Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Feuer Und Stein

Titel: Feuer Und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
nicht gibt.« Oder die nicht vermittelbar sind, dachte ich. Mr. Gowans Verschwiegenheit mochte grenzenlos sein, nicht aber seine Gutgläubigkeit.
    »Er hat Sie nicht etwa mitgeschickt, damit Sie mir ruinöse Geständnisse entlocken?« fragte ich. Die Idee war mir plötzlich gekommen.
    »Nein.« Der Advokat lachte. »Ich erfülle eine wichtige Aufgabe, indem ich für Dougal die Aufzeichnungen führe, in seinem Namen Quittungen ausstelle und mich der juristischen Angelegenheiten annehme, die Clanmitglieder in abgelegeneren Gebieten an mich herantragen mögen. Die Zeiten sind jetzt sehr viel sicherer als früher…« - Mr. Gowan stieß einen Seufzer aus, der von tiefem
Bedauern zu künden schien -, »aber es besteht immer noch die Möglichkeit von Raubüberfällen.«
    Der Advokat klopfte gegen die zweite Satteltasche. »Sie ist nicht völlig leer, müssen Sie wissen.« Er schlug die Klappe zurück, so daß ich die ziselierten Griffe zweier Pistolen sah, die in Schlaufen steckten, damit man sie rasch greifen konnte.
    Mr. Gowan betrachtete mich mit einem Blick, der jede Einzelheit meines Äußeren registrierte.
    »Sie sollten auch bewaffnet sein«, sagte er milde tadelnd. »Zwar vermute ich, Dougal hat es nicht für passend gehalten … aber trotzdem. Ich werde mit ihm reden.«
    Der Rest des Tages verflog mit angenehmem Geplauder über die herrlichen, wenn auch leider vergangenen Zeiten, da die Männer noch richtige Männer gewesen waren und das verderbliche Unkraut der Kultur noch nicht so viele Wurzeln im schönen wilden Hochland geschlagen hatte.
    Als die Dunkelheit hereinbrach, schlugen wir unser Lager auf einer Lichtung nahe der Straße auf. Ich bereitete mich darauf vor, meine erste Nacht in Freiheit, außerhalb der Burg, zu verbringen. Doch als ich das Feuer verließ und mich zurückzog, war ich mir der Blicke bewußt, die mir folgten. Selbst unterm offenen Himmel, schien es, hatte die Freiheit ihre Grenzen.
     
    Wir erreichten unsere erste Station am zweiten Tag, gegen zwölf. Es war nicht mehr als eine Ansammlung von drei, vier Hütten am Anfang einer kleinen Schlucht. Für Dougal wurde aus einer der Katen ein Hocker geholt und über zwei weitere eine Planke gelegt, die Mr. Gowan als Schreibfläche diente.
    Er zog aus seiner Rocktasche ein gewaltiges gestärktes Leinentuch und breitete es säuberlich über einen Baumstumpf. Dann setzte er sich und legte sein Schreibzeug, sein Hauptbuch und seine Quittungen vor sich aus, so würdig und gelassen, als wäre er in seiner Kanzlei in Edinburgh.
    Nach und nach erschienen die Männer aus den kleinen Bauernhöfen der Umgegend, um ihre Jahresabrechnung mit dem Vertreter des Burgherrn durchzuführen. Dies war eine recht geruhsame Sache, die weitaus weniger förmlich gehandhabt wurde als die Angelegenheiten im Saal von Burg Leoch. Jeder Mann kam frisch vom Feld oder aus der Scheune und zog sich einen Hocker heran,
nahm neben Dougal Platz, erklärte oder beklagte sich, und ab und zu schwatzte er nur.
    Manche wurden von ein, zwei stämmigen Söhnen begleitet, die Säcke voll Getreide oder Wolle schleppten. Am Ende eines jeden Gesprächs stellte der unermüdliche Mr. Gowan eine Quittung über den Erhalt der Jahrespacht aus, verzeichnete die Transaktion in seinem Hauptbuch und machte einem der Viehtreiber ein Zeichen, woraufhin die Bezahlung auf ein Fuhrwerk gehievt wurde. Seltener verschwand ein Häuflein Münzen klimpernd in den Tiefen von Mr. Gowans Satteltasche.
    Variationen dieser Szene wiederholten sich an den folgenden Tagen. Dann und wann wurde ich zu Apfelwein oder Milch in eine Kate gebeten, und sämtliche Frauen drängten sich in dem einzigen Raum, um mit mir zu reden. Manchmal war eine Siedlung so groß, daß sie eine Schenke oder gar einen Gasthof aufwies, der Dougal als Hauptquartier für den Tag diente.
    Ab und zu gehörte ein Pferd, ein Schaf oder anderes Vieh zur Pacht. Dies wurde meist sofort gegen etwas getauscht, das sich leichter transportieren ließ. Pferde, die Jamie für geeignet hielt, wurden unserer Koppel zugeschlagen.
    Es wunderte mich, daß er dabei war. Jamie verstand zwar etwas von Pferden, aber das galt auch für die meisten Männer der Gruppe. Außerdem wurde selten mit Pferden bezahlt, und so fragte ich mich, warum man es für nötig gehalten hatte, einen Experten mitzunehmen. Erst eine Woche später fand ich den wahren Grund heraus.
    Wir hatten ein Dorf erreicht, das groß genug war, um eine Schenke mit zwei, drei Tischen und mehreren

Weitere Kostenlose Bücher