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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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abgelehnt, daß mich irgend jemand begleitete. Nachdrücklich hatte er zuerst auf Murtagh gezeigt und dann auf den Boden, um deutlich zu machen, daß er hierbleiben mußte.
    Zu dieser Jahreszeit waren die Nächte frostig, und mein schwerer Umhang schützte mich nur unzureichend gegen den eiskalten Wind. Ich war hin und her gerissen zwischen Bestürzung bei dem Gedanken, daß Jamie schutzlos den kalten feuchten Herbstnächten preisgegeben sein könnte, und Aufregung bei der Vorstellung, ihn wiederzusehen. Ein Schauer lief mir über den Rücken, der nichts mit der Kälte zu tun hatte.
    Endlich signalisierte mir die Hand auf meiner Schulter mit festem Druck, daß ich stehenbleiben sollte, und im selben Augenblick war mein Führer spurlos verschwunden. Ich wartete so geduldig wie
möglich; ich war sicher, daß mein Führer - oder sonst jemand - zurückkäme, schließlich hatte ich ihn noch nicht bezahlt. Der Wind fuhr raschelnd durchs Geäst; es klang, als würde der Geist eines Hirsches vorbeihuschen, noch immer auf panischer Flucht vor dem Jäger. Die Feuchtigkeit drang durch die Nähte meiner Stiefel; das Otterfett, mit dem ich sie imprägniert hatte, hatte sich abgenutzt, und ich hatte keine Möglichkeit gehabt, wieder etwas aufzutragen.
    Mein Führer war ebenso plötzlich wieder da, wie er verschwunden war. Vor Schreck biß ich mir auf die Zunge. Mit einer Kopfbewegung forderte er mich auf, ihm zu folgen. Hinter den Erlenzweigen verbarg sich der Eingang einer engen Höhle.
    Auf einem Felsvorsprung brannte eine Laterne. In ihrem Schein zeichnete sich die Silhouette einer großen Gestalt ab, die sich umdrehte, um mir entgegenzukommen.
    Ich stürzte nach vorne, aber noch bevor ich den Mann berührte, wußte ich, daß es nicht Jamie war. Die Enttäuschung war wie ein Schlag in die Magengrube, und ich mußte zurücktreten und mehrmals schlucken.
    Ich preßte die Fäuste an meine Schenkel, bis ich mich genügend beruhigt hatte, um sprechen zu können.
    Mit einer Stimme, die so kühl war, daß es mich selbst überraschte, sagte ich: »Was treibst du dich denn hier herum?«
    Dougal MacKenzie hatte nicht ohne Mitgefühl beobachtet, wie ich um Selbstbeherrschung rang. Jetzt nahm er mich am Ellbogen und führte mich tiefer in die Höhle. An der Rückwand waren zahlreiche Bündel gestapelt, sehr viel mehr, als ein einzelnes Pferd tragen konnte. Er war also nicht allein. Was immer seine Leute da transportieren mochten - er wollte verhindern, daß neugierige Gastwirte oder Stallburschen es zu Gesicht bekamen.
    »Schmuggelware, vermute ich?« Ich deutete mit dem Kopf auf die Bündel. Dann ging mir ein Licht auf. »Ach nein, Güter für Prinz Charles, nicht wahr?«
    Er machte sich nicht die Mühe, mir zu antworten, sondern setzte sich mir gegenüber auf einen Stein und legte die Hände auf die Knie.
    »Ich habe Neuigkeiten«, sagte er unvermittelt.
    Ich atmete tief ein, um mich zu wappnen gegen das, was da kommen mochte. Neuigkeiten, aber keine guten, das war an seinem Gesicht abzulesen. Ich atmete noch einmal tief durch, schluckte mühsam und nickte.

    »Sag es mir.«
    »Er lebt«, sagte er, und der größte Eisklumpen in meinem Magen begann zu schmelzen. Dougal legte den Kopf schief und schaute mich forschend an. Fragte er sich, ob ich ohnmächtig werden würde? Nein, das würde ich nicht.
    »Vor zwei Wochen wurde er in der Nähe von Kiltorlity aufgegriffen«, sagte Dougal, ohne mich aus den Augen zu lassen. »War nicht seine Schuld, einfach Pech. Er stand plötzlich sechs Dragonern gegenüber, und einer davon erkannte ihn.«
    »Wurde er verletzt?« Meine Stimme war immer noch ruhig, aber meine Hände begannen zu zittern.
    Dougal schüttelte den Kopf. »Nein, soviel ich weiß.« Nach einer Pause fügte er widerstrebend hinzu: »Er ist im Wentworth-Gefängnis.«
    »Wentworth«, wiederholte ich mechanisch. Das Wentworth-Gefängnis. Es war ursprünglich ein mächtiges Grenzbollwerk, das im späten sechzehnten Jahrhundert errichtet und in den darauffolgenden hundertfünfzig Jahren immer weiter ausgebaut worden war. Die riesige Festung erstreckte sich mittlerweile über fast zwei Morgen und wurde von meterdicken Granitmauern umschlossen. Aber selbst Granitmauern hatten Tore, dachte ich. Ich schaute auf, um eine Frage zu stellen, und sah, daß sich auf Dougals Gesicht immer noch Widerwillen malte.
    »Was noch?« fragte ich. Seine haselnußbraunen Augen blickte unbeirrbar in meine.
    »Vor drei Tagen hat man ihm den Prozeß gemacht. Er

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