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Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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vom Frühlingsgras.
    An manchen Abenden war ich völlig erschöpft und ging gleich nach dem Essen zu Bett. Wenn ich die Augen offenhalten konnte, schloß ich mich dem Publikum im großen Saal an, um den Geschichten und der Musik zu lauschen. Ich konnte Gwyllyn, dem walisischen Barden, stundenlang wie verzaubert zuhören, obwohl ich meistens kein Wort verstand.
    Allmählich gewöhnten sich die Burgbewohner an mich und ich mich an sie, und einige Frauen begannen, mir schüchtern Freundschaftsanträge zu machen. Sie waren sehr neugierig, aber ich beantwortete ihre Fragen nur mit Variationen der Geschichte, die ich Colum erzählt hatte, und nach einer Weile fanden sie sich damit ab, daß dies vermutlich alles war, was sie je von mir erfahren würden. Als sie entdeckten, daß ich so manches vom Heilen verstand, interessierten sie sich noch mehr für mich und fragten mich um
Rat, wenn ihre Kinder, Männer oder Tiere krank waren, wobei sie zwischen den beiden letzteren meist wenig Unterschied machten.
    Neben dem üblichen Klatsch wurde viel von der bevorstehenden Versammlung gesprochen, die der alte Alec in der Koppel erwähnt hatte. Daraus schloß ich, daß dies ein Anlaß von einiger Bedeutung war, worin mich das Ausmaß der Vorbereitungen bestärkte. Die Nahrungsmittel strömten nur so in die Küche, und im Schlachthaus hingen mehr als zwanzig gehäutete Tiere im duftenden Rauch, der die Fliegen fernhielt. Riesige Fässer voll Ale wurden herangekarrt und in den Kellergewölben eingelagert, feines Mehl kam säckeweise aus der Mühle im Dorf, und Tag für Tag wurden körbeweise Kirschen und Aprikosen aus den Obstgärten außerhalb der Burg geholt.
    Man lud mich ein, mit mehreren jungen Frauen auf einen jener Ernteausflüge zu gehen, und ich nahm bereitwillig an, nur zu begierig, den düsteren Mauern zu entkommen.
    Es war schön im Obstgarten, und es machte mir große Freude, durch den kühlen Dunst des schottischen Morgens zu wandern, zwischen feuchten Blättern nach leuchtenden Kirschen und glatten, prallen Aprikosen zu greifen und sie behutsam zu drücken, um zu sehen, ob sie reif waren. Wir pflückten nur die besten und legten sie in unsere Körbe. Dabei aßen wir so viele, wie wir konnten, und den Rest trugen wir auf die Burg, wo er zu Kuchen und Törtchen verarbeitet wurde. Die gewaltigen Regale des Vorratsraums bogen sich inzwischen vor Gebäck, Fruchtsaft, Schinken und anderen Delikatessen.
    »Wie viele Leute kommen gewöhnlich zu so einer Versammlung?« fragte ich Magdalen, eines der Mädchen, mit denen ich mich angefreundet hatte.
    Magdalen zog nachdenklich die sommersprossige Stupsnase kraus. »Ich weiß es nicht genau. Die letzte Versammlung auf Leoch hat vor zwanzig Jahren stattgefunden, und damals waren an die zweihundert Männer da - ich meine, als der alte Jacob gestorben ist und Colum Burgherr wurde. Könnten mehr werden dieses Jahr; die Ernte war gut bis jetzt, und die Leute werden ein bißchen Geld beseite gelegt haben, also bringen sicher viele ihre Frauen und Kinder mit.«
    Obwohl ich gehört hatte, daß die offiziellen Teile der Versammlung - Vereidigung, Jagd und Spiele - erst in einigen Tagen stattfinden
würden, trafen bereits die ersten Besucher ein. Die Vornehmen unter Colums Pächtern kamen auf der Burg unter, während die ärmeren Krieger und Kätner auf einem brachliegenden Feld jenseits des Flusses ihr Lager aufschlugen. Kesselflicker, Zigeuner und fliegende Händler hatten unweit der Brücke eine Art Jahrmarkt improvisiert. Die Burgbewohner und die Leute aus dem Dorf besuchten ihn am Abend, wenn die Arbeit getan war, um Werkzeug und kleine Schmuckgegenstände zu kaufen und den Gauklern zuzusehen.
    Ich beobachtete das Kommen und Gehen genau und machte es mir zur Gewohnheit, im Stall und in der Koppel vorbeizuschauen. Dort standen jetzt massenhaft Pferde, da die der Besucher im Burgstall untergebracht waren. Im Trubel und Durcheinander der Versammlung, so dachte ich, würde es nicht schwierig sein zu fliehen.
     
    Bei einem der Ausflüge in den Obstgarten begegnete ich Geillis Duncan. Ich hatte neben den Wurzeln einer Erle ein paar Fliegenpilze gefunden und wollte noch mehr suchen. Die roten Kappen wuchsen in kleinen Gruppen, immer nur vier, fünf auf einmal, aber in diesem Teil des Gartens waren mehrere solcher Gruppen im hohen Gras versteckt. Ich entfernte mich immer weiter von den obstpflückenden Frauen und näherte mich dem Rand des Gartens, während ich mich bückte oder auf die Knie

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