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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Möglichkeiten«, sagte er. »Ich kann dich grübeln lassen oder…«

    Er beugte sich über mich und drückte behutsam seine Lippen auf meine. Ich hatte nicht wenige Männer geküßt, besonders während des Krieges, als Flirts und Romanzen die leichtfertigen Begleiter von Ungewißheit und Tod waren. Mit Jamie war es jedoch etwas anderes. Seine Sanftheit war keine Vorsicht, eher die Verheißung einer Kraft, die er kannte, aber im Zaum hielt; eine Herausforderung, die um so bemerkenswerter war, als sie keine Ansprüche stellte. Ich bin dein, schien sie zu sagen. Und wenn du mich willst …
    Ich wollte, und mein Mund öffnete sich, nahm die Verheißung und Herausforderung an. Nach einem langen Moment hob Jamie den Kopf und lächelte.
    »…oder ich kann versuchen, dich abzulenken«, beschloß er seinen Satz.
    Er preßte meinen Kopf an seine Schulter und streichelte meine Haare.
    »Ich weiß nicht, ob es hilft«, fuhr er fort, »aber ich will dir eines sagen: Es ist ein Geschenk für mich und ein Wunder, daß ich dir zu gefallen vermag - daß mein Körper deinen entflammt.«
    Ich holte tief Atem, ehe ich antwortete. »Ja«, sagte ich. »Ich glaube, es hilft.«
    Wir schwiegen wieder. Es kam mir lange vor. Schließlich löste sich Jamie von mir und blickte lächelnd auf mich herab.
    »Ich habe dir gesagt, daß ich weder Geld noch Besitz habe, Sassenach?«
    Ich nickte und fragte mich, was er vorhatte.
    »Ich hätte dich warnen sollen, daß wir wahrscheinlich in Heuhaufen schlafen müssen und keine andere Nahrung haben als Mehlbrei und Gänsewein.«
    »Das stört mich nicht«, erwiderte ich.
    Jamie deutete mit dem Kopf auf eine Lücke zwischen den Bäumen.
    »Hier gibt es nicht einmal eine Heumiete, aber da drüben ist ein hübscher Fleck mit frischem Farn. Wenn du üben möchtest, nur damit du weißt, wie es ist…«
     
    Ein wenig später streichelte ich Jamies Rücken, feucht von Anstrengung und dem Saft des zerquetschten Farns.
    »Wenn du dich noch einmal bedankst, ohrfeige ich dich«, sagte ich.
    Statt dessen antwortete mir leises Schnarchen. Ein Farnwedel
streifte Jamies Wange, und eine neugierige Ameise krabbelte über seine Hand.
    Ich verscheuchte das Insekt und stützte mich auf einen Ellbogen, um Jamie zu beobachten. Seine Wimpern waren lang und dicht, jedoch seltsam gefärbt: an den Spitzen von dunklem Kastanienbraun, und an den Wurzeln sehr hell, fast strohblond.
    Die festen Linien seines Mundes hatten sich im Schlummer entspannt. Die Winkel waren noch humorvoll gekräuselt, und die Unterlippe zeigte einen gelösteren, volleren Schwung, der sowohl sinnlich als auch unschuldig wirkte.
    »Verdammt«, sagte ich.
    Ich hatte einige Zeit dagegen angekämpft. Schon vor der Hochzeit war mir Jamies Attraktivität mehr als bewußt gewesen. So etwas geschieht wohl öfter. Eine plötzliche Empfänglichkeit für die Gegenwart, die Erscheinung eines bestimmten Mannes. Der Drang, ihm mit Blicken zu folgen, kleine »zufällige« Begegnungen herbeizuführen, ihn ohne sein Wissen zu beobachten, eine gesteigerte Aufmerksamkeit für jede Einzelheit seines Körpers - die Schulterblätter unter seinem Hemd, die starken Knochen seiner Handgelenke, die weiche Stelle unter seinem Kinn, wo sich die ersten Bartstoppeln zu zeigen beginnen…
    Betörung. Kam oft vor bei Schwestern und Ärzten, bei Schwestern und Patienten, überhaupt bei Menschen, die längere Zeit in mehr oder minder erzwungener Gemeinschaft leben.
    Einige gaben der Betörung nach, und kurze, intensive Affären waren häufig. Wenn die Leute Glück hatten, war die Sache binnen weniger Monate zu Ende, und es blieb nichts zurück. Wenn sie Pech hatten… Schwangerschaft, Scheidung, dann und wann Geschlechtskrankheiten. Eine gefährliche Sache, die Betörung.
    Ich war mehrmals in Versuchung geraten, war aber so vernünftig gewesen, ihr nicht nachzugeben. Und wie immer war die Anziehung nach einer Weile schwächer geworden, der Mann hatte seine goldene Aura verloren und wieder seinen gewohnten Platz in meinem Leben eingenommen; ohne Schaden für ihn, mich und Frank.
    Jetzt aber hatte ich der Betörung nachgeben müssen. Mochte der Himmel wissen, welcher Schaden daraus erwuchs. Aber zurück konnte ich jetzt nicht mehr.
    Jamie lag entspannt auf dem Bauch, Arme und Beine von sich gestreckt. Die Sonne ließ seine rote Mähne glänzen und beleuchtete
die weichen Härchen, die auf seinem Rückgrat wuchsen, bis hinunter zu dem rotgoldenen Flaum, auf seinem Gesäß und seinen

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