Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)
gewesen. Hätte sie allerdings in diesem Falle nicht gelogen, würden sie wahrscheinlich nie auch nur den geringsten Schritt weiterkommen.
Josie vertraut ihm nämlich keineswegs.
Nicht nach seiner verdammten Einlage am heutigen Nachmittag. Sie muss ihm nicht erst sagen, dass er sich wieder einmal wie ein gottverdammter Arsch benommen hat, das weiß Andrew selbst. Darüber hinaus sieht er es an ihrer Miene. Dieser extreme Argwohn ist neu oder eher aufgewärmt. Zumindest hat er ihn seit mindestens acht Stunden nicht mehr zu Gesicht bekommen. Also, was soll er tun? Was sonst kann er tun, als ihren Schwindel zu ignorieren und den Schaden, für den er eigens zuständig ist, gerade zu rücken?
Ein gewagtes Spiel; Andrew ist gleichfalls nicht dämlich genug, das nicht zu realisieren. Ihm ist auch alles andere als wohl bei der ganzen Geschichte. Dennoch hält er ihrem forschenden Funkeln stand, obwohl die Zweifel wehtun, mit denen ihre großen Augen ihn unentwegt bombardieren.
Endlich scheint sie einen Entschluss gefasst zu haben, denn sie führt das Glas an die Lippen und Andrew beobachtet sie, während sein Daumen über die Innenseite ihres Handgelenkes streicht. Ihr Puls wird mit jeder Sekunde hektischer. Ängstlich und kurz darauf panisch.
Ängstlich ist okay, panisch ist es nicht. Wie soll er ihr die Furcht nehmen? Nun ja, dieses Wunder wird er hier und jetzt wohl nicht vollbringen können.
Sie lässt sich Zeit, wagt einen Schluck und noch einen, dabei ist ihre Stirn gerunzelt, die Lider fest zusammengekniffen, die Hand bebt ein bisschen, jedoch innerhalb akzeptabler Parameter und der Puls stagniert bei leicht panisch.
Als das Glas leer ist, trinkt sie jedoch weiter. Anscheinend ist die Luft in diesem Raum äußerst wohlschmeckend. Bevor er es verhindern kann, lacht er laut und ihre Wangen färben sich rot, als Nächstes öffnet sie behutsam ihr linkes Lid. Ein winziges Stück.
Was sie entdeckt ist ihm schleierhaft, es dürfte allerdings nichts Negatives sein. Denn wenig später betrachtet sie ihn erneut. Nun wohnen nur Zuneigung und Wärme in ihrem Blick und ihr Puls hat sich etwas beruhigt. Bis hierher scheint sein Plan zu funktionieren.
›Also, Norton. Reiß dich zusammen und gib dir verflucht noch mal Mühe!‹
Keiner der beiden sieht weg und Andrews Lachen erstirbt langsam. Verdammt, hat sie auch nur den entferntesten Schimmer, wie süß sie ist und wie sehr er sie liebt? Nie hätte er geglaubt, für einen Menschen derartige Emotionen entwickeln zu können. Sie sind so stark, dass sie ihm manchmal den Boden unter den Füßen wegziehen. Und ehrlich, er gehört garantiert nicht zu denen, die viel von Gefühlsduseleien halten. Doch in solchen Momenten läuft er Gefahr aus der Rolle zu fallen, sie an sich zu ziehen und nie wieder loszulassen.
Aber nicht er ist hier der Patient, sondern Josie, weshalb Andrew seine beschissenen Ängste und Wünsche hinunter zu würgen und sich um sie zu kümmern hat! Ihre Furcht geht auf sein Konto, daher ist es nur fair, wenn er dafür sorgt, dass sie erneut verschwindet. Und so nimmt er ihr sanft das Glas aus der Hand, stellt es auf den Tisch, steht auf und zieht sie von der Couch.
»Komm!«
Sie zögert nicht, was Andrew ein wenig zuversichtlicher stimmt. Er hat nämlich nicht die geringste Ahnung, ob das was er beabsichtigt, funktionieren wird. Es handelt sich um ein verdammtes Experiment und ihm ist durchaus bewusst, dass es eine ziemlich blöde Idee ist, mit den Schwächen dieses kleinen verwundbaren Wesens zu experimentieren.
Doch ihm bleibt keine Wahl.
Als sie sich auf der Treppe befinden, kommt ihm ein Gedanke; er bleibt stehen und betrachtet sie kalkulierend. Sollten sich seine Überlegungen als selten dämlich erweisen, braucht er etwas, was er ihr zum Anziehen geben kann. Natürlich könnte er irgendein Kleidungsstück von sich nehmen, ihr Misstrauen dürfte jedoch zusätzliche Nahrung bekommen, wenn er es vorher bereitlegt. Muss er es im Zweifelsfall aber erst holen, ist das womöglich bereits zu spät. Es sei denn ...
»Woher hattest du in der vergangenen Nacht mein Hemd?«
Damit hat sie nicht gerechnet, denn sie senkt verlegen den Blick. Er hat eine ungefähre Vorstellung, was es sie kostet, ihn am Ende doch wieder anzuschauen.
»Ich hatte kein T–Shirt.« Laut und deutlich. Soweit so gut.
Die Spannung raubt ihm schier den Atem. Sie hat kein T–Shirt. Langsam nickt er. »Und ...?«
Inzwischen sieht sie ihn bedeutend fester an und auch Josie nickt
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