Feueraugen II. Drei Städte
und über einige Stufen hinauf auf eine Plattform, auf der drei schlichte Thronsessel stehen.
Links dieses Teppichs sitzen mehrere ältere Männer auf Stühlen mit hohen Lehnen und mustern die Fremden, die der Minister rechts des Teppichs hat Aufstellung nehmen lassen.
Da der König noch nicht anwesend ist, finden die Baldwinschen ein wenig Zeit, sich umzusehen.
"Wunderbar!" sagt X der die großartigen Gemälde und Gobelins an den Wänden bewundert. "Raffael, Michelangelo oder Rubens würden hier nicht besonders auffallen!"
"Ssssscht!" macht Zeramov, der die missmutigen Gesichter der Herren auf den Stühlen bemerkt hat. "Reden Sie nicht so laut, X! Ihre Bewunderung scheint denen nichts zu geben!"
"Trotzdem ... Meisterwerke! Der Saal gefällt mir!"
"Ja, wirklich beeindruckend! Sehen Sie sich diese Deckenmalerei an, X! Ich ..."
"Schweigt!" herrscht sie jetzt der purpurne Minister an. "Ihr befindet euch im großen Saal des Königs und habt seine höchsten Würdenträger vor euch!"
"Und Cassius kann das alles nicht filmen!" bedauert Baldwin, der all seine Verzweiflung in einen tiefen Seufzer legt.
Cassius hat sich eben zwei frische Streifen Kaugummi in den Mund gesteckt. Ungeniert sieht er sich um, hat dabei die Hände in den Manteltaschen und grinst. Seine Körpergröße, seine Hautfarbe und sein unaufhörliches Gekatsche ziehen die Aufmerksamkeit der Würdenträger auf sich.
"Cassius sollte sich etwas kleiner machen und nicht so auffällig Kaugummi kauen!" schlägt Marlène flüsternd vor. Dalia gibt es weiter und schließlich hört man ein deutliches 'OK!'. Danach steht Cassius knieweich da und hält an sich mit dem Kaugummi ja keine Blase zu machen.
Ein paar Minuten lang plagt sie die Ungewissheit, dann erscheint endlich der König. Einer der Würdenträger erhebt sich und verbeugt sich als Erster. Alle anderen tun es ihm gleich und da lassen sich die Baldwinschen nicht lange auffordern.
König Maximum ist eine imposante Gestalt. Sein mächtiger, leicht ergrauter Bart lässt auf ein stattliches Alter schließen, und auch die mit ihm erschienene Königin ist nicht mehr jung. Beide tragen reich bestickte Umhänge über schlichten, einfarbigen Unterkleidern, die Zeramov an Overalls erinnern.
"Merveilleux!" Marlène kann einfach nicht an sich halten. Ihre Resignation ist umgeschlagen in Nervosität ... Überspanntheit! "Das hat Stil – Klasse!"
"Beherrschen sie sich, meine Teuerste!" weist sie Baldwin zurecht.
Der König hat eben den Umhang abgelegt. Während seine Frau auf einem der drei Thronsessel Platz nimmt, richtet er bereits seine erste Frage an die Würdenträger.
"Das sind also die Fremden, die man beim Einzug unserer Tapferen gefangen genommen hat. Und? - Was wollen sie in unserer Stadt?"
Der purpurne Minister ist aufgestanden. Er betritt den blauen Mittel-Teppich und nähert sich auffällig langsam dem Thronaufbau.
"Mein König! - Wir haben bisher noch keine Gelegenheit gehabt, die Fremden einem Verhör zu unterziehen!" erklärt er. Seine Stimme klingt jetzt nicht mehr so fest und sicher wie zuvor, als er Baldwin angeherrscht hat. "Die Rückkehr des Prinzen ... die Vorbereitung zu den Festlichkeiten ... wir ...!"
"Schon gut, schon gut!" der König beendet das Gestammel mit einer lässigen, beinahe abfälligen Geste und schmunzelt dazu. Er scheint das Malfunktionieren seines Staatsapparates schon gewöhnt zu sein.
"Wenn mein König es wünscht, dann ... natürlich, wenn ...!"
"Lass nur, lass nur!" unterbricht er den vor Aufregung hin und her tretenden, sich verhaspelnden Minister. "Ich möchte selbst mit ihrem Anführer sprechen."
Der Minister verbeugt sich, geht rückwärts ein Stück zurück und dreht sich dann erst um. Er winkt Baldwin heran. Der folgt dem Beispiel des Ministers und betritt vorsichtig den blauen Teppich. Sehr bedächtig nähert er sich dem Thron und bleibt schließlich mit einer tiefen Verbeugung stehen.
"Woher kommt ihr?" forscht der König. Er hat inzwischen neben der Königin Platz genommen. Jetzt sitzt er in würdevoller Haltung auf seinem schmucklosen Thron und sieht auf Baldwin herab.
"Wir kommen aus einem fernen Land. König Maximum! Sicherlich habt ihr noch nie auch nur den Namen meiner Heimat vernommen!" gibt Baldwin zur Antwort.
"So? – Und wie heißt das Land, in dem ihr lebt?"
"Es heißt: Europa!" Baldwin versucht, seine Antworten möglichst unverfänglich zu halten. Er kann ja schlecht die Nationalitäten der gesamten Mannschaft erklären.
"Aha ...
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