Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
sich und küßte mich. Brutal genug, um meine Lippen auseinanderzuzwingen. Seine Zunge stieß gegen meine; er schmeckte scharf nach Whisky. Seine Hände schlossen sich um meine Hinterbacken und drückten mich an ihn; durch meine Röcke spürte ich die steife Härte unter seinem Kilt.
    Er gab mich so plötzlich frei, wie er mich gepackt hatte, nickte und deutete leise keuchend den Flur hinunter. Eine Locke rotbraunen Haares hing ihm in die Stirn, und er strich sie zurück.
    »Gehen Sie jetzt, Mädchen«, sagte er. »Bevor Sie einen höheren Preis zahlen müssen.«
    Und so ging ich.
     
    Eigentlich hatte ich erwartet, daß die meisten Leute nach diesem Gelage lange in den Federn bleiben und allenfalls, wenn die Sonne hoch am Himmel stand, nach unten stolpern würden, um zur Stärkung einen Krug Bier zu trinken. Doch die MacKenzies waren ein zäher Menschenschlag, denn auf der Burg ging es schon lange vor Tagesanbruch zu wie in einem Bienenhaus; laute Stimmen brüllten in den Fluren herum, und während sich die Männer zur Jagd rüsteten, gab es ein gewaltiges Waffengerassel und Stiefelgeknalle.
    Es war kalt und neblig, aber Rupert, den ich auf dem Weg zum Saal traf, versicherte mir, dies sei das beste Wetter für die Keilerhatz.
    »Die Kälte macht den Wildschweinen nichts aus«, erklärte er. Und sie fühlen sich sicher bei so dichtem Nebel - können die Männer nicht sehen, die hinter ihnen her sind.«
    Ich versagte mir den Hinweis, daß die Jäger den Keiler ebenfalls nicht sehen würden, bis sie vor ihm standen.
    Als die Sonne rotgold im Nebel auftauchte, versammelte sich die Gesellschaft im vordersten Hof, mit Tautropfen benetzt und mit strahlenden Augen. Zum Glück wurde von den Frauen nicht erwartet, daß sie an der Jagd teilnahmen; sie begnügten sich damit, den scheidenden Helden Haferkuchen und Bier anzubieten. Als ich die vielen Männer sah, die sich zum östlichen Wald aufmachten, bis an die Zähne mit Saufedern, Äxten und Dolchen bewaffnet, tat mir der Keiler ein bißchen leid.
    Diese Haltung wich eine Stunde später fast ehrfürchtigem Respekt
- ich wurde eilig an den Waldrand gerufen, damit ich einen verletzten Mann versorgte, der, wie ich vermutet hatte, im Nebel über den Keiler gestolpert war.
    »O verdammt!« sagte ich, als ich die klaffende Wunde untersuchte, die vom Knie bis zum Knöchel reichte. »Das war ein Tier ? Hat das denn Zähne aus rostfreiem Edelstahl?«
    »Wie?« Das Opfer war kalkweiß vor Schreck und zu durcheinander, um mir zu antworten, aber einer der Burschen, die ihm aus dem Wald geholfen hatten, schaute mich seltsam an.
    »Schon gut«, sagte ich und zog den Druckverband straff, den ich dem Verletzten angelegt hatte. »Bringt ihn auf die Burg. Mrs. FitzGibbons soll ihm ein paar Decken und Brühe geben. Die Wunde muß genäht werden, und ich habe hier nicht die Instrumente dafür.«
    Die rhythmischen Rufe der Treiber hallten im Nebel. Plötzlich ertönte ein durchdringender Schrei, und ein Fasan flog mit rauschenden Flügeln aus seinem Versteck auf.
    »Heiliger Gott, was nun?« Ich nahm einen Armvoll Verbände, überließ meinen Patienten den Leuten, die sich bisher um ihn gekümmert hatten, und rannte, so schnell ich konnte, in den Wald.
    Unter den Zweigen war der Nebel dichter, und ich konnte kaum ein paar Meter weit sehen, doch das aufgeregte Geschrei und der Krach im Unterholz wiesen mir die Richtung.
    Es kam von hinten und streifte mich. Ich hatte mich auf das Geschrei konzentriert und hörte und sah es nicht, bis es vorbei war, eine dunkle Masse, die sich mit unglaublicher Geschwindigkeit bewegte. Die absurd kleinen Hufe machten fast kein Geräusch auf den nassen Blättern.
    Ich war so verblüfft über diese plötzliche Erscheinung, daß es mir zunächst gar nicht einfiel, erschrocken zu sein. Ich starrte nur in den Nebel, wohin das schwarze Borstentier verschwunden war. Dann hob ich die Hand, um die Locken zurückzustreichen, die sich feucht um mein Gesicht ringelten, und sah den roten Streifen. Ich blickte nieder und entdeckte einen ähnlichen Streifen an meinem Rock. Das Tier mußte verwundet sein. War der Schrei vielleicht von ihm gekommen?
    Ich glaubte es nicht; es hatte wie ein Todesschrei geklungen. Und der Keiler hatte sich kraftvoll bewegt. Ich holte tief Luft und ging, auf der Suche nach einem verwundeten Mann, weiter in den Nebel hinein.

    Ich fand ihn am Fuße eines kleinen Abhangs, umgeben von Jägern. Sie hatten ihre Plaids über ihn gebreitet, damit er nicht

Weitere Kostenlose Bücher