Feuerball
keine Anhaltspunkte. Largo ist ein kräftiger Kerl, sieht aus wie ein Seeräuber und ist wahrscheinlich ein Gauner, soweit es Frauen betrifft. Aber was haben wir sonst gegen ihn? Hast du die ganze Gesellschaft schon überprüfen lassen?«
»Jawohl. Ich habe alles Nötige vom Regierungsgebäude aus durchgegeben, per Funk, dringend. Bis heute abend müßten wir Antwort haben. Aber überleg dir doch, Felix« - Bond blieb hartnäckig -, »da ist ein verdammt rasches Schiff mit einem Flugzeug und vierzig Mann an Bord, und keiner weiß etwas darüber. Sonst gibt es in der ganzen Gegend keine andere Gruppe oder auch nur einen Einzelgänger, der im mindesten verdächtig wäre. Ja, die Schatzgeschichte scheint zu stimmen. Aber nimm einmal an, das Ganze ist falsch, ist nur verdammt gut ausgedacht. Das müßte es wohl auch sein, wenn so viel auf dem Spiel steht. Betrachte es von dieser Seite! Die sogenannten Teilhaber treffen alle genau am 3. Juni ein. In der nämlichen Nacht läuft die Disco aus und bleibt bis zum Morgen fort. Angenommen, sie hatten mit dem Bomber einen Treffpunkt irgendwo im seichten Wasser vereinbart. Und angenommen, sie haben die Bomben herausgeholt und versteckt - im Sand unterm Schiff, wenn du willst. Jedenfalls dort, wo sie sicher und zur Hand sind. Alles das angenommen: was hältst du dann davon?«
»Nicht sehr viel, James. Aber vielleicht läßt sich daraus etwas machen.« Er lachte ironisch. »Freilich, lieber möcht’ ich mich erschießen, als das heute abend im Rapport durchzugeben. Wenn wir uns schon lächerlich machen wollen, dann lieber ohne Wissen unserer verehrten Chefs. Was tun wir also weiter?«
»Du siehst zu, daß unsere Funkanlage läuft, und ich tu’ mich beim Öltankplatz um. Dann rufen wir das Dominomädchen an, sehen zu, daß sie uns zu einem Drink einlädt, und schauen uns Largos Landstützpunkt rasch mal an. Dann gehen wir ins Kasino zu dem ganzen Largo-Verein. Und dann«, Bond sah stur vor sich hin, »lasse ich mir vom Polizeidirektor einen guten Mann geben, schnalle mir eine Aqualunge um und schnüffle mit deinem anderen Geigerzähler unter der Disco herum.«
Im Hotel wartete schon ein Meldefahrer vom Regierungsgebäude. Er salutierte stramm und überreichte Bond einen Umschlag mit dem Aufdruck Im Dienste Ihrer Majestät, Bond unterschrieb. Es war ein Telegramm vom Kolonialamt, an den Gouverneur persönlich gerichtet. Vor dem Text stand PROBOND. Er lautete: IHR 1107 ARCHIV HAT NICHTS WIEDERHOLE NICHTS ÜBER DIESE NAMEN STOP ALLE STATIONEN BERICHTEN NEGATIV ÜBER FEUERBALL - STOP
- FRAGE WAS HABEN SIE. Die Nachricht war mit PRISM unterzeichnet, was bedeutete, daß M sie genehmigt hatte.
Nachdem auch Leiter sie gelesen hatte, sagte er: »Wir sind auf der falschen Fährte und können Daumen drehn. Also, auf später in der Pineapple-Bar auf einen Dry Martini mit einer Riesenolive!«
14
Wie sich herausstellte, fiel die erste Hälfte von Bonds Abendprogramm ins Wasser. Domino Vitali sagte am Telefon, sie könnten das Haus nicht besichtigen, da für diesen Abend ihr Beschützer und einige seiner Freunde angesagt seien, doch könne man sich im Kasino treffen. Sie werde an Bord zu Abend essen, später würde die Disco vor dem Kasino ankern. Sie habe aber ein schlechtes Personengedächtnis, und so bitte sie Bond, eine Blume oder sonst ein Erkennungszeichen im Knopfloch zu tragen.
Bond hatte gelacht. Es würde schon klappen, er werde sie an ihren blauen Augen erkennen, die seien unvergeßlich. Mitten in ihrem amüsierten, sinnlichen Lachen hatte er aufgelegt. Er wünschte plötzlich dringend, sie wiederzusehen.
Die Fahrt des Schiffes begünstigte seinen Plan. Es im Hafen auszukundschaften war leichter. Man mußte nicht so weit schwimmen und konnte beim Polizeianlegeplatz ins Wasser gehen. Auch der frühere Ankerplatz war dann leichter zu untersuchen. Wenn aber Largo so unbekümmert herumfuhr, gab es dort vielleicht gar keine Bomben! Bond beschloß, das erst zu entscheiden, wenn er mehr und genauere Informationen über den Schiffsrumpf besaß.
Er ging in sein Zimmer und setzte seinen negativen Rapport an M auf. Sollte er etwas von dem Schatten jener Spur erwähnen, die er verfolgte? Nein, noch nicht. Nachrichten, deren Grundlage ein bloßer Wunsch ist, sind auf dem Gebiet der Geheiminformation der gefährlichste Artikel. Bond konnte sich die Wirkung in Whitehall vorstellen, wo man in der »Feuerball«-Befehlsstelle ängstlich auf den kleinsten Hinweis wartete. Nein, die Folgen
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