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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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weiser Voraussicht hatte ich ein kleines Päckchen mitgebracht, um einen Vorwand zu haben, allein mit ihr zu sprechen. Ich zog es aus der Tasche und war schon auf dem Weg nach oben, bevor Arthur Widerspruch einlegen konnte.
    Sie hatte auf mich gewartet.
    »Komm«, sagte sie, »wir gehen dafür hinauf in mein Privatzimmer. Wir müssen uns beeilen, aber es wird nicht sehr lange dauern.«
    Geillis’ privates Heiligtum war ganz oben, in einem abgelegenen Dachzimmer über den Kammern der Dienerschaft. Sie öffnete die verschlossene Tür mit einem gewaltigen Schlüssel, den sie aus ihrer Schürzentasche zog. Schloß und Scharniere waren gut geölt, und die Tür schwang lautlos nach innen auf.
    Das Dachzimmerchen lag geduckt unter der Dachschräge. An jedem freien Fleck waren Regale angebracht, in denen Flaschen, Krüge, Schalen und Phiolen standen. Getrocknete Kräuter hingen in Sträußen von den Dachbalken, jeder fein säuberlich mit einem andersfarbigen Band gebunden. Dieser Raum war ganz anders als das sauber, bis in den letzten Winkel angeordnete Kräuterzimmer unten. Die Mansarde quoll über und war trotz der Gaubenfenster düster.
    Ein Regal war voller Bücher, alten Bänden, in denen zum Teil schon die Seiten zerfielen. Ich fuhr neugierig mit dem Finger über die unbeschrifteten Buchrücken. Die meisten waren in Kalbsleder gebunden, aber zwei oder drei in ein anderes weiches Material, das sich unangenehm ölig anfühlte. Und eines war offenbar in Fischhaut gebunden. Ich zog einen Band heraus und öffnete ihn argwöhnisch. Es war eine Mischung aus Altfranzösisch und Latein, aber ich konnte den Titel entziffern: L’Grimoire d’le Comte St. Germain.
    Ich klappte das Buch zu und stellte es an seinen Platz zurück. Ich war schockiert. Ein Grimoire - ein Handbuch der Magie. Ich spürte, wie mich Geillis’ Augen von hinten durchbohrten, und begegnete,
als ich mich umdrehte, einem Blick, in dem sich Schalk und Berechnung mischten. Und wie sollte ich mich jetzt verhalten, nachdem ich wußte, was los war?
    »Es ist also doch kein Gerücht«, sagte ich lächelnd. »Du bist wirklich eine Hexe.« Ich fragte mich, wie weit das wohl ginge, ob sie wirklich selbst daran glaubte, oder ob sie nur so tat als ob, um der Langeweile ihrer Ehe mit Arthur zu entkommen. Ich fragte mich auch, welche Art von Magie sie wohl praktiziere - oder zu praktizieren glaubte.
    »Natürlich weiße«, sagte sie grinsend. »Eindeutig weiße Magie.«
    Ich dachte reumütig, daß Jamie wohl recht haben mußte, wenn er sagte, jeder könne aus meinem Gesicht ablesen, was ich gerade dachte.
    »Das ist gut«, sagte ich. »Ich bin wirklich nicht der Typ, der nachts ums Feuer tanzt und auf Besenstielen reitet, geschweige dem Teufel den Hintern küßt.«
    Geillis warf ihr Haar zurück und lachte auf.
    »Soweit ich sehen kann, tust du das bei keinem. Ich übrigens auch nicht. Aber wenn ich so einen süßen feurigen Teufel im Bett hätte wie du, dann möchte ich nicht behaupten, daß ich nicht irgendwann damit anfangen würde.«
    »Das erinnert mich daran«, begann ich, aber sie hatte sich bereits abgewendet und traf murmelnd irgendwelche Vorbeitungen.
    Geillis prüfte zunächst, ob die Tür fest verschlossen war, und ging dann zu einer Kommode, die unter dem Fenster in die Wand eingebaut war. Sie kramte in einer Schublade herum und zog eine große flache Schale heraus und eine lange weiße Kerze in einem Keramikhalter. Aus einer anderen Schublade wühlte sie eine abgenutzte Decke heraus, die sie zum Schutz vor Staub und Holzsplittern auf den Boden legte.
    »Was genau hast du vor, Geillis?« fragte ich sie, während ich ihr mißtrauisch bei den Vorbereitungen zusah. Allerdings konnte ich keine allzu böse Absicht hinter einer Schale, einer Kerze und einer Decke entdecken, mußte mir aber sagen, daß ich auf dem Gebiet der Magie ein unbedarfter Neuling war.
    »Eine Beschwörung«, sagte sie und zog die Decke zurecht, so daß die Kante parallel zu den Dielenbrettern verlief.
    »Wen denn?« fragte ich.
    Aufrecht stand sie da und strich sich die Haare aus der Stirn.
Einige Strähnen lösten sich, also zog sie die Nadeln heraus, und ihr Haar glitt wie ein seidig glänzender Vorhang herab.
    »Oh, Geister und Visionen. Was immer du brauchst«, sagte sie. »Der Anfang ist immer gleich, aber die Kräuter und die Formeln sind verschieden, je nachdem, was man herbeiruft. Was wir jetzt wollen, ist eine Vision - um herauszufinden, von wem die Verwünschung stammt. Dann

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