Feuer Und Stein
George II., dem rechtmäßigen Herrscher auf dem englischen Thron.
Schließlich gingen die letzten Kätner und Pächter, und Dougal stand auf und rekelte sich. Er wirkte halbwegs zufrieden - wie ein Kater, der, wenn schon nicht Sahne, so doch wenigstens Milch genascht hat. Er wog die kleinere Geldbörse in seiner Hand und warf sie wieder Ned Gowan zu.
»Nicht übel«, bemerkte er. »Viel kann man nicht erwarten in einem so kleinen Ort. Aber wenn wir oft genug dieselbe Summe bekommen, haben wir am Ende einen respektablen Betrag.«
»Respektabel ist nicht das Wort, das ich gebrauchen würde«, widersprach ich und erhob mich steif.
Dougal drehte sich um, als nähme er mich zum ersten Mal wahr.
»Nein?« fragte er amüsiert. »Und warum nicht? Haben Sie etwas dagegen einzuwenden, daß treue Untertanen ihr Scherflein zur Unterstützung ihres Herrschers beitragen?«
Ich hielt Dougals Blick stand und sagte: »Gewiß nicht. Egal, welcher Herrscher es ist. Aber ich nehme Anstoß an Ihrer Art, Geld zu sammeln.«
Dougal musterte mich, als könnten ihm meine Gesichtszüge etwas verraten. »Gleichgültig, welcher Herrscher es ist?« wiederholte er leise. »Ich dachte, Sie sprechen kein Gälisch?«
»Das tue ich auch nicht«, antwortete ich. »Aber ich bin als verständiger Mensch geboren, habe zwei Ohren und kann recht gut hören. Und was immer ›Auf König Georges Wohl‹ auf gälisch heißen mag - ich bezweifle sehr, daß es wie Bragh Stuart klingt.«
Dougal warf den Kopf zurück und lachte. »Das stimmt«, bestätigte er. »Ich würde Ihnen ja das richtige gälische Wort für Ihren König sagen, nur ist es keines, das sich für eine Dame schickt.«
Dougal bückte sich, holte das zusammengeknüllte Hemd aus dem Kamin und schüttelte einen Teil der Asche davon ab.
Dann drückte er es mir in die Hand. »Da Ihnen meine Methoden nicht gefallen, möchten Sie sie vielleicht verbessern«, sagte er. »Also holen Sie sich eine Nadel von der Dame des Hauses und flicken Sie das Hemd.«
»Flicken Sie’s selbst!« Ich gab Dougal das Hemd zurück und wandte mich zum Gehen.
»Wie Sie wollen«, sagte er leutselig. »Jamie kann sein Hemd auch selber flicken, wenn Sie nicht bereit sind, uns zu helfen.«
Ich drehte mich widerwillig um und streckte den Arm aus.
»In Ordnung«, begann ich, doch ich wurde unterbrochen: Eine große Hand griff über meine Schulter und entriß Dougal das Hemd. Mit einem undurchsichtigen Blick zu ihm und mir klemmte Jamie sich die Fetzen unter den Arm und verließ den Raum so leise, wie er gekommen war.
In der Kate eines Kleinbauern fanden wir Unterkunft für die Nacht. Oder vielmehr, ich fand sie. Die Männer schliefen draußen, auf mehrere Heumieten, Karren und Farnbüschel verteilt. Weil ich eine Frau oder eine Art Gefangene war, wurden mir ein Strohsack und ein Platz auf dem Boden in der Nähe des Kamins zur Verfügung gestellt.
Zwar schien mir der Strohsack weit besser als das Bett, in dem die gesamte sechsköpfige Familie schlummerte, aber ich beneidete die Männer glühend darum, daß sie im Freien nächtigen konnten.
Das Feuer wurde nicht gelöscht, man ließ es niedrig brennen, und die Luft in der Kate war erstickend heiß. Dazu kamen die Geräusche und Gerüche der sich hin und her werfenden, ächzenden, schnarchenden, schwitzenden und furzenden Bewohner.
Nach einer Weile gab ich es auf, in dieser drückenden Atmosphäre schlafen zu wollen. Ich stand auf und stahl mich mit meiner Decke leise nach draußen. Die Luft war im Vergleich zu dem Mief in der Kate so frisch, daß ich mich gegen die Mauer lehnte und tief durchatmete.
Ein Wachposten saß unter einem Baum am Weg, doch er blickte nur flüchtig in meine Richtung. Offenbar gelangte er zu dem Schluß, daß ich in Unterkleidung nicht weit kommen würde, und so schnitzte er weiter an dem kleinen Gegenstand, den er zwischen den Fingern hielt. Das helle Mondlicht ließ die Waffe des Mannes aufblinken.
Ich ging um die Kate herum und stieg den Hügel hinauf. Dabei hielt ich sorgfältig Ausschau nach schlummernden Gestalten im Gras. Ich fand eine angenehm einsame Stelle zwischen zwei großen Steinblöcken und baute mir aus meiner Decke und dem Heu, das dort lag, ein richtiges Nest. Dann legte ich mich hin und beobachtete den Vollmond bei seiner langsamen Reise über den Himmel.
Genauso hatte ich dem Mond in einer der ersten Nächte auf Burg Leoch zugesehen. Also war ein Monat seit meinem folgenschweren Eintritt in den Steinkreis
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