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Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)

Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition)

Titel: Feuer und Wasser (Urteil: Leben!) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kera Jung
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und die schmalen Finger nach wie vor in seinem dunklen Haar vergraben.
    Er ist restlos überwältigt. Das ist nicht die Art von Begehren, das er im Normalfall in Gegenwart einer attraktiven Frau empfindet. Es scheint wie eine Präsenz, die sich von ihm nicht beherrschen lässt. Irgendwo tief in seinem Unterbewusstsein, sucht ein kleiner Teil von ihm verzweifelt nach einer Möglichkeit, dieser Straße und den vielen störenden Menschen zu entkommen, um mit einem Wimpernschlag an einen Ort zu gelangen, wo er das eben Begonnene fortsetzen kann. Mit enormen Anstrengungen schluckt er hektisch dagegen an.
    Denn die Situation gestaltet sich noch weitaus komplizierter. Abgesehen von ihrer Angst, die mit Sicherheit zurückkehren wird, vom DS, der garantiert nicht weit ist, von der Tatsache, dass Andrew überhaupt nicht in der Lage ist, mit ihr zusammen zu sein, zumindest nicht in der Nacht, weil er da meistens mit Schreien beschäftigt ist … Unabhängig von all diesen nicht unerheblichen Schwierigkeiten, befinden sie sich auf zwei Ebenen, die ein Zueinanderkommen üblicherweise ausschließen.
    Er ist ihr Chef, sie seine Assistentin.
    Wenigstens diese Hürde will er mit einem Mal endgültig überwinden.
    Der Wunsch bricht aus ihm heraus, ohne dass er ihn zuvor überdenken und analysieren oder das Pro und Kontra diskutieren kann. »Schenk mir diesen Nachmittag, Josephine ...«
    »Was?«, haucht sie. Ihre Lider heben sich und Furcht schleicht sich in ihr Gesicht.
    »Schenk mir diesen Nachmittag, Josephine«, wiederholt er heiser. »Lass uns für heute vergessen, wer wir sind. Bitte.«
    Spontan fällt Andrew keine Situation ein, in der er innerhalb der vergangenen vierundzwanzig Jahre um etwas gebeten hat. Für ihre Zustimmung würde er jedoch sofortauf die Knie gehen. Nachdenklich betrachtet sie ihn. Miss Kent nimmt sich sehr wohl Zeit, das Pro und Kontra abzuwägen. Und das ist nicht gut!
    »Bitte«, wispert er erneut.
    »Was kommt danach?«, erkundigt sie sich bemerkenswert nüchtern.
    Er hebt die Schultern. »Warum finden wir es nicht heraus, Josephine?«
    »Josie.« Es klingt klar und fest, und sie hält seinen Blick, was bis vor wenigen Minuten noch unvorstellbar war.
    Lächelnd neigt er den Kopf zur Seite. »Josie … Ich glaube, das gefällt mir.«
    Endlich verziehen sich ihre Mundwinkel nach oben – leider nur flüchtig. »Es ist ein Fehler, das weißt du?«
    »Es fühlt sich nicht so an«, widerspricht er vage.
    »Nein … Aber ...« Jetzt zeigen sich doch diese elenden Zweifel, und die grünen Augen verdunkeln sich. »Ich habe Angst ...«
    Andrew nickt. »Ich auch.«
    Seltsame Geständnisse an einem Dienstagmittag, an dem er eigentlich überhaupt nicht hier sein dürfte. »Lass uns gehen«, sagt er kurz entschlossen, entlässt sie widerwillig aus seiner Umarmung und nimmt behutsam ihre Hand. Als er sie forschend mustert, lächelt sie abermals.
    Sie lächelt!
    Wie aus dem Nichts sind die Menschen zurück, die Autos, die Häuser, die Geschäfte, der Lärm, die Hektik ... die Realität. Dies ist keineswegs der Ort, an dem er mit Miss Kent den Nachmittag verbringen will. »Vertraust du mir?«, erkundigt er sich verhalten.
    Abwägend betrachtet sie ihn und nickt schließlich zögernd. »Ich denke schon.«
    Erleichtert greift er zu seinem Handy. »Johnson ...?«

    Kein einziges Mal lässt er ihre Hand los.
    Weder während sie auf den Chauffeur warten noch, als er Gail anruft. Auch nicht, als der Wagen kurz darauf vorfährt und schon gar nicht beim Einsteigen. Diesmal verzieht Josephine sich nicht in ihre Ecke, stattdessen sitzt sie neben ihm und sieht ihn unverwandt an.
    Als sie aussteigen, greift er den kleinen Picknickkorb, den Johnson besorgt hat, und nickt ihm zu. »Ich rufe Sie an.«
    Der Mann antwortet mit der gleichen unbewegten Miene wie immer. »Sehr wohl, Sir.«
    Also was seinen Fahrer angeht, ist daran, dass dessen Boss die Absicht hat, an einem Dienstagmittag mit seiner Assistentin, die er seit genau sechsundzwanzig Stunden kennt, am Strand von Tampa ein Picknick abzuhalten, nichts Ungewöhnliches zu erkennen.
    Das interpretiert Andrew als gutes Omen.
    Als die beiden den weichen Sand betreten, zögert sie zum ersten Mal.
    »Was hast du?«
    Josie wirkt leicht verlegen. »Ich dachte nur, es wäre vielleicht besser, die Schuhe auszuziehen.«
    »Das ist keine schlechte Idee.« Resolut stellt er den Korb ab und geht vor ihr in die Knie. »Fuß!« Gehorsam winkelt sie das linke Knie an, schwankt selbstverständlich

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