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Feueraugen II. Drei Städte

Feueraugen II. Drei Städte

Titel: Feueraugen II. Drei Städte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Zeram
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Park.
    Das Unwetter entlädt sich noch immer über der Stadt. Es blitzt und donnert – zusammen mit dem prasselnden Regen schluckt der Sturm jedes Geräusch. Der König und sein Gefolge benützen einen Rundgang, der kirchlichen Kreuzgängen nachempfunden scheint. So bleibt auch Rodolphe im Trockenen. In seinem Lederanzug wäre er zwar vor Nässe geschützt, aber zumindest sieht er besser, wenn keine Regenströme über seinen Helm laufen. Er schleicht von Säule zu Säule und verliert den Anschluss an den Zug nicht. Man könnte seinen Atem noch nicht einmal hören, obwohl er von Zeit zu Zeit stehen bleibt und schwer nach Luft schnappt.
    Bei diesem grauenvollen Sturm wirkt der Schlosspark gespenstisch. Figuren werden von Blitzen aus der Dunkelheit hervorgeholt und Brunnen für kurze Augenblicke grell beleuchtet. Bizarre Bäume und Strauchgebilde tauchen für Sekunden auf und verschwinden sofort wieder in der Ungewissheit.
    An einem mächtigen Gittertor stockt Rodolphe der Herzschlag. Der Zug hat angehalten und Pater Samarit verabschiedet sich von Emma und Michel.
    Rodolphe versteckt sich sofort hinter einer der Säulen des Rundganges, und wie der Pater sich auf den Rückweg macht, bemerkt der nicht, dass ihnen jemand gefolgt ist. Ahnungslos passiert er die besagte Säule und verschwindet kurz darauf.
    Rodolphe ist wütend!
    'Dieses verdammte Tor. Wenn man das jetzt abschließt, kann ich zusehen, wie ich einen Weg finde. Und wie soll ich dann zu den anderen kommen, wenn ich die beiden Idioten da vorne nicht verfolgen kann?'
    Schon ist die Königsfamilie nicht mehr zu sehen und Rodolphe erreicht das Tor, ohne irgendwo etwas zu hören. Aber zu seinem Erstaunen hat das Tor gar kein Schloss. Mühelos kann er die nur angelehnte Gittertüre öffnen und dann steht endlich der Weg in die Höhle des Löwen für ihn frei. Vor ihm ist der Palast zu sehen - nur noch ein kurzes Stück in einem weiteren Rundgang trennt ihn von einem bewachten Portal. Durch dieses sieht er gerade noch die beiden Soldaten mit den Gefangenen verschwinden.
    'Aha, da muss ich also auch rein!' denkt sich der Verfolger. 'Aber, ich darf mich nicht zu lange mit den beiden Wachen da aufhalten, denn sonst weiß ich bald nicht mehr, wohin ich da drinnen muss. Los ... weiter! Das Schwert hab' ich bei den Pelzmänteln gelassen. Dann wird mir jetzt dieser Dolch genügen müssen!' Rodolphe läuft los.
    Kurz darauf steht er hinter einem der beiden hohen Bäume, die den Treppenaufgang des Gebäudes flankieren. Den Dolch hat er fest in der Hand. Als er aber hinter dem Baum hervorspringen will, um die Wache zu überwältigen, fällt ihm gerade noch rechtzeitig ein, dass er sich mit einer solchen Unüberlegtheit in größte Schwierigkeiten bringen würde.
    'Ich kann die Wache zwar irgendwo hinter einem Busch verstecken, aber dann dauert's nicht lange und man hat entdeckt, dass der Kerl nicht mehr auf seinem Posten ist. Wenn einer Alarm schlägt, dann kann ich einpacken. Nein, ich darf die Wache auf keinen Fall einfach kaltmachen. Ich muss sie irgendwie vom Eingang weglocken, damit ich ungesehen rein kann!'
    Rodolphe überlegt angestrengt. In einem frühen Baldwin-Film ist einmal für einen Einbruch ein ganz einfacher Trick angewendet worden. Ein Stein gegen die Hausmauer - die Wache sieht sich um - der Einbrecher nützt die Gelegenheit und dringt in das Gebäude ein. Hier aber glaubt Rodolphe mit einem simplen Steinwurf nicht durchzukommen.
    Da kracht wieder ein schwerer Donnerschlag und der Sturmwind verschärft sich. Plötzlich fällt von hoch oben herab ein schwerer Ast. Im selben Augenblick weiß Rodolphe, was er zu tun hat.
    Er wartet noch eine Weile. Als er sieht, dass die eine Wache irgendetwas am Schuhwerk richtet, greift Rodolphe nach dem Ast und wirft ihn mit aller Kraft von sich. Klirrend zerspringt eine Fensterscheibe. 'Na, wenn das kein Wurf war!' lobt er sich selbst und verfolgt dann, wie seine List funktioniert.
    Die Wache ist bei dem Klirren aufgeschreckt. Jetzt rennt der Soldat die Treppe herab, sieht sich um und entdeckt zwei Fenster neben dem Treppenaufgang den Ast, der offenbar von dem Baum herabgestürzt ist und die Scheibe eingeschlagen hat.
    "So was Dummes! Na, ich hab' doch immer gesagt, dass diese beiden Riesenbäume gefällt werden müssen!" fluchend macht er sich daran, den Ast aus den Scherben zu ziehen. Da der Ast aber sehr verkeilt im Fensterrahmen hängt, ruft der Soldat die zweite Wache und bittet um Hilfe. Diese Unaufmerksamkeit nützt

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