Feueraugen II. Drei Städte
Palast rauskommen!"
"Natürlich ... wir sind schon dabei!" Zeramov hat sich seinen Pelzmantel übergeworfen und steht bereit. Die Uniform der Soldaten trägt er unter dem Mantel ... 'für alle Fälle', wie er meint.
"Los, Kinder ... er hat recht. Wir müssen fort von hier, sonst haben wir's bald mit mehr Soldaten zu tun, als wir schaffen können."
Baldwin winkt dem Mädchen zu und eilt auch schon davon.
"Mach's gut!" Marlene sieht noch einmal zurück und schließt sich dann den Übrigen an.
'Sie sind aus dem Kerker geflohen und suchen den Ort der Verderbnis!' denkt sich das Mädchen, während die Baldwinschen davonschleichen. 'Warum sie sich nicht lieber haben aufhängen lassen? Oder stimmt es nicht, was der Hohepriester einmal gesagt hat? Dass von Rachass alles Böse dieser Welt herrührt? Sollte sich ein weiser Mann wie er doch getäuscht haben? - Ich verstehe das nicht!'
* * *
Im Palast sind bereits alle Lampen gelöscht worden. Die Baldwinschen müssen sich durch fast völlig dunkle Gänge tasten. Rodolphe kann sich zwar schwach an den Weg erinnern, auf dem er hierher gekommen ist, aber in der Dunkelheit sieht alles anders aus und immer wieder zweifelt er.
Noch ist es still im Palast!
Offenbar hat niemand den Kampf im Kerker bemerkt - auch scheint das verschont gebliebene Mädchen sein Versprechen zu halten und zu schweigen. Das ungute Gefühl, dass trotzdem in den nächsten Minuten etwas geschehen wird, verstärkt sich dabei mit jedem Schritt, den sie weiterkommen.
Rodolphe führt sie an - der Signore und Ricci bilden das Schlusslicht. Da gibt es einen dumpfen Schlag und im nächsten Moment hören sie alle Rodolphes unterdrücktes, ärgerliches Geschimpfe.
"Was ist los?" fragt Baldwin.
"Verdammt ... ich bin gegen einen Mauervorsprung gerannt. Man sieht ja nichts!" bringt Rodolphe gepresst hervor. "Das wird 'ne Beule!"
X unterläuft gleich anschließend der nächste Ausrutscher, der auf ihre nervliche Anspannung und die schlechten Sichtverhältnisse zurückzuführen ist. Neben einem Fenster entdeckt er erst einen Schatten, dann –im nächsten Augenblick- ist er überzeugt, eine der Palastwachen vor sich zu haben. Mit einem kräftigen Schwerthieb denkt er die Situation zu bereinigen ... wie es sich aber nach einiger Aufregung um den entstandenen Krach herausstellt: Er hat einer Statue den Kopf von den Schultern geschlagen!
"Ruhe, Kinder! Noch ist nichts verloren. Wir sind alle ziemlich angespannt ... aber, solange wir unbemerkt vorankommen, haben wir noch alle Chancen!" versucht Baldwin seine Leute zu beruhigen, obwohl er selbst vor Aufregung zittert.
"Natürlich haben wir noch Chancen!" die feste Stimme des Krämers erstaunt sie alle. Eine gehörige Portion Todesverachtung liegt allerdings auch darin.
"Natürlich ... aber wenn wir weiter machen wie bisher, dann verliere sogar ich noch etwas!" brummt der Uniformierte.
"Sie? Sie ... Sie sollten froh sein, dass Rodolphe Sie überhaupt befreit hat!" faucht Ricci den Mann an.
"Redet nicht soviel! Macht lieber, dass ihr weiterkommt!"
Etwas später erreichen sie eine kleine Halle, in der es ein bisschen heller ist. Zumindest können sie einen Tisch und Stühle darum herum unterscheiden. Draußen tobt noch immer das Unwetter, und ein unerwarteter Blitz beleuchtet grell die in Pelzmäntel gekleideten Baldwinschen.
"Weiter ... wir müssen den Ausgang finden!" drängt Rodolphe.
Dummerweise rennt er diesmal gegen einen Sessel und fällt dann auch noch darüber.
"Glück gehabt! Wenn hier irgendwo Wachen herumstehen würden, hätte man uns längst bemerkt!" stellt X fest. Doch er hätte sich zuvor umsehen sollen.
Plötzlich springt eine Gestalt aus dem Sessel und schreiend läuft sie davon.
"Halt ... bleiben Sie hier!" der Signore behält für dieses Mal die Ruhe, aber obwohl er dem Fliehenden sofort hinterher setzt, er kann ihn nicht mehr einholen. Eine Türe fliegt zu, im nächsten Augenblick ertönt ein schrilles Klingeln.
"So, jetzt haben wir den Salat!" Baldwin stampft wütend auf. "Das war wahrscheinlich ein Diener, der hier eingenickt ist!"
"Teufel noch mal ... wir müssen weg, bevor der ganze Palast auf den Beinen ist!" Rodolphe findet einen anderen Ausgang aus der Halle und alles stürmt ihm nach.
Jetzt achtet man nicht mehr allzu sehr darauf, ob man Lärm macht. Die Zeit drängt - sie können schließlich nicht gegen das ganze Heer des Königs kämpfen.
Rodolphe ist zwar nicht mehr die Ruhe
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