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Feuer und Eis

Feuer und Eis

Titel: Feuer und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol Marinelli
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war.
    Der Winter in Griechenland war so mild, dass er für einen englischen Sommer durchging. Schließlich verließen sie die geteerte Straße und bogen in einen schmalen Pfad ein. Um sich halbwegs festzuhalten, blieb Karin keine andere Wahl, als ihre Arme um Xantes Bauch zu schlingen. Das Moped holperte über den unebenen Weg. Ihre Wange berührte seinen Rücken. Sich an ihn zu schmiegen, seinen warmen Duft einzuatmen, fühlte sich in diesem Moment absolut richtig an.
    Xante erlebte ein seltsames Déjà-vu, während er sein altes Moped durch den Wald steuerte. Anfangs hielt Karin noch so viel Abstand zu ihm wie möglich. Doch dann rückte sie näher, legte sogar ihre Arme um seine Taille. Sie kamen an all seinen alten Verstecken vorbei, den verborgenen Plätzen, an denen er den Urlauberinnen kleine Abenteuer geschenkt hatte. Ihm war, als würde er seine Vergangenheit noch einmal erleben.
    Doch als Karin sich tatsächlich an ihn kuschelte, endete jedes Déjà-vu. Er empfand keinen Triumph, kein heimliches Grinsen erschien auf seinen Lippen. Seine Kehle fühlte sich wie zugeschnürt an, das Atmen fiel ihm schwer. Was er verspürte, war unendliche Dankbarkeit, dass sie ihn endlich akzeptierte. In seinen Lenden flackerte kein Feuer auf – er war nur beseelt von dem Wunsch, den Augenblick so lange wie möglich auszudehnen. Xante wusste nicht, wohin er fuhr. Er kannte die Berge wie seine Westentasche, aber wohin diese Reise führte, vermochte er nicht zu sagen.
    Schließlich steuerte er ein kleines Wäldchen an und breitete die Decke auf einer Lichtung aus. Umgeben von Bäumen aßen sie den Lunch, den seine Mutter zurechtgemacht hatte. Sein Blick ruhte auf Karin, während er versuchte, ihr rätselhaftes Wesen zu ergründen. Ihr Haar war von der Fahrt zerzaust, ihre Augen wirkten klar und strahlend. Hätte er eine Kamera dabei gehabt, dieses Bild hätte er gerne für die Ewigkeit festgehalten. Sie war die schönste Frau, die er je gesehen hatte, lachend und sorglos.
    Es war ein schlichtes, fantastisch schmeckendes Picknick. Es gab Fladenbrot, das sie in Olivenöl tauchten, dazu Salat und Mineralwasser.
    Und zum ersten Mal überhaupt erzählte Xante jemandem etwas über sein seelisches Innenleben.
    Wie sehr es ihn quälte, auf die Insel zurückzukehren. Wie sehr er das Meer hasste, das ihm seinen Vater genommen hatte. Wie verhasst ihm die Menschen waren, die mit ihrer Nachlässigkeit dafür verantwortlich waren. Schon als Neunjähriger hatte er Rache geschworen und arbeitete sich seither die Finger wund, um sein Ziel zu erreichen.
    „Mit Anfang zwanzig habe ich die Fischereigesellschaft gekauft.“ Er lag auf der Seite, den Kopf auf einen Ellenbogen gestützt, während Karin auf dem Rücken liegend in die Baumwipfel blickte und wünschte, sie müsse nie wieder nach Hause zurückkehren. „Und dann habe ich jeden korrupten Manager entlassen, der dort sein Unwesen trieb. Ich habe den Fischern einen anständigen Lohn bezahlt, ihre Boote warten lassen, damit sie ihren Beruf gefahrlos ausüben können … so hat alles angefangen. Heute kann ich meine Mutter anständig unterstützen. Nicht, dass sie das will. Ihr genügt es, in dem Haus zu wohnen, in dem sie schon mit meinem Vater gelebt hat. Für sie ändert Geld nichts. Bis zu ihrem Tod wird sie Schwarz tragen.“
    „Sie scheint glücklich zu sein.“
    Xante schüttelte den Kopf.
    „Wirklich!“, beharrte Karin, ahnte aber, was er meinte. Diese wundervolle Frau stand ganz allein in der Welt. Das war nicht fair. „Wie alt war dein Vater, als er gestorben ist?“
    „Dreißig.“
    „So alt wie du jetzt.“
    „Und du bist fünfundzwanzig, oder?“, vergewisserte er sich. „Meine Mutter hat mich mit sechzehn bekommen. Als sie in deinem Alter war, war ihr Leben schon vorbei.“
    „Nicht vorbei“, stieß sie hervor, doch seine Worte berührten etwas in ihr. Sie sprachen nicht über Kinder, Enkelkinder, Karrieren oder Häuser, sondern über Sex, Liebe, Geborgenheit und Romantik. Dinge und Gefühle, die es in ihrem Leben nicht gab. „Du solltest sie häufiger besuchen“, murmelte sie.
    „Und mit ansehen, wie sie immer noch trauert? Mir ihre Vorwürfe anhören, dass ich sie im Stich gelassen habe?“ Xante schüttelte den Kopf. „In der Vergangenheit habe ich ihr viel Kummer bereitet …“
    „Sie scheint über Athena hinweg zu sein.“
    „Es ist nicht nur das. Als Teenager war ich ziemlich wild, wütend auf die Welt. Ich habe ihr Schande bereitet.“
    „Das ist normal

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