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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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spürte, wie ich rot anlief. »Ach ja?« sagte ich sarkastisch. »Und du meinst, Frauen seien nicht schlau genug, um zu begreifen, wie so ein Schießeisen funktioniert?«
    Jamie sah mich ruhig an.
    »Ich hätte große Lust, es dich versuchen zu lassen«, sagte er schließlich. »Geschähe dir recht.«
    Rupert schnalzte verächtlich mit der Zunge. »Sei nicht töricht, Jamie. Und was dich betrifft, Mädel«, fuhr er, zu mir gewandt fort, »so liegt es nicht daran, daß Frauen dumm wären - obwohl es einige durchaus sind -, sondern daran, daß sie zart sind.«
    »Wie bitte?« Ich starrte Rupert verblüfft an. Jamie schnaubte und zog seine Pistole aus der Schlaufe. Aus der Nähe betrachtet,
war sie riesengroß; sie maß vom Griff bis zu der Mündung an die fünfundvierzig Zentimeter.
    »Schau«, sagte Jamie, während er mir die Waffe hinhielt. »Du nimmst sie hier, stützt sie auf deinen Unterarm, und dort visierst du dein Ziel an. Wenn du abdrückst, schlägt sie aus wie ein Maultier. Ich bin fast einen Fuß größer als du und an die fünfzig Pfund schwerer, und ich kenne mich damit aus. Aber ich bekomme schon einen bösen blauen Fleck, wenn ich die Pistole abfeuere; und dich könnte sie glatt auf den Rücken werfen oder ins Gesicht treffen.« Jamie ließ die Waffe herumwirbeln und steckte sie zurück.
    »Ich würde es dich ja selber probieren lassen«, sagte er mit erhobenen Brauen, »aber du gefällst mir besser mit Zähnen. Du hast ein hübsches Lächeln, Sassenach, auch wenn du ein bißchen dreist bist.«
    Nachdenklich akzeptierte ich dann auch das Urteil der Männer, selbst das Florett sei zu schwer für mich. Den kleinen Sgian dhu, den im Strumpf getragenen Dolch, hielten sie dagegen für geeignet und gaben mir einen - ein übel aussehendes, nadelschwarzes Stück schwarzes Eisen, ungefähr acht Zentimeter lang und mit kurzem Griff. Ich übte wieder und wieder, ihn zu ziehen, während die Männer mich kritisch beobachteten, bis ich blitzschnell meinen Rock raffen, den Dolch herausziehen und die richtige Stellung einnehmen konnte - die Waffe gezückt, bereit, meinem Gegner von unten die Kehle aufzuschlitzen.
    Am Ende ließen sie mich als Adeptin mit dem Dolch durchgehen, und ich durfte zum Essen Platz nehmen. Alle beglückwünschten mich; nur Murtagh schüttelte zweifelnd den Kopf.
    »Und ich sage immer noch, die einzig gute Waffe für eine Frau ist Gift.«
    »Vielleicht«, erwiderte Dougal. »Aber im Nahkampf hat es seine Schwächen.«

19
    Das Wasserpferd
    Am nächsten Abend schlugen wir unser Lager am Ufer von Loch Ness auf. Es war ein seltsames Gefühl, diesen Ort wiederzusehen; so wenig hatte sich geändert. Oder würde sich ändern. Die Lärchen und Erlen waren von dunklerem Grün, weil nun Mittsommer war, nicht später Frühling. Statt der zarten Maiglöckchen und Veilchen blühte nun goldgelb der Ginster. Der Himmel war von tieferem Blau, doch die Oberfläche des Lochs war dieselbe: ein stumpfes Blauschwarz, in dem sich das Ufer spiegelte.
    Weit draußen sah ich sogar ein paar Segelboote. Als eines näherkam, stellte ich freilich fest, daß es ein Coracle war, eine Nußschale aus gegerbtem Leder über einem Holzrahmen und nicht die elegante hölzerne Form, an die ich gewöhnt war.
    Nachdem ich einen bequemen Platz für Jamie und meine Decke gefunden hatte, wanderte ich zum Ufer des Loch, um mir vor dem Essen Gesicht und Hände zu waschen.
    Die Böschung fiel steil ab; unten bildeten unregelmäßige Felsplatten eine Art Mole. Es war sehr friedlich dort unten, außer Sicht des Lagers, und ich setzte mich unter einen Baum, um mein Alleinsein zu genießen. Seit meiner Hochzeit wurde ich nicht mehr auf Schritt und Tritt verfolgt; soviel war immerhin erreicht.
    Müßig pflückte ich ein paar Samen von einem herabhängenden Ast und warf sie in den Loch, als ich merkte, daß die kleinen Wellen, die gegen den Fels schlugen, stärker wurden, wie von einem aufkommenden Wind gepeitscht.
    Ein großer, platter Kopf durchbrach, keine vier Meter von mir entfernt, die Oberfläche. Ich sah, wie das Wasser von den schuppigen Zacken sprudelte, die den gewundenen Hals krönten. Die Oberfläche des Loch war aufgewühlt, und darunter bewegte sich eine dunkle, massige Gestalt, obwohl der Kopf ziemlich reglos blieb.

    Auch ich stand reglos. Seltsamerweise hatte ich keine richtige Angst. Ich empfand eine gewisse Verwandtschaft mit dieser Kreatur, die von ihrer Zeit noch weiter entfernt war als ich; ihre Augen waren so uralt wie die

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