Feueraugen II. Drei Städte
Bösen schützen und ihren Geist läutern. Nur ... werden sie freiwillig in unserem Kloster am Berg bleiben? Werden sie überhaupt zustimmen, wenn wir sie dorthin bringen wollen?"
"Bruder Perdonit wird sich darum kümmern. Er ist etwas grob und unwirsch, doch weiß er sehr gut mit verlorenen Seelen umzugehen – oft besser als ich."
"Pater Consolit! Lassen wir die Fremden also im Glauben, dass wir ihnen helfen werden, ihre Freiheit zurück zu erlangen. Versprechen wir ihnen, dass wir den König von ihrer Unschuld überzeugen können. Sind sie erst einmal im Kloster, werden sie dort bleiben."
"Wir könnten sie zu einem Mahl einladen und ihnen im Wein ein Schlafmittel verabreichen. Morgen soll Bruder Perdonit herunterkommen und sie alle mitnehmen. Hoffen wir nur, dass es noch nicht zu spät für sie ist. Das Mädchen ist noch so jung und sie scheint das Wort des Allmächtigen zu ehren. Der Mann hat aufrichtige Miene. Es wäre schade um sie ... und ihre Freunde. Man muss ihnen helfen!"
"Ja, das ist richtig. Aber jetzt zurück, sonst werden sie argwöhnisch. Wir wollen ihnen unseren Entschluss mitteilen!"
Die beiden Priester verschwinden wieder hinter der Türe. Rodolphe tritt aus seinem Versteck hervor, greift schon nach der schweren, gusseisernen Türklinke ... doch er kämpft mit sich.
'Soll ich's wagen? Einfach reingeh'n und die beiden rausholen, bevor's zu spät ist?' Oder ... ist das vielleicht sogar die Möglichkeit ungehindert bis zum Chef und den anderen durchzukommen? Könnte 'ne derart dämliche Unternehmung wirklich was bringen?'
Er bleibt weiter unschlüssig stehen und erwägt die Vor- und Nachteile seiner wenigen Möglichkeiten.
'Der größte Haken an der Sache sind die Pfaffen selbst! Die mögen ja ein gutes Herz haben, doch im Ernstfall entscheidet wohl der König. Und wenn der meint, dass die Fremden alle aufgehängt werden sollen, dann wird's gemacht. Egal was die Klosterbrüder für ein schönes Sanatorium betreiben. Also muss ich zuseh'n, wie ich den Chef auf meine Art aus dem Schlamassel raushol'. Wenn ich da reingeh' und zum Schluss überraschend Soldaten kommen, sieht's bös' aus. Also ... Vorsicht!'
Damit verschwindet Rodolphe wieder hinter dem Vorhang, der ihm für den Augenblick die angenehmste Bewegungsfreiheit erlaubt, denn dahinter befinden sich hohe Fensterstöcke und viel Platz – sogar zum Hinsetzen.
Es dauert eine Weile, dann öffnet sich die Türe wieder und die beiden Priester führen Michel und Emma zurück in die Kirche.
"Heh, Rodolphe! Kommen Sie doch raus. Man will uns helfen!" ruft Michel.
'Schön dumm von dir, den Pfaffen blind zu glauben.' sagt sich Rodolphe.
"Wo ist er denn, ihr großer Philosoph?"
"Warum versteckt er sich?" erkundigen sich die beiden Priester nacheinander.
Noch mal rufen Michel und Emma seinen Namen, doch Rodolphe bleibt hinter dem Vorhang versteckt.
"Er ist furchtbar misstrauisch. Manchmal hat man das Gefühl, dass er sich selbst nicht traut!" erklärt Michel zur Entschuldigung dafür, dass der Kulissenfachmann sich nicht zeigt.
'Gar nicht übel, dieser Gedanke. Wo käm' ich denn da hin, wenn ich irgendwem traue? Mir selbst schon, Michel ... mir muss ich vertrauen können. Und wie man sieht ... ich bin immer noch frei und hab' die Möglichkeit aus eigener Kraft was zu bewegen.'
"Er muss hier sein und uns hören."
"Ja, die Kirche ist abgesperrt. Er kann nicht hinaus geflohen sein!" erklärt Pater Consolit seinem Glaubensbruder und den beiden Fremden.
"Sie meinen, dass die Kirchenportale geschlossen wurden, nachdem wir hier reingekommen sind?" erkundigt sich Michel.
"Ja. Nach der letzten Andacht verriegeln wir die Seiteneingänge. Die große Hauptpforte ist nur an hohen Feiertagen geöffnet. Er kann die Kirche nicht verlassen haben."
"Sie kennen Rodolphe nicht. Wo er durch will, da kommt er auch durch! Trotzdem glaube ich nicht, dass er einfach davon ist."
'Bravo, Michel ... endlich haste begriffen, worum es geht!' denkt sich der Gesuchte währenddessen und überlegt, wann und ob er sich zeigen soll.
"Rodolphe ... wo bleiben Sie denn? Sie sind doch hier! Stellen Sie sich nicht so an. Gegen die Pater werden Sie sich wohl trauen! Die tun Ihnen nichts ... und Soldaten sind keine in der Nähe. Kommen Sie raus aus ihrem Versteck!" ruft Michel und seine Stimme hallt wunderbar im riesigen Kirchenschiff.
Plötzlich steht Rodolphe vor dem Samtvorhang.
"Na endlich! - Das wurde auch Zeit, Rodolphe! Ich habe schon geglaubt, dass Sie sich wirklich
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