Feuer Und Stein
Nähe von Lag Cruime nicht sehen lassen; es könnte sein, daß Randalls Leute in der Gegend sind, und es wäre Randall zuzutrauen, daß er dich gewaltsam entführt. Und ich weiß nicht, was bei dem Treffen mit Horrocks geschehen mag. An der Straßenbiegung liegt ein Wäldchen. Dort wirst du es behaglich haben, bis ich wiederkomme.«
»Nein«, sagte ich störrisch, »ich begleite dich.« Mein Stolz verbot es mir, Jamie zu gestehen, daß ich mich davor fürchtete, von ihm getrennt zu sein.
»Du hast selbst gesagt, du wüßtest nicht, was bei dem Treffen mit Horrocks passieren kann«, fuhr ich fort. »Ich möchte hier nicht warten und mich den ganzen Tag fragen, was mit dir geschieht. Laß mich mitkommen«, bat ich. »Ich verspreche dir, mich während des Treffens nicht zu zeigen. Aber ich möchte nicht alleine hierbleiben und mich den ganzen Tag sorgen.«
Jamie seufzte ungehalten, widersprach mir jedoch nicht. Als wir bei dem Wäldchen waren, ergriff er den Zügel meines Pferdes und drängte mich von der Straße. Dann saß er ab und band beide Pferde an einem Busch fest. Ohne meine lautstarken Einwände zu beachten, verschwand er zwischen den Bäumen. Ich weigerte mich, abzusteigen. Er kann mich nicht zum Bleiben zwingen, dachte ich.
Schließlich kam Jamie zurück. Die anderen waren schon weggeritten, doch er dachte an unsere letzte Erfahrung mit leeren Lichtungen und brach nicht auf, ehe er das Wäldchen gründlich durchsucht, zwischen die Bäume geschaut und das hohe Gras mit Hilfe eines Stockes geteilt hatte. Nun band er die Pferde los und schwang sich in den Sattel.
»Es droht keine Gefahr«, sagte er. »Reit ins Dickicht hinein, Claire, und versteck dich und dein Pferd. Ich hole dich, sobald wir fertig sind. Ich kann dir nicht sagen, wie lange es dauern wird, aber bis Sonnenuntergang sind wir bestimmt zurück.«
»Nein! Ich begleite dich!«
Jamie streckte die Hand aus und faßte mich an den Schultern.
»Hast du nicht gelobt, mir zu gehorchen?« fragte er und schüttelte mich leicht.
»Doch…« Aber nur weil ich mußte, wollte ich sagen, doch da führte er bereits mein Pferd in Richtung Dickicht.
»Es ist sehr gefährlich, und ich nehme dich nicht mit, Claire. Ich werde zu tun haben, und sollte es zum Kampf kommen, so kann ich nicht gleichzeitig fechten und dich beschützen.« Als Jamie meinen störrischen Gesichtsausdruck sah, steckte er die Hand in die Satteltasche und begann darin herumzuwühlen.
»Was suchst du?«
»Einen Strick. Wenn du mir nicht gehorchst, binde ich dich an einen Baum.«
»Das tust du nicht!«
»Das tue ich sehr wohl!« Es war ihm offensichtlich ernst. Ich kapitulierte widerwillig und zügelte mein Pferd. Jamie küßte mich flüchtig auf die Wange.
»Gib auf dich acht, Sassenach. Hast du deinen Dolch? Gut. Ich komme wieder, sobald ich kann. Oh, noch etwas.«
»Ja?« fragte ich mürrisch.
»Wenn du dieses Wäldchen verläßt, ehe ich dich hole, werde ich dir mit meinem Schwertgehenk den Hintern versohlen. Du hättest gewiß keine Freude daran, den Weg nach Bargrennan zu Fuß zurückzulegen. Und vergiß nicht«, schloß Jamie und kniff mich in die Wange, »ich stoße keine leeren Drohungen aus.« Ich ritt langsam auf das Wäldchen zu, schaute zurück und beobachtete, wie Jamie mit flatterndem Plaid davongaloppierte.
Es war kühl unter den Bäumen; das Pferd und ich atmeten erleichtert auf, als wir in den Schatten kamen. Wir hatten einen jener seltenen heißen Tage, wo die Sonne von einem blassen Himmel brennt und der Morgendunst schon um acht verflogen ist. Das Wäldchen hallte wider vom Lärm der Vögel; mehrere Meisen schwirrten zwischen den Eichen, und in der Nähe hörte ich eine Spottdrossel.
Ich war schon immer eine begeisterte Vogelbeobachterin gewesen. Wenn ich hier schon festsaß, bis mein herrischer, bornierter Esel von Mann geruhte, sein dämliches Leben nicht mehr zu riskieren, würde ich die Zeit nutzen und sehen, was ich entdecken konnte.
Ich fesselte meinem Wallach die Vorderbeine und ließ ihn laufen, damit er am Rande des Wäldchens grasen konnte; ich wußte ja, er würde nicht weit kommen.
Das Wäldchen bestand aus Nadelbäumen und jungen Eichen, ideal, um Vögel zu beobachten. Ich kochte immer noch vor Wut,
doch als ich durchs Gehölz wanderte, beruhigte ich mich allmählich. Ich lauschte dem fernen Laut eines Fliegenschnäppers und dem Dialog zweier Misteldrosseln.
Das Wäldchen hörte ziemlich plötzlich am Rande eines kleinen Steilhangs auf. Ich
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