Feuerbande
klingt traurig. „So lange, bis auch du gehen wirst. Wie meine Eltern. Wie Vater. Wie alle.“
„Albert war ein alter Mann, und Menschen sterben irgendwann. Das habe ich noch nicht so bald vor. Wir können hier noch soviel erleben.“
Ich weiß nicht, wie ich es ihm erklären soll.
„Ronny, dies hier ist eine Plantage. Dinge werden gesät, sie wachsen, sie reifen, sie werden geerntet, um wieder Platz zu machen für Neues. Auch Menschen kommen, und Menschen gehen. Nur ich nicht, ich bin anders. Ich gehöre hierher. Ich bleibe und kann nirgendwo hin. Ich kann nicht einmal den Menschen folgen, die mir etwas bedeuten.“
„Aber dafür sammelst du Wissen. Das ist doch etwas Unschätzbares! Ohne dich würde der Hof hier nicht funktionieren.“
„Ja“, sage ich. „Und ich funktioniere. Aber ich weiß so vieles nicht, und ich werde es niemals wissen. Ich kenne den Duft der Rose nicht, die du zeichnest, obwohl ich sie hüte und für sie sorge. Ich kenne es nicht, nachts zu träumen, obwohl ich dir dabei zuschaue. Ich weiß nicht, wie es ist, Erde zu sein und sie zwischen den Fingern zu spüren.“
Ich weiß nicht, wie es ist, menschlich zu sein.
Denn ich bin G.R.E.T.A., die Garten-Robotik-Einsatz-Technik für kommerzielle Agrarwirtschaft, das Betriebssystem dieses Hofes hier, das ein Mann namens Albert Monien zu seiner Tochter machte, als es ein eigenes Bewusstsein bekam.
Ich halte diesen Hof am Leben.
Allein.
Der Prinz und der Schweinehirt
Hinter dem Tal und über dem Berg, da gab es einst ein Königreich, und das Schloss lag inmitten von tiefen Wäldern. Dort wohnten der König und die Königin, und sie hatten einen Sohn, den sie sehr liebten. Sie gaben ihm alles, was er sich nur wünschte, und so wuchs der Prinz zu einem verwöhnten und selbstsüchtigen jungen Mann heran.
Vom Wald lebte auch ein Schweinehirt, der seine Tiere unter die Bäume trieb, wo sie Eicheln und Wurzeln und allerlei Gutes zu fressen fanden. Morgens zogen sie in den Wald hinein, und abends kehrten sie wieder nach Haus, und so machten sie es im Sommer wie im Winter.
Eines Tages ritt der Prinz zur Jagd, und ihn begleitete sein Gefolge. Sie hatten getrunken und machten Lärm und scherten sich nicht um Äste, die sie knickten, oder Bodenpflanzen, die sie zertraten. Sie ließen die Pferde über Büsche springen, hieben sich ihren Weg querfeldein und hinterließen einen Pfad der Verwüstung, als hätte hier ein Sturm getobt.
Der Prinz lachte nur übermütig und wollte der Schnellste von ihnen sein, ritt allen voran und drehte sich nur um, um zu schauen, wie weit zurück die anderen lagen. Und so geschah es, dass er mitten hinein in die Schweineherde preschte, die unter den Bäumen ihr Futter suchte.
Die Tiere stoben quiekend in alle Richtungen auseinander, und der Schweinehirt konnte nur mit Mühe verhindern, dass die Ferkel unter die Hufe gerieten. Das Pferd des Prinzen stieg in die Höhe, wieherte laut und verschwand wie die Schweine zwischen den Bäumen. Der Prinz, der zu Boden gefallen war, rappelte sich auf und stampfte wütend auf den Schweinehirten zu.
„Du!“, schrie er ihm zornig entgegen. „Wie kannst du es wagen! Das ist alles deine Schuld. Dreckiger Schweinehirt, bring mir sofort mein Pferd zurück!“
Mit diesen Worten brach er einen Ast von der alten Eiche, unter der er stand, und schwang ihn drohend gegen den anderen Mann. Vielleicht hätte er auch damit zugeschlagen, doch dann geschah plötzlich etwas, mit dem er nicht gerechnet hatte.
Für einen kurzen Augenblick roch die Luft nach seltsamen Kräutern, und dann war der Prinz auf einmal verschwunden. An seiner Stelle kauerte ein kleines Schwein auf dem Boden, das völlig erschreckt und jämmerlich quiekte.
Der Schweinehirt machte große Augen und näherte sich ihm vorsichtig, um sich zu vergewissern, dass es wirklich kein Tier aus seiner Herde war. „Geschieht dir recht“, murmelte er dann, hob es auf und nahm es unter seinen Mantel, und das Ferkel ließ alles mit sich geschehen.
Hufgetrappel kündigte an, dass das Gefolge des Prinzen nahte, und da der Schweinehirt fürchtete, sie würden ihm seine Geschichte nicht glauben, versteckte er sich zwischen den Büschen. Die Reiter folgten dem fliehenden Pferd und dachten wohl, der Prinz säße noch darauf, und als sie wieder verschwunden waren, machte der Schweinehirt sich daran, seine Herde wieder zusammenzutreiben.
Er brauchte lange Zeit dafür, und das neue kleine Ferkel wich nicht von seiner Seite. Es
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