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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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ich nahm die Einladung ohne Zögern an. Murtaghs düstere Überlegungen, von welchem Tier die Fleischeinlage wohl stammen mochte, ignorierte ich.
    Sie sprachen wenig Englisch und noch weniger Gälisch; wir unterhielten uns weitgehend mittels Gesten und in einem Kauderwelsch, der von ferne an Französisch erinnerte. Es war warm und gemütlich in dem Wohnwagen, in dem wir aßen, Männer, Frauen und Kinder löffelten gemeinsam aus den Schüsseln und tauchten Brotstücke in die Soße. Es war das Beste, was ich seit Wochen gegessen hatte, und ich aß, bis ich schier platzte. Ich konnte kaum mehr Atem holen, um
zu singen, aber ich tat, was ich konnte, und bei den schwierigen Stellen summte ich und überließ Murtagh den Rest.
    Unsere Vorstellung wurde mit begeistertem Applaus bedacht, und die Zigeuner revanchierten sich: Ein junger Mann sang zu den Klängen einer uralten Fiedel ein herzzerreißendes Klagelied, und ein Mädchen von etwa acht Jahren schlug mit großer Ernsthaftigkeit das Tamburin.
    Während Murtagh sich in all den Weilern und Dörfern, die wir bisher besucht hatten, bei seinen Nachforschungen immer bedeckt gehalten hatte, war er bei den Zigeunern vollständig offen. Zu meiner Überraschung sagte er ihnen ohne Umschweife, daß wir einen großen Mann mit Haaren wie Feuer und Augen wie der Sommerhimmel suchten. Die Zigeuner tauschten Blicke aus, aber einer nach dem anderen schüttelte bedauernd den Kopf. Nein, sie hatten ihn nicht gesehen. Aber… und hier versicherte uns der Anführer - der buntgewandete Mann, der uns begrüßt hatte - mit pantomimischer Begabung, daß sie uns einen Boten senden würden, falls ihnen der Mann, den wir suchten, über den Weg laufen sollte.
    Ich bedankte mich lächelnd, und nun war Murtagh an der Reihe, mit Hilfe seiner schauspielerischen Talente deutlich zu machen, daß eine solche Information mit Geld belohnt werden würde. Dies wurde mit einem Lächeln quittiert, aber auch, wie mir schien, mit berechnenden Blicken. Ich war froh, als Murtagh erklärte, daß wir nicht über Nacht bleiben könnten und leider aufbrechen müßten. Er schüttelte ein paar Münzen aus einer Felltasche, wohlweislich darauf bedacht, jeden sehen zu lassen, daß nur ein paar Kupferstücke darin waren. Wir verteilten die Münzen zum Dank für die Gastfreundschaft und wurden mit vielen guten Wünschen für die Weiterreise verabschiedet - jedenfalls hielt ich ihre fröhlichen Zurufe dafür.
    Tatsächlich hätten sie auch verabreden können, uns zu folgen und uns die Kehle durchzuschneiden, und Murtagh verhielt sich lieber so, als hätten sie genau das getan: Wir galoppierten die zwei Meilen bis zur nächsten Kreuzung und verschwanden dort im Dickicht und machten einen weiten Umweg, bevor wir wieder auf der Straße auftauchten.
    Murtagh schaute die Straße hinauf und hinunter. Keine Menschenseele war zu sehen.
    »Glaubst du wirklich, daß sie uns gefolgt sind?«
    »Weiß nicht, aber da sie zu zwölft sind und wir nur zu zweit,
dachte ich, wir tun mal so als ob.« Das fand ich vernünftig, und ich folgte ihm ohne Zögern bei seinen weiteren Ausweichmanövern. Schließlich erreichten wir Rossmoor und fanden in einem Schuppen Unterschlupf.
    Am nächsten Tag fiel Schnee, zwar nicht viel, aber doch genug, um den Boden mit einer dünnen Schicht zu überpudern, und das machte mir Sorgen - der Gedanke, daß Jamie allein irgendwo in der Heide Schnee und Sturm ausgesetzt war und nichts am Leib trug außer seinem Hemd und dem Plaid, gefiel mir nicht.
    Zwei Tage später kam der Bote.
     
    Die Sonne stand noch über dem Horizont, aber in den Felstälern war es schon schattig. Unter den kahlen Bäumen war es so duster, daß man den Pfad - sofern überhaupt einer da war - fast nicht sah. Aus Angst, ich könnte den Boten in der zunehmenden Dunkelheit verlieren, folgte ich ihm so dicht auf den Fersen, daß ich ein- oder zweimal auf den am Boden schleifenden Saum seines Umhangs trat. Schließlich drehte er sich mit einem ärgerlichen Schnauben um und gab mir mit einem unsanften Stoß zu verstehen, daß ich vor ihm gehen sollte; er legte mir seine schwere Hand auf die Schulter und steuerte mich durch die Dunkelheit.
    Mir schien, daß wir sehr lange unterwegs waren; in der rauhen Felsenlandschaft hatte ich jede Orientierung verloren. Ich konnte nur hoffen, daß Murtagh irgendwo hinter uns war. Der Mann, der in die Schenke gekommen war, um mich zu holen, ein Zigeuner mittleren Alters, der kein Englisch konnte, hatte rundheraus

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