sich diese Frage nie selbst gestellt hatte … nicht ein einziges Mal in all den Jahren hatte sie sich den Luxus erlaubt, überhaupt von einer Zukunft zu träumen, die ganz allein ihr gehörte.
„Ich bin glücklich mit dem, was ich habe“, erwiderte sie stattdessen. Aber selbst sie hörte die Lüge in ihrer Stimme.
„Und dein Freund, der Offizier?“ Xante bemerkte, wie sie sich versteifte. „Was ist mit dem passiert?“
„Was ist mit dir und Athena passiert?“, schoss sie in der Annahme zurück, die Frage würde ihn zum Schweigen bringen. Doch nach ein paar Sekunden setzte er zögernd zu einer Antwort an.
„Ich habe herausgefunden, dass diese hübsche Frau, die sich angeblich all die Jahre nach mir verzehrt hat, in Wirklichkeit hinterlistig und manipulativ ist. Sie war nur auf mein Geld aus. Wir waren ja ein Paar, als ich noch ein armer Fischerjunge war. Doch schon damals wollte Athena mehr vom Leben. Sie ist durch Europa gereist, und wir haben uns jahrelang nicht gesehen. Ich konnte meine ersten geschäftlichen Erfolge vorweisen. Wie gesagt, ich habe die Fischereigesellschaft gekauft. Allerdings habe ich nie verraten, wie gut es mir finanziell wirklich ging. Eines Tages kehrte Athena von einer ihrer Reisen auf die Insel zurück. Sie sagte, wie sehr sie sich freue mich zu sehen und dass sie mich vermisst hätte. Sie wusste nicht einmal, dass ich die Gesellschaft gekauft, geschweige denn, wie weit ich die Expansion vorangetrieben hatte … zumindest ließ sie mich das glauben.“ Er schaute Karin in die Augen. „Eine Woche vor der Hochzeit habe ich die Wahrheit erfahren. Von Anfang an hat sie meine Erfolge ganz genau beobachtet.“
„Wie hast du es herausgefunden?“
„Es gibt eine Freundin, der Athena alles anvertraut hat. Seit Jahren hat sie ihr von ihren Absichten erzählt, mich zu heiraten und ein sorgenfreies Leben im Luxus zu führen. Eine Woche vor der Hochzeit hat jene Freundin aus Eifersucht mir alle E-Mails von Athena weitergeleitet.“
„Weiß deine Familie darüber Bescheid?“
Xante schüttelte den Kopf.
„Warum nicht?“
„Weil …“ Gereizt zuckte er die Schultern. „Das ist schwer zu erklären. Ich habe Athena die Jungfräulichkeit genommen. Wir waren ein Paar, wir waren verlobt, wir haben Ringe getauscht. An ihr wird immer ein Stigma haften. Für mich war es einfacher. Sobald ich ihren Verrat entdeckt hatte, wollte ich keinen Tag länger auf der Insel bleiben.“
„Und jetzt?“
„Jetzt überkommt sie in manchen Nächten die Rührseligkeit. Sie ruft mich an und versucht das zurückzuholen, was wir doch nie hatten. Ich weise sie jedes Mal ab.“ In seinem Blick lag eine so ungekünstelte Aufrichtigkeit, dass Karin ihm glaubte. „Wir haben uns schon vor langer Zeit getrennt, Athena hat das nur noch nicht begriffen.“
„Und deshalb bin ich hier?“
Das war nur einer der Gründe, rief Xante sich ins Gedächtnis. Aber warum erzählte er ihr das eigentlich alles? Warum sprach er mit ihr über Dinge, über die niemand sonst etwas wusste? Warum berührte ihn diese Frau so? „Also, was ist mit dir?“, wich er aus. „Was ist mit dir und deinem attraktiven Offizier passiert?“
Einen Moment dachte
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