Feueraugen II. Drei Städte
...!
Ihre Lage scheint aussichtslos, aber solange Rodolphe noch frei herumläuft, kann man zumindest noch hoffen, dass etwas geschehen wird!
Nur - was kann ein einzelner Mann ausrichten?
Was - selbst wenn er Rodolphe Hiller heißt?
-8- Heldenmut
König Maximum hat sich mit dem Hohepriester zu einem der Seitenaltäre zurückgezogen, um sich dort in Ruhe mit ihm zu besprechen.
"Und was ist mit dem anderen, Pater Consolit? Er hat das Fenster der 'Heiligen Drei' zertrümmert und ist geflohen?"
"Ja, mein König! Er wollte nicht hier bleiben und sich eurer Gnade anvertrauen. Er sagte, dass er sich vor der Stadt aufhalten werde."
"Wozu das?" der König ist skeptisch. Er hat sich Michel und Emma vorführen lassen und während der kurzen Mitternachtsandacht ist er sehr unruhig gewesen.
"Er wollte sich beim Kloster am Berg umsehen ... ich weiß nicht, warum!"
"Auch wenn sich dieser Mann außerhalb der Stadt verbirgt, ist die Gefahr für uns noch nicht vollends gebannt. Ich werde die Wachen an der Stadtmauer verstärken lassen und morgen einen Trupp hinausschicken. Vielleicht können sie ihn fangen. Jetzt ist er ja wieder alleine und weniger gefährlich!"
"Ja, mein König!"
Aber Rodolphe hat sich nicht außerhalb der Stadt versteckt. Nein, er ist noch immer in der Kathedrale und hat sie auch nie verlassen. Der Trick mit der Zertrümmerung des kostbaren Fensters ist ihm im letzten Augenblick eingefallen, nachdem er die verschlossene Ausgangstüre nicht ohne Weiteres hat aufbrechen können. Danach hat er sich auf der Empore und nahe bei der Orgel verborgen gehalten und gewartet, bis sich in der Kirche nichts mehr rührte.
Jetzt steht er wiederum in einer dunklen Ecke hinter eben diesem Seitenaltar, der ihn schon einmal versteckt hat. Der König spricht leise, aber Rodolphe ist nur wenige Schritte von ihm entfernt. Das Gespräch des Königs mit dem Hohepriester überzeugt Rodolphe endlich vollends von seiner Meinung. Hier gibt es keine Hoffnung auf das Verständnis des Herrschers und die Richter würden den Baldwinschen ebenfalls nicht glauben.
'Gut, dass ich hiergeblieben bin!' denkt sich Rodolphe und beobachtet aufmerksam die beiden Männer, die noch immer vor ihm stehen und sich unterhalten. 'Ich muss handeln. Wenn der Chef darauf setzt, dass man ihn ziehen lässt, dann ist er ein Idiot. Aber von sich aus hat er keine Chance, sich zu befreien. Wenn ich aber herausfinde, wo man ihn und seine Leute gefangen hält, dann lässt sich vielleicht irgendwas deichseln und solch eine Verwirrung stiften, dass wir zum Schluss fliehen können. Also muss ich zusehen, dass ich Michel und diese Göre nicht aus den Augen verliere. Ich muss einfach wissen, wo der Kerker liegt. Und dann ... Teufel noch mal, 's wird schon schiefgehen!'
Rodolphes Entschluss steht fest. Er belauscht den König und den Hohepriester noch einige Minuten lang, dann lässt er sie einen Gang vorangehen. Dort sieht er auch Emma und Michel, die von zwei Soldaten bewacht werden. Pater Samarit ist bei ihnen und gibt ihnen wahrscheinlich das Gefühl nicht gefangen zu sein. Rodolphe kann darüber nur lachen. Die abschließenden Worte des Königs sind deutlich genug gewesen.
"Wenn uns diese Fremden fantastische Geschichten erzählen, haben sie einen Grund dafür. Wir dürfen uns nicht blenden lassen, Pater! Sicherlich könnte ihr Geist verwirrt sein ... vielleicht sind sie vom Bösen befallen ... ich kann das nicht beurteilen. Aber ich misstraue ihnen allen. Wir müssen auch den Mann im schwarzen Anzug finden. Vorher kann ich nicht ruhig sein."
Ein kurzer Zug setzt sich in Bewegung. Zwei Soldaten gehen vorneweg, dann folgt der König mit seiner Frau und dem Prinzenpaar. Michel und Emma -von zwei Soldaten und Pater Samarit zusätzlich bewacht- werden zum Schluss davongeführt. Rodolphe huscht von Mauervorsprung zu Mauervorsprung und nützt jede dunkle Ecke, um möglichst ungesehen voranzukommen. Ist er schon auf der Straße nicht zu hören gewesen, jetzt übertrifft er sich. Kaum einen Laut verursacht er und dabei muss er doch sehr schnell sein, denn er darf Emma und Michel nicht verlieren. Irgendwo könnte ein Tor kommen, welches von einem Soldaten verschlossen werden würde und Rodolphe weiß, dass er auch ein so schwieriges Hindernis überwinden müsste, um Emma und Michel auf den Fersen zu bleiben.
Zum Glück gibt es nirgends ein Tor, welches verriegelt wird. Rodolphe huscht hinter dem Zug her und gelangt so von der Kathedrale in einen kleinen
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