Feuerbluete 01 - Feuerbluete
ganze Gasthaus mithören konnte. »Der Mann, der sich Heiler vom Berge nennt, heißt in Wirklichkeit Cano und war einmal als der Prophet des Phönix bekannt.«
»Ach, wirklich!«, sagte Kilians Mutter. »Das ist ja erstaunlich. Er ist ein erstaunlicher Mensch.«
»Das habe ich mir fast gedacht, dass ein Mann von seinem Format sich nicht ewig in diese Eiswüste einsperren lässt«, dröhnte Zarkos Meister.
»Habt ihr seine Kundgebung in Yalantha gehört? Das war einfach sensationell!«, mischte sich ein anderer ein.
»Er ist ein Mörder«, sagte Rena hart. »Habt ihr seinen Angriff auf die Burg vergessen?«
»Mir war auch manchmal danach zumute, diesem Weib in der Felsenburg einen Dämpfer zu verpassen«, sagte jemand. Alena schaute sich nach ihm um. Es war Karisto, einer der Dorfältesten.
»Seine Anhänger haben damals den Rat der vier Gilden fast ausgelöscht! Hunderte von Menschen sind gestorben!« Rena war aufgestanden. Zum ersten Mal sah Alena sie wütend. Auf einmal wirkte sie nicht mehr klein und sanft schon gar nicht. Ihre Kraft umgab sie wie ein unsichtbarer Mantel. Wider Willen war Alena beeindruckt.
»Wart Ihr damals etwa dabei?«, forderte Rena den alten Karisto heraus. »Seid Ihr dem Propheten gefolgt?«
»Natürlich nicht«, murmelte der Dorfälteste, aber er senkte den Blick.
»Was macht es, dass er einmal der Prophet des Phönix war?«, sagte Kilians Vater. »Jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient. Und wenn er damals Erfolg gehabt hätte, wenn er die Feuer-Gilde zu neuem Ruhm geführt hätte, dann wäre all das sowieso vergessen. Nur weil er besiegt wurde, ist überhaupt die Rede davon.«
Eigentlich hat er ja Recht, fand Alena. Und dass Cano ihren Vater mit einem Fluch belegt oder sonst wie krank gemacht hatte, ließ sich nicht beweisen.
»Lasst uns gehen«, sagte Tjeri und schob seinen Stuhl so heftig zurück, dass das schmiedeeiserne Möbelstück hintenüberkippte und zu Boden polterte.
»He«, sagte Zarkos Meister und packte Tjeri grob am Arm. »Pass doch auf, Fischkopf! Was soll das eigentlich - ihr kommt in unser Dorf, du und die Blattfresserin, und ...«
»Moment mal«, protestierte Tjeri.
Alena reagierte instinktiv. Mit zwei Schritten war sie neben ihm. »Lass ihn los!«, schleuderte sie Zarkos Meister entgegen, die Hand am Schwert. »Und wenn du Rena noch einmal Blattfresserin nennst...«
Sie fühlte Cchraskar neben sich. »Willst du Ärger, willsst du das?«, fauchte er. »Zwei Finger weniger? Kürzere Nase? Kannst du haben!«
Wahrscheinlich waren es vor allem seine gebleckten Fangzähne, die Zarkos Meister dazu brachten, Tjeri loszulassen. Nicht einmal der beste Schwertkämpfer konnte mit einem Iltismenschen mithalten - sie waren schneller und stärker als jeder Mensch.
Zwei Atemzüge später standen sie draußen, ließen den Lärm und den Aufruhr in der Schänke hinter sich.
»Danke, Alena, Cchraskar.« Tjeri atmete tief durch und grinste dann schon wieder. »Nette Menschen, wirklich.«
»Es sind ganz normale Menschen«, sagte Rena. »Und genau das macht mir Sorgen.«
Alena schwieg, hing ihren eigenen Gedanken nach. Wieso hatte sie das gemacht - die beiden verteidigt? Gegen ihre eigenen Leute? Das war dumm gewesen. Leichter würde es ihr Leben in Gilmor bestimmt nicht machen.
Aber woher kam dann dieses seltsame warme Gefühl in ihrem Inneren?
Das Smaragdschwert
Kaum waren sie wieder in ihrer Pyramide, traf ein Wühler ein. Er war vom Rat; die Nachricht war an Rena gerichtet. Ungeduldig wartete Alena, bis Rena die Nachricht gelesen hatte. »Auf die Hilfe des Rates brauchen wir nicht zu zählen«, sagte Rena niedergeschlagen und reichte das Blatt an Alena weiter. Schnell las sie die wenigen Worte.
Hoch geschätzte Rena ke Alaak,
wir wissen bereits, dass Cano zurückgekehrt ist. Doch er hat seiner Lehre bei einer Anhörung in der Felsenburg öffentlich abgeschworen. Es ist nicht zu erwarten, dass er noch einmal Schaden anrichten wird. Daher erachten wir es nicht als notwendig, den harten Richterspruch von damals weiterhin durchzusetzen.
Friede den Gilden!
Gez. Ujuna ke Vanamee,
stellvertretend für den Rat der vier Gilden
»Ich glaube, ich weiß, warum sie so reagieren«, sagte Rena. »Von den Ratsmitgliedern erinnert sich kaum noch einer an das, was damals passiert ist. Sie sind ja erst danach in die Felsenburg gekommen, als Ersatz für die Leute, die getötet wurden. Die, die dabei waren, genießen ihren Ruhestand und wollen keinen Ärger.«
Alena hätte
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