Feuer Und Stein
Rücken. Sein Hemd war durchgeschwitzt, und er zitterte.
»Es tut mir leid«, sagte ich schlicht. »Bitte verzeih mir.« Da drehte er sich um und zog mich an sich. Ich spürte, wie er allmählich zu zittern aufhörte.
»Ich verzeihe dir, Mädel«, murmelte er schließlich in meine Haare. Er löste sich von mir und blickte auf mich herab.
»Auch mir tut es leid«, begann er. »Ich bitte dich um Entschuldigung für das, was ich gesagt habe; ich war verärgert und habe mehr gesagt, als ich wollte. Wirst auch du mir verzeihen?« Nach diesen Worten fand ich, daß es für mich kaum etwas zu verzeihen gab, aber ich nickte und drückte Jamies Hände.
»Ich verzeihe dir.«
In gelösterem Schweigen saßen wir auf. Die Straße verlief hier über eine lange Strecke gerade, und weit vor uns sah ich eine kleine Staubwolke - das mußten Dougal und die anderen sein.
Jamie hatte sich mir wieder zugewandt; er hielt mich im Arm, während wir dahinritten, und ich fühlte mich geborgener. Allerdings waren wir beide nach wie vor verletzt und befangen. Wir hatten einander verziehen, aber unsere Worte waren noch nicht vergessen.
22
Abrechnung
Wir kamen nach Einbruch der Dunkelheit in Doonesbury an. Es war eine große Kutschenstation, glücklicherweise mit Gasthof. Dougal schloß schmerzlich die Augen, als er den Wirt bezahlte; es bedurfte einiger Münzen, sein Stillschweigen zu erkaufen.
Doch erhielten wir dafür auch ein reichhaltiges Abendessen mit viel Bier. Das Mahl war eine verbissene Angelegenheit; es wurde fast schweigend eingenommen. Ich saß in meinem ruinierten Gewand bei Tisch, notdürftig mit Jamies zweitem Hemd bedeckt, und war offenkundig in Ungnade gefallen. Die Männer verhielten sich so, als wäre ich gar nicht da, und selbst Jamie tat nicht mehr, als ab und zu Brot und Fleisch in meine Richtung zu schieben. Es war eine Erleichterung, endlich in die Kammer hinaufzusteigen, obwohl sie klein und eng war.
Ich ließ mich seufzend aufs Bett sinken, ohne auf den Zustand der Decken zu achten.
»Ich bin erledigt. Das war ein langer Tag.«
»Aye.« Jamie entfernte Kragen und Stulpen, schnallte sein Schwertgehenk auf, machte aber keine Anstalten, sich weiter zu entkleiden. Er zog den Gürtel aus der Schlaufe, legte ihn einmal zusammen und dehnte nachdenklich das Leder.
»Komm ins Bett, Jamie. Worauf wartest du?«
Er stellte sich neben das Bett und ließ den Gürtel hin- und herschwingen.
»Nun, Mädel, ich fürchte, wir müssen noch etwas erledigen, bevor wir uns hinlegen.« Ich empfand plötzlich eine Übelkeit erregende Besorgnis.
»Was denn?«
Jamie antwortete nicht sofort. Er setzte sich nicht zu mir aufs Bett, sondern zog einen Hocker heran und nahm darauf Platz.
»Ist dir klar«, fragte er ruhig, »daß wir heute nachmittag alle mit knapper Not dem Tode entronnen sind?«
Ich blickte beschämt auf die Decke nieder. »Ja, und das war meine Schuld. Es tut mir leid.«
»Also ist es dir klar«, sagte Jamie. »Weißt du, daß man einem Mann, der so etwas getan hat, die Ohren abschneiden oder ihn auspeitschen, wenn nicht gar töten würde?« Ich erbleichte.
»Nein, das wußte ich nicht.«
»Du bist eben noch nicht mit unserer Art vertraut, und das entschuldigt einiges. Trotzdem habe ich dir gesagt, du solltest in dem Wäldchen bleiben, und hättest du’s getan, so wäre das alles nicht geschehen. Nun werden uns die Engländer überall suchen; wir werden uns tagsüber verstecken und bei Nacht reiten müssen.«
Jamie legte eine Pause ein. »Und was Randall betrifft… aber das ist wieder etwas anderes.«
»Du meinst, er wird besonders nach dir fahnden, nun, da er weiß, daß du in der Nähe bist?« Jamie nickte geistesabwesend und starrte ins Feuer.
»Ja. Er… das ist etwas Persönliches, verstehst du?«
»Es tut mir so leid, Jamie«, sagte ich. Er winkte ab.
»Wenn es bloß um mich ginge, würde ich kein Wort mehr darüber verlieren. Aber da wir nun schon einmal darüber reden…«, er warf mir einen scharfen Blick zu, »werde ich dir sagen, daß es mich fast umgebracht hat mitanzusehen, wie dieses Vieh Hand an dich legte.« Jamie schaute wieder mit finsterer Miene ins Feuer, als durchlebte er die Ereignisse des Nachmittags noch einmal.
Ich spielte mit dem Gedanken, ihm von Randalls … Schwierigkeiten zu berichten, fürchtete jedoch, es würde mehr schaden als nützen. Ich wünschte mir verzweifelt, Jamie in die Arme zu nehmen und ihn um Verzeihung zu bitten, aber ich wagte es nicht, ihn zu berühren.
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