Feuer Und Stein
lehnte ich es gegen eine Reihe von Sekretärfächern.
Ich trat zurück, um es zu bewundern; dann schaute ich mich nach anderen Dingen um, die mich von Randalls bevorstehender Ankunft ablenken könnten.
Nicht übel für das Dienstzimmer eines Hauptmanns, dachte ich, als ich die Bilder an der Wand betrachtete, das silberne Schreibtischzubehör und den edlen Teppich auf dem Boden. Ich stellte mich wieder auf den Teppich, um effektiver zu tropfen. Der Ritt nach Fort William hatte meine Oberkleider recht gut getrocknet, aber die Unterröcke waren immer noch naß.
Ich öffnete einen kleinen Schrank hinter dem Schreibtisch und entdeckte die Ersatzperücke des Hauptmanns, säuberlich über einen schmiedeeisernen Ständer drapiert. Davor lag eine fein aufeinander abgestimmte Garnitur aus Handspiegel, Bürsten und einem Schildpattkamm. Ich trug den Perückenständer zum Schreibtisch, verteilte den restlichen Inhalt der Streusanddose darüber und stellte ihn in den Schrank zurück.
Als der Hauptmann eintrat, saß ich am Schreibtisch, hatte den Kamm in der Hand und betrachtete mein Spiegelbild. Randall warf mir einen Blick zu, der mein unordentliches Äußeres, den durchwühlten Schrank und das verunzierte Löschpapier zugleich erfaßte.
Ohne mit der Wimper zu zucken, zog er einen Stuhl heran, setzte sich mir gegenüber und schlug lässig die Beine übereinander.
Von seiner schmalen, aristokratischen Rechten baumelte eine Reitgerte. Ich betrachtete die geflochtene Spitze, die langsam über dem Teppich hin und her schwang.
»Die Idee hat durchaus ihre Reize«, sagte Randall, während er beobachtete, wie meine Augen der Bewegung der Gerte folgten. »Aber wenn ich ein wenig Zeit hätte, um mich zu sammeln, fiele mir wahrscheinlich etwas Besseres ein.«
»Das glaube ich auch«, bestätigte ich und strich mir eine dichte Haarsträhne aus der Stirn. »Bloß dürfen Sie Frauen nicht auspeitschen, oder?«
»Doch, aber nur unter bestimmten Bedingungen«, erwiderte Randall höflich. »Die in Ihrem Falle nicht gegeben sind - noch nicht. Wie auch immer, dies wäre eine öffentliche Angelegenheit. Und ich hatte mir gedacht, zunächst sollten wir einander privat kennenlernen.« Der Hauptmann griff nach einer Karaffe, die hinter ihm auf einem Beistelltisch stand.
Wir tranken schweigend Bordeaux und beäugten uns über den Wein hinweg.
»Ich hatte vergessen, Ihnen zu Ihrer Vermählung zu gratulieren«, sagte Randall plötzlich. »Verzeihen Sie mir diesen Fauxpas.«
»Machen Sie sich nichts draus«, erwiderte ich leutselig. »Ich bin sicher, die Familie meines Mannes wird sich Ihnen sehr zu Dank verpflichtet fühlen, weil Sie mir Ihre Gastfreundschaft gewähren.«
»Oh, das bezweifle ich«, sagte der Hauptmann mit einem liebenswürdigen Lächeln. »Schon weil ich nicht die Absicht habe, Ihren Verwandten zu verraten, daß Sie hier sind.«
»Was veranlaßt Sie zu dem Glauben, daß meine Verwandten das nicht wissen?« fragte ich. Trotz meines ursprünglichen Entschlusses, es mit Frechheit durchzustehen, fühlte ich mich allmählich etwas schwach. Ich warf rasch einen Blick zum Fenster, doch es war auf der falschen Seite des Gebäudes. Die Sonne war nicht zu sehen, aber das Licht wirkte gelb; später Nachmittag vielleicht? Wie lange würde es dauern, bis Jamie mein Pferd fand? Und meinen Spuren zum Bach folgte - um sie prompt zu verlieren? Spurlos zu verschwinden hatte seine Nachteile. Tatsächlich konnten die Schotten nicht wissen, wohin ich gegangen war, wenn Randall sie nicht über meinen Verbleib unterrichtete.
»Wüßten sie es«, sagte der Hauptmann und zog eine elegant geformte Augenbraue hoch, »so sprächen sie wohl schon bei mir
vor. In Anbetracht der Beschimpfungen, mit denen mich Dougal MacKenzie bei unserer letzten Begegnung überhäuft hat, glaube ich kaum, daß er mich als passende Gesellschaft für eine Verwandte erachten würde. Der Clan MacKenzie scheint Sie überhaupt für so wertvoll zu halten, daß er Sie lieber in seinem Kreis aufnimmt, als Sie mir in die Hände fallen zu lassen. Er würde schwerlich dulden, daß Sie hier elend verschmachten.«
Randall betrachtete mich mißbilligend.
»Soll mich der Teufel holen, ich ahne nicht einmal, was die mit Ihnen wollen«, bemerkte er. »Und warum sie Sie, wenn Sie ihnen schon soviel wert sind, allein durch Wald und Flur streifen lassen. Ich dachte, selbst Barbaren kümmerten sich besser um ihre Weiber.« Plötzlich begannen Randalls Augen zu glitzern. »Oder haben Sie
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