Feuer Und Stein
trotz des böswilligen Streiches, trotz des leisen, konstanten Schmerzes über die Trennung von Frank war ich in der Tat nicht unglücklich. Ganz im Gegenteil.
Sofort schämte ich mich für meine Untreue. Wie konnte ich nur glücklich sein, wenn Frank vor Sorgen wie von Sinnen sein mußte? Angenommen, die Zeit lief auch ohne mich weiter - und warum sollte sie das nicht tun? -, dann war ich schon seit über vier Monaten spurlos verschwunden. Ich stellte mir vor, wie er die ganze Gegend abgesucht und dann die Polizei alarmiert hatte, wie er auf irgendein Zeichen wartete, auf irgendein Wort von mir. Inzwischen hatte er sicherlich fast jede Hoffnung aufgegeben und wartete nur noch auf die Nachricht, daß man meine Leiche gefunden hatte.
Unruhig ging ich in dem schmalen Raum auf und ab, verspürte Trauer, Schuld und Reue. Ich hätte schon längst auf und davon sein sollen. Ich hätte alles daransetzen müssen, zurückzukehren. Aber das hatte ich ja getan. Ich hatte es wiederholt versucht, und was war dabei herausgekommen?
Ich war mit einem geächteten Schotten verheiratet, wir wurden von einem sadistischen Dragonerhauptmann gejagt, wir lebten unter einer Horde von Barbaren, die Jamie, ohne mit der Wimper zu zucken, umlegen würden, wenn sie ihn als Bedrohung ihrer hochheiligen Clan-Erbfolge empfinden würden. Und was das Schlimmste war: Ich war glücklich.
Ich setzte mich hin und starrte hilflos auf die Flaschen und Gläser. Seit unserer Rückkehr nach Leoch hatte ich in den Tag hinein gelebt und die Erinnerungen an mein früheres Leben verdrängt. Tief im Innersten wußte ich, daß ich bald eine Entscheidung würde treffen müssen, aber ich hatte es immer wieder aufgeschoben und alle Unsicherheit in der wohligen Gesellschaft von Jamie - und in seinen Armen - vergessen.
Gepolter und Flüche rissen mich aus meinen Gedanken. Ich stand hastig auf und hatte gerade die Tür erreicht, als Jamie hereinstolperte, gestützt vom alten Alec McMahon und einem schmächtigen Stallburschen. Er sank auf einen Hocker, streckte das linke Bein aus und verzog mißmutig das Gesicht. Es sah mehr ärgerlich als schmerzverzerrt aus, und so untersuchte ich den Fuß ohne übermäßige Sorge.
»Milde Verstauchung. Was ist passiert?«
»Runtergefallen«, knurrte er.
»Vom Zaun?« fragte ich stichelnd. Er schaute finster vor sich hin.
»Nein. Von Donas.«
»Du hast dieses Ungetüm geritten? « rief ich ungläubig aus. »Dann kannst du von Glück sagen, daß du mit einem verrenkten Fußgelenk davongekommen bist.« Ich holte eine lange Binde und wickelte sie um das Gelenk.
»So schlimm war es auch wieder nicht«, sagte der alte Alec beschwichtigend. »Eigentlich hast du dich eine Zeitlang ganz gut gehalten, Junge.«
»Weiß ich«, fauchte Jamie und biß die Zähne zusammen, als ich den Verband fest anzog. »Eine Biene hat ihn gestochen.«
Alecs buschige Brauen hoben sich. »Ach, das war es!« Und zu mir sagte er: »Das Vieh hat sich aufgeführt, als wäre es von einem Pfeil getroffen. Sprang mit allen vieren in die Luft, krachte herunter und raste dann wie verrückt kreuz und quer über die Koppel - wie eine Hummel im Glas. Ihr Kleiner hat sich recht gut gehalten«, sagte er
und nickte Jamie zu, der sich als Antwort eine neue unangenehme Grimasse ausdachte, »bis das feige Biest über den Zaun sprang.«
»Über den Zaun? Wo ist er jetzt?« fragte ich, stand auf und wischte mir die Hände ab.
»Auf halbem Weg zurück in die Hölle«, meinte Jamie, der seinen Fuß aufsetzte und ihn vorsichtig belastete. »Von mir aus kann er da bleiben.« Ächzend setzte er sich wieder hin.
»Ich bezweifle, daß der Teufel mit einem halb wahnsinnigen Hengst etwas anfangen kann«, bemerkte Alec. »Kann sich schließlich selbst in ein Pferd verwandeln, wenn’s nötig ist.«
»Das wird’s sein. Vielleicht ist Donas gar kein Pferd«, warf ich belustigt ein.
»Könnte gut sein«, meinte Jamie, der allmählich seine gute Laune wiederfand. »Aber ist der Teufel normalerweise nicht ein schwarzer Hengst?«
»Aye«, sagte Alec, »ein großer schwarzer Hengst, der so schnell ist wie die Gedanken zwischen einem Mann und einem Mädchen.«
Er grinste Jamie wohlwollend an und stand auf, um zu gehen.
»Und da wir schon davon sprechen«, sagte er mit einem Blick zu mir, »ich erwarte dich morgen nicht im Stall. Bleib im Bett, Junge, und, äh … ruh dich aus.«
»Warum glaubt eigentlich jeder«, fragte ich und sah dem alten Oberstallmeister nach, »daß wir
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