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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Dutzenden von winzigen Schubladen. Gefäße, Kästchen und Gläser standen säuberlich geordnet auf Borden über einer Art Tresen, auf dem Davie Beaton anscheinend Arzneien zubereitet hatte, zumindest nach den vielen Flecken und einem verkrusteten Stößel zu urteilen, der dort lag.
    Colum trat vor mir in den Raum, stand einen Moment reglos da, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, und ging dann, nach rechts und links blickend, langsam voran. Vielleicht war er zum ersten Mal in diesem Zimmer.
    Ich beobachtete seine unsicheren Bewegungen und sagte: »Massage könnte ein wenig helfen. Gegen die Schmerzen, meine ich.« In den grauen Augen blitzte es drohend auf, und ich wünschte mir, ich hätte geschwiegen, aber der Funke verschwand, und an seine Stelle trat der gewohnte Ausdruck höflicher Aufmerksamkeit.
    »Kräftige Massage«, fuhr ich fort. »Besonders am Ende des Rückgrats.«
    »Ich weiß«, sagte Colum. »Angus Mhor tut das jeden Abend für mich.« Er hielt inne und betastete eines der Gläser. »Scheinbar verstehen Sie wirklich etwas von der Heilkunst.«
    »Ein bißchen.« Ich war auf der Hut, hoffte, er würde mich nicht auf die Probe stellen und fragen, wofür die diversen Arzneien waren. Auf dem Etikett des Glases, das er in der Hand hielt, stand PURLES OVIS. Weiß der Himmel, was das war. Glücklicherweise stellte er das Glas zurück und fuhr mit spitzen Fingern über den Staub auf der großen Truhe nahe der Wand.

    »Es ist eine Weile her, daß jemand hier war«, sagte Colum. »Ich werde Mrs. FitzGibbons bitten, zwei ihrer Mädchen zu schicken, damit sie ein wenig saubermachen, ja?«
    Ich öffnete eine Schranktür und hustete, weil es so staubte. »Das wird wohl das beste sein«, stimmte ich zu. Im unteren Schrankfach lag ein Buch, ein dicker Foliant, in blaues Leder gebunden. Ich holte es heraus und entdeckte darunter ein kleineres Buch mit billigem schwarzem Leinenumschlag, das ziemlich zerfleddert war.
    Es erwies sich sozusagen als Beatons Kartei; dort hatte er peinlich genau die Namen seiner Patienten, ihre Gebrechen und den Behandlungsverlauf aufgeschrieben. Ein Eintrag lautete: »2ter Februar 1741. Sarah Graham MacKenzie, Verletzung am Daumen, welcher sich am Dorne eines Spinnrads verfangen. Gekochtes Flohkraut appliziert, hernach einen Breiumschlag aus je einem Teil Johanniskraut, gemahlenem Oniscus und Mauseohr, vermischt mit feiner Tonerde.« Mauseohr? Zweifellos eine Arzneipflanze, die ich nicht kannte.
    »Ist Sarah MacKenzies Daumen gut verheilt?« fragte ich, während ich das Buch zuschlug.
    »Sarahs Daumen?« erwiderte Colum nachdenklich. »Nein, wohl nicht.«
    »Tatsächlich? Was ist passiert?« fragte ich weiter. »Vielleicht kann ich ihn mir später anschauen -«
    Colum schüttelte den Kopf, und ich bildete mir ein, daß sein voller, schöngeschwungener Mund sich in grimmiger Erheiterung verzog.
    »Warum nicht?« erkundigte ich mich. »Hat sie die Burg verlassen?«
    »So könnte man es auch ausdrücken«, antwortete Colum. Seine Erheiterung war jetzt nicht mehr zu übersehen. »Sie ist tot.«
    Ich starrte ihn an, während er langsam zur Tür ging.
    »Es steht zu hoffen, Mrs. Beauchamp, daß Sie sich in der Heilkunst besser bewähren als Davie Beaton«, sagte Colum. Er drehte sich um, blieb einen Moment in der Tür stehen und betrachtete mich sarkastisch. Der Sonnenstrahl beleuchtete ihn wie ein Bühnenscheinwerfer.
    »Schlechter können Sie es schwerlich machen«, meinte Colum und verschwand.

     
    Ich wanderte in dem kleinen Raum hin und her und sah mich um. Wahrscheinlich war das meiste Plunder, aber es mochte auch ein paar nützliche Dinge geben, die es verdienten, gerettet zu werden. Ich zog eine Schublade des Apothekenschranks auf, woraufhin eine kleine Wolke Kampfer aufstieg. Nun, der war durchaus nützlich. Ich machte die Schublade wieder zu und wischte die staubigen Finger an meinem Rock ab. Vielleicht wartete ich mit meiner Bestandsaufnahme lieber, bis Mrs. Fitz’ Mädchen geputzt hatten.
    Ich lugte auf den Flur hinaus. Leer. Und keine Geräusche. Doch ich war nicht so naiv zu glauben, daß niemand in der Nähe war. Die Leute waren sehr unaufdringlich, sei es auf Befehl oder sei es aus Taktgefühl, aber ich wußte, daß ich beobachtet wurde. Wenn ich in den Garten ging, kam jemand mit. Wenn ich die Treppe zu meinem Zimmer hinaufstieg, merkte ich, wie jemand wie zufällig nach oben schaute, um festzustellen, welchen Weg ich einschlug. Nein, man würde mich nicht

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