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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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sprang mit einen Schrei zurück; das plötzliche Auftauchen des furchterregenden Pferdekopfes mit den wilden, blutunterlaufenen Augen und den bebenden Nüstern hatte ihm offenbar einen gewaltigen Schreck eingejagt.
    »Vielleicht lieber doch nicht«, meinte Jamie nachsichtig. Er führte seinen kleinen Vetter von dem Hengst weg, der wütend gegen die Stalltüre schlug. Hamish zitterte ebensosehr wie die Bretter der Box, wenn die Hufe dagegen donnerten.
    Jamie drehte den Jungen zu sich und schaute auf ihn herunter, die Hände in die Hüften gestemmt.
    »Dann laß mal hören, was du dir da in den Kopf gesetzt hast. Warum muß es denn ausgerechnet Donas sein?«
    Hamish hatte die Zähne trotzig zusammengebissen, aber Jamie schaute ihn freundlich und gleichzeitig unnachgiebig an. Er versetzte ihm einen sanften Stoß und erntete ein winziges Lächeln.
    »Na komm schon, duinne «, sagte Jamie leise. »Du weißt schon, daß ich nichts verraten werde. Hast du etwas ausgefressen?«
    Eine leichte Röte überzog die helle Haut des Jungen.
    »Nein. Jedenfalls… nein. Na ja, vielleicht…«
    Mit etwas Zureden kam die Geschichte endlich heraus.

    Am Tag zuvor war er mit seinem Pony draußen gewesen. Er war mit einigen anderen Jungen geritten, und ein paar Größere hatten gewetteifert, wer über das höchste Hindernis springen könne. In Hamish, der voller Neid zugeschaut hatte, siegte schließlich die Angeberei über die Vernunft, und er hatte versucht, sein kleines dickes Pony über eine Steinmauer zu zwingen. Dem Tier hatte es jedoch sowohl an Fähigkeit als auch an Interesse gemangelt; kurz vor der Mauer hatte es die Hufe in den Boden gerammt, so daß Hamish in hohem Bogen über die Mauer geflogen und auf der anderen Seite schmählich in einem Brennesselfeld gelandet war. Das Gejohle seiner Kameraden brannte nicht minder als die Brennesseln, und so entschloß er sich, heute auf einem »richtigen Pferd« zu erscheinen, wie er sich ausdrückte.
    »Sie würden mich jedenfalls nicht auslachen, wenn ich auf Donas daherkäme«, sagte er und stellte sich die Szene mit grimmiger Genugtuung vor.
    »Nein, sie würden nicht lachen«, stimmte Jamie zu. »Sie wären voll damit beschäftigt, deine Einzelteile aufzusammeln.«
    Er schaute seinen Vetter fest an und schüttelte den Kopf. »Ich will dir was sagen, Junge. Es braucht Mut und Verstand, um ein guter Reiter zu werden. Du hast den Mut, aber an Verstand fehlt es dir noch ein klein wenig.« Er legte Hamish tröstend den Arm um die Schultern und ging mit ihm ans Ende des Stalles.
    »Komm, junger Mann. Hilf mir mit dem Heu, und wir machen dich mit Cobhar bekannt. Du hast recht, du solltest ein besseres Pferd haben, wenn du soweit bist, aber du brauchst dich nicht umzubringen, um das zu beweisen.«
    Beim Vorbeigehen warf er einen Blick zu mir herauf und zuckte hilflos mit den Schultern. Ich lächelte und winkte ihm aufmunternd zu. Jamie holte einen Apfel aus dem Korb mit Fallobst, der neben der Tür stand, nahm die Heugabel aus der Ecke und ging mit Hamish zu einer Box in der Mitte des Stalles.
    Er pfiff leise durch die Zähne, und ein kastanienbraunes Pferd mit breiter Stirn streckte leise schnaubend den Kopf heraus. Die dunklen Augen waren groß und freundlich, die Ohren nach vorn gedreht, was dem Pferd einen wohlwollenden, aufmerksamen Ausdruck gab.
    »Nun, Cobhar, ciamar a tha thu? « Jamie tätschelte dem Braunen den schlanken Hals und kraulte ihn hinter den Ohren.

    »Komm her«, sagte er und winkte seinem kleinen Vetter. »Ja, hier neben mich, so nah, daß er dich riechen kann. Pferde wollen dich riechen.«
    »Das weiß ich doch.« Hamishs hohe Stimme klang verächtlich. Er reichte kaum bis zur Nase des Pferdes, aber er streckte den Arm aus und streichelte ihm den Hals. Er wich nicht zurück, als sich der große Pferdekopf senkte, interessiert an seinem Ohr herumschnupperte und ihm in die Haare schnaubte.
    »Gib mir einen Apfel«, sagte er zu Jamie. Die weichen Samtlippen nahmen die Frucht behutsam aus Hamishs Hand und beförderten sie zwischen die Mahlzähne, wo sie mit saftigem Knacken verschwand. Jamie schaute anerkennend zu.
    »Aye, ihr werdet gut miteinander auskommen. Nur zu, freunde dich mit ihm an. Ich füttere inzwischen die anderen, dann kannst du mit ihm ausreiten.«
    »Allein?« fragte Hamish voller Eifer. Cobhar, dessen Name »Scham« bedeutete, war ein gutmütiger, aber doch lebhafter Wallach und gar nicht zu vergleichen mit dem braunen Pony.
    »Zweimal um die Koppel.

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