Feuer Und Stein
auf Bäume klettert - ja, sogar wie man Tiere häutet und Spuren liest.« Sie schaute wieder in die Richtung, die die Soldaten eingeschlagen hatten.
»Mach dir keine Sorgen, Claire!« Sie lächelte mich an und setzte sich neben das Feuer. »Zwanzig Pferde kommen im Unterholz nicht weit, aber zwei schon. Sieht so aus, als würden sie die Straße nach Eskadale nehmen. Wir können eine Abkürzung über die Hügel nehmen und werden dann vermutlich in der Nähe von Midmains auf sie stroßen.«
Mit flinken Fingern öffnete sie das Oberteil ihres Kleides. Staunend sah ich zu, wie sie die Bluse hochschob und ihre Brüste freilegte. Sie waren sehr groß und prall. In meiner Ahnungslosigkeit war es mir gar nicht in den Sinn gekommen, mich zu fragen, was eine stillende Mutter tut, wenn sie niemanden zu stillen hat.
»Ich kann das Baby nicht lange allein lassen«, sagte sie, als hätte sie meine Gedanken erraten. Sie nahm eine Brust in die Hand und verzog das Gesicht. »Sonst platze ich.« Als Reaktion auf die Berührung begann dünne, bläuliche Milch herauszutropfen. Sie zog ein großes Taschentuch hervor und legte es unter die Brust. Neben ihr lag ein kleiner Zinnbecher auf dem Boden, den sie aus der Satteltasche genommen hatte. Sie drückte den Rand des Bechers unter die Brustwarze und massierte sich sanft die Brust. Die Milch tropfte schneller, und dann spritzte sie wie von selbst heraus.
»Ich wußte gar nicht, daß das geht!« rief ich und starrte fasziniert auf den Milchstrom.
»O ja«, nickte Jenny. »Zuerst muß das Baby saugen, aber wenn die Milch eingeschossen ist, dann muß es nur noch schlucken.« Sie strich mit einer Hand über die weiche Brust. »Jetzt geht es wieder«, sagte sie erleichtert.
Sie schüttete den Becher aus. »Schade um die Milch, aber hier ist nicht viel damit anzufangen.« Sie hielt den Becher unter die andere Brust und wiederholte die Prozedur.
»Es ist lästig«, sagte sie, als sie merkte, daß ich ihr immer noch zusah. »Alles, was mit Kindern zu tun hat, ist lästig, fast alles. Und doch möchte man sie nicht missen.«
»Nein«, antwortete ich leise, »das will man nicht.«
Sie schaute mich freundlich und mitfühlend an.
»Deine Zeit ist noch nicht gekommen«, sagte sie. »Aber du wirst eines Tages auch Kinder haben.«
Ich lachte zittrig. »Erst müssen wir den Vater finden.«
Sie leerte den zweiten Becher aus und machte ihr Kleid wieder zu.
»Morgen holen wir sie ein. Das müssen wir, denn ich kann nicht viel länger von Maggie weg bleiben.«
»Und dann?« fragte ich. »Was dann?«
Sie zuckte mit den Schultern und angelte sich eine Decke.
»Das hängt von Jamie ab. Und davon, wie sehr er sie dazu aufgestachelt hat, ihm weh zu tun.«
Jenny hatte recht; wir fanden den Trupp am nächsten Tag. Wir brachen im Morgengrauen auf und hielten nur an, damit Jenny die Milch abfließen lassen konnte. Sie schien Pfade zu finden, wo es keine gab, und ich folgte ihr ohne Zögern in den dichten Wald. Es war unmöglich, in dem Gestrüpp schnell vorwärts zu kommen, aber sie versicherte mir, daß wir eine sehr viel direktere Route verfolgten
als die Patrouille, die sich wegen ihrer Größe an die Straße halten mußte.
Gegen Mittag erreichten wir sie. Ich hörte das Klirren des Zaumzeuges und das Stimmengewirr der Männer und streckte die Hand aus, um Jenny, die ausnahmsweise hinter mir ritt, zum Stehen zu bringen.
»Da unten ist eine Furt«, flüsterte sie. »Es klingt so, als hätten sie angehalten, um die Pferde zu tränken.« Sie stieg ab und band die Pferde fest, dann winkte sie mir, ihr zu folgen, und verschwand im Dickicht wie eine Schlange.
Von dem Felsvorsprung, zu dem sie mich geführt hatte, konnten wir die Furt und auch die Patrouille überblicken. Die meisten Männer waren abgestiegen. Sie standen in Gruppen herum, saßen auf dem Boden oder führten ihre Pferde zur Tränke. Jamie allerdings sahen wir nicht.
»Glaubst du, sie haben ihn umgebracht?« flüsterte ich panisch. Ich hatte zweimal gezählt, um sicherzugehen, daß ich keinen übersehen hatte. Es waren zwanzig Mann und sechsundzwanzig Pferde. Keine Spur von einem Gefangenen.
»Ich glaube nicht«, antwortete Jenny. »Aber es gibt nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.« Sie entfernte sich rückwärts von der Felskante.
»Und zwar?«
»Fragen.«
Der Weg verengte sich nach der Furt zu einem schmalen Pfad durch dichten Kiefern- und Erlenwald, auf dem nicht einmal zwei Pferde nebeneinander herreiten konnten. Als der
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